Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)
daß mir jemand aus meiner Familie eine Kugel durch den Kopf schießen will.«
»Warte!« rief sie, als ihr plötzlich etwas einfiel. »Ein großer Grauhaariger ist dir von Stadt zu Stadt gefolgt.« Sie nannte ihm
all die Orte, an denen sie den Grauhaarigen gesehen hatte. »Van hat die Videobänder, die das beweisen.«
»Ach ja, der Kameramann von KTEX«, sagte er und lächelte matt. »Das erklärt ihn also auch. Wer sonst ist in dein kleines Spiel eingeweiht?«
»Irish McCabe.« Sie erzählte Tate, was sie mit Irish verband, und daß er irrtümlich Carole als Avery identifiziert hatte. »Er hat ihren Schmuck, wenn du ihn zurück haben willst.«
»Was ist mit dem Medaillon?« Er deutete auf ihre Brust.
»Ein Geschenk von meinem Vater.«
»Sehr schlau«, bemerkte er mit widerwilligem Respekt, »du hast deine Spuren gut getarnt.«
»Hör zu, Tate. Wenn ich die Bänder von Van bekomme, wirst du sie dir dann ansehen und mir sagen, ob du den Mann erkennst?« Sie berichtete ihm, daß sie zu dem Schluß gekommen waren, daß ein Profi als Attentäter angeheuert worden war.
»Ihr drei stellt euch wohl vor, ihr könntet mit den Rutledges das große Geld machen, was?«
»So ist es nicht, Tate.«
Ein plötzliches Klopfen ließ sie beide zusammenschrecken. »Wer ist da?« fragte Tate.
Es war Eddy, der ihnen durch die Tür die letzten Termine sagte. Tate sah Avery an und hielt ein paar Sekunden ihren besorgten Blick. »Ist alles klar?« fragte Eddy.
Avery flüsterte: »Bitte, Tate, auch wenn du keinen Grund dazu siehst, du mußt mir vertrauen.«
»Alles in Ordnung«, rief er widerwillig zu Eddy hinaus. »Wir treffen uns in zwanzig Minuten.«
Avery atmete erleichtert auf. »Bitte, sag niemandem etwas, Tate. Schwör mir, daß du nicht darüber sprichst.«
»Warum sollte ich dir mehr trauen als meiner eigenen Familie und meinen Freunden?«
Sie antwortete vorsichtig. »Wenn das wahr ist, was ich behaupte, könnte dich dein Schweigen vor einem Attentat bewahren. Wenn nicht, dann vor einem Skandal. Wie auch immer – du kannst im Augenblick nichts gewinnen, wenn du mich als Betrügerin entlarvst. Also bitte ich dich, zu schweigen.«
Er sah sie lange und kalt an. »Du bist ebenso falsch, wie Carole es war.«
»Es ist schrecklich für mich, daß du mich so einschätzt.«
»Ich hätte die Anzeichen verstehen und erkennen müssen, daß die Veränderungen zu gut waren, um wahr zu sein. Wie zum Beispiel die Art, wie du dich um Mandy gekümmert hast, als du nach Hause kamst.«
»Sie ist schon so weit gekommen, Tate. Bekomme ich nicht wenigstens die Anerkennung dafür, daß ich sie liebe?«
»Du wirst zur Rechenschaft dafür gezogen, daß du ihr das Herz brichst, wenn du fortgehst.«
»Das wird mir auch das Herz brechen.«
»Jetzt weiß ich, woher das plötzliche Interesse an der Wahl und an politischen Themen kam und warum...« Er sah auf ihren Mund. »Warum so viele Dinge anders waren.« Einige Sekunden lang schien er gegen den Zug eines mächtigen Magneten anzukämpfen. Dann wandte er sich mit einem bösen Fluch ab.
Avery stürmte hinter ihm her und erwischte ihn, bevor er sich im Badezimmer einschließen konnte. »Was willst du tun?«
»Im Augenblick erst mal gar nichts. Ich bin schon so weit gekommen. Du und dein übles Theater werden mich nicht davon abhalten, die Wahl zu gewinnen, für mich, meine Familie und all diejenigen, die ihr Vertrauen in mich gesetzt haben.«
»Und was wird aus mir?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete er offen. »Wenn ich dich bloßstelle, würden wir alle als Narren dastehen.« Er griff sich eine Handvoll ihres Haars an ihrem Hinterkopf. »Und wenn du uns bloßstellst, dann bringe ich dich um.«
Sie glaubte ihm. »Ich lüge nicht, Tate.«
Er ließ sie plötzlich los. »Ich werde mich wahrscheinlich von dir scheiden lassen, wie ich es bei Carole auch vorhatte. Deine Strafe wird sein, daß du den Rest deines Lebens die ehemalige Mrs. Rutledge bleiben wirst.«
»Du mußt vorsichtig sein. Jemand versucht, dich umzubringen.«
»Avery Daniels ist seit Monaten tot. Das wird sie auch bleiben.«
»Achte auf den großen Grauhaarigen in der Menge. Halte dich fern von ihm.«
»Es wird keine Karriere im Fernsehen mehr geben, keine Sensationsstory. Sie haben das alles vergeblich auf sich genommen, Miss Daniels.«
»Ich habe es getan, weil ich dich liebe.«
Er machte die Tür vor ihrer Nase zu.
KAPITEL 46
Am Vorabend der Wahl endete Vans Suche. Sekundenlang starrte er auf den Monitor und
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