Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)
sehen sollte.
»Mandy schläft noch«, stellte er überflüssigerweise fest.
»Möchtest du Frühstück?«
»Mir reicht Kaffee.«
Es fing gerade an, hell zu werden. Mona war noch nicht aufgestanden, und die Küche war dunkel. Tate fing an, Kaffee in den Papierfilter der Kaffeemaschine zu löffeln, und Avery ging zum Kühlschrank.
»Mach dir keine Mühe«, sagte er.
»Aber ich möchte gern etwas für dich kochen.«
Er drehte ihr den Rücken zu und sagte gleichmütig: »Na gut, ich denke, vielleicht ein paar Eier.«
Inzwischen kannte sie sich gut genug in der Küche aus, um die Zutaten fürs Frühstück zu finden. Alles klappte, bis sie anfing, in einer Schüssel die Eier zu schlagen.
»Was machst du denn da?«
»Rührei... für mich«, sagte sie versuchsweise, als er sie verblüfft ansah. Sie hatte keine Ahnung, wie er seine Eier aß. »Hier. Mach das fertig, dann fange ich schon mit dem Toast an.«
Sie beschäftige sich damit, die Toastscheiben mit Butter zu bestreichen, sowie sie aus dem Toaster hopsten, während sie ihm unauffällig dabei zusah, wie er zwei Spiegeleier für sich briet. Er ließ sie auf einen Teller gleiten und brachte ihn zum Tisch, zusammen mit ihrer Portion Rührei.
»Wir haben schon lange nicht mehr zusammen gefrühstückt.« Sie biß in eine Scheibe Toast, schob sich eine Gabel Rührei in den Mund und griff nach ihrem Glas Orangensaft, bis sie bemerkte, daß nur sie aß. Tate saß ihr gegenüber, das Kinn in die Hände gestützt.
»Wir haben noch nie zusammen gefrühstückt, Carole. Du haßt Frühstück.«
Sie hatte Schwierigkeiten beim Schlucken. Ihre Hand umklammerte das Saftglas. »Ich mußte frühstücken, als ich im Krankenhaus war. Du weißt schon, nachdem ich die Zahnimplantate bekommen hatte und wieder feste Nahrung essen konnte. Ich mußte doch wieder zunehmen.«
Sein Blick war unbeweglich geblieben. Er glaubte ihr nicht.
»Ich... ich habe mich daran gewöhnt, morgens etwas zu essen,
und jetzt fehlt mir was, wenn ich nicht frühstücke.« Defensiv fügte sie noch hinzu: »Warum findest du das so wichtig?«
Tate nahm seine Gabel in die Hand und begann zu essen. Seine Bewegungen waren zu beherrscht, um entspannt zu sein. Er war wütend. »Spar dir die Mühe. Das ist doch nur wieder eine deiner Tricks, dich bei mir einzuschmeicheln.«
Ihr Appetit verschwand. Der Geruch des Essens verursachte ihr plötzlich Übelkeit. »Tricks?«
Offensichtlich hatte er ebenfalls seinen Appetit verloren. »Frühstück. Häuslichkeit. Diese Zurschaustellungen von Zuneigung, wie zum Beispiel, wenn du mir über die Haare streichst oder mir den Nacken massierst.«
»Es sah aus, als würdest du diese Dinge genießen.«
»Sie sind völlig unbedeutend!«
»Überhaupt nicht!«
»Doch, verdammt noch mal!« Er lehnte sich zurück und betrachtete sie finster, während sein Unterkiefer sich verkrampfte. »Die Berührungen und die süßen Gutenachtküsse kann ich noch verkraften, wenn es sein muß. Wenn du so tun willst, als wären wir ein verliebtes Paar, nur zu. Mach dich ruhig lächerlich. Erwarte nur nicht, daß ich diese falsche Zuneigung erwidere. Selbst der Sitz im Senat könnte mich nicht wieder in dein Bett bringen, und das sollte dir klarmachen, wie sehr ich dich verachte.« Er hielt inne, um Luft zu holen. »Aber was mich wirklich auf die Palme bringt, ist deine plötzliche Sorge um Mandy. Gestern abend hast du ihretwegen eine ziemliche Show abgezogen.«
»Das war keine Show!«
Er kümmerte sich nicht um ihre Worte. »Du solltest verdammt gut aufpassen, daß du dieses Gute-Mutter-Theater durchhältst, bis es ihr wirklich wieder gutgeht. Noch einen Rückschlag kann sie nicht verkraften.«
»Du selbstherrlicher...« Avery geriet in Wut. »Ich bin genauso interessiert daran, daß Mandy sich erholt, wie du.«
»Warum?«
»Warum? « rief sie. »Weil sie unser Kind ist.«
»Das Kind, das du abgetrieben hast, war auch unser Kind. Von der Abtreibung hat dich das nicht abgehalten!«
Die Worte trafen sie wie ein Messer. Sie preßte instinktiv eine Hand auf ihren Bauch und beugte sich ein wenig vor, als hätte sie jemand durchbohrt. Ein paar Sekunden lang starrte sie ihn sprachlos an.
Als könnte er ihren Anblick nicht mehr ertragen, stand er auf und drehte ihr den Rücken zu. Am Kühlschrank goß er noch einmal Kaffee in seine Tasse. »Ich hätte es sowieso irgendwann bemerkt.« Seine Stimme klang kalt wie Eis. Er sah sie wieder an. »Aber daß ich mir von einem Fremden sagen lassen
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