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Trümmermörder

Trümmermörder

Titel: Trümmermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Rademacher
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Doch U-Boot-Fahrer sind nicht belastet, die werden gecleart. Schließlich ist der neue Maschke frei und fühlt sich offenbar so sicher, dass er sogar unbefangen über seine Zeit in Frankreich plaudert. Er richtet sich ein im gemachten Nest und kann ein neues Leben beginnen, kann sich bewerben. Und welche bessere Tarnung gäbe es, als ausgerechnet zur Polizei zu gehen?
    »Diese Karte nehme ich mit«, sagt Stave zu Brems. »Sie ist ein Beweismittel.«
    Der Sachbearbeiter zuckt mit den Achseln. »Nach dem hat noch nie jemand gefragt, da hätten wir sonst einen Vermerk. Lassen Sie mich trotzdem eine Kopie machen, der Ordnung halber.«
    Er holt eine neue Karte aus einem Karton und schreibt mit Füller alle Angaben ab. Weil es so kalt ist, fließt die Tinte zäh, viele Striche bleiben blass.
    Das wird niemand lesen können, denkt der Oberinspektor. Aber das ist jetzt auch nicht mehr wichtig.
    Als er sich mit einem Kopfnicken verabschiedet und schon zur Tür gewendet hat, räuspert sich Brems. »Ich will Ihnen keine falschen Hoffnungen machen. Aber wir erwarten heute Nachmittag ein Schreiben vom Roten Kreuz aus der Sowjetunion. Eine neue Liste mit Kriegsgefangenen. Ich weiß, dass die Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß ist, dass da Namen draufstehen, die wir noch nicht verzeichnet haben. Aber ausschließen kann man es auch nicht.«
    »Sehen Sie doch bitte kurz unter ›St‹ nach«, antwortet Stave und hofft, dass seine Stimme nicht zittert. Dann dreht er sich schnell weg.
    Mach dir keine Hoffnungen. Mach dir bloß keine übertriebenen Hoffnungen.
    Auf dem Rückweg kehrt Stave in ein Café ein, das fast intakt den Krieg überstanden hat, bis auf die Fassade, die dem vierstöckigen Haus fehlt, als hätte ihm ein Ungeheuer das Gesicht abgerissen. Die Front des Cafés ist mit Bohlen geflickt, in die jemand mit einigen Nägeln und Fensterkitt zwei gesprungene Gläser eingesetzt hat, die etwas Licht ins Innere lassen. Es zieht erbärmlich. Der Oberinspektor bestellt sich eine Kartoffelsuppe, dazu Graubrot mit Butter und Tee.
    Die Suppe ist blassgelb, aber wenigstens heiß. Das Brot zerbröselt zwischen den Fingern, die Paste darauf ist alles Mögliche, nur keine echte Butter. Der Tee duftet nach Brennnesseln. Soll ja gesund sein, sagt sich Stave und schlürft das bittere Gebräu. Als er das Café verlässt, fühlt er sich hungriger als zuvor.
    Im Büro erwartet ihn eine Überraschung: MacDonald ist da.
    »Ich muss mit Ihnen reden«, sagt der Lieutenant.
    »Mein Glückstag heute«, antwortet Stave und bietet dem Briten den Besucherstuhl an.
    Erna Berg blickt beunruhigt vom Vorzimmer durch die geöffnete Tür hinein. Ahnungslos, was ihr Geliebter auf dem Herzen hat, vermutet der Oberinspektor. Sie ist also nicht eingeweiht. Er schließt die Tür.
    »Sie waren wieder bei Frau Hellinger.« MacDonald sagt das sachlich. Eine Feststellung, keine Frage.
    »Sie überwachen mich?«
    Der Brite lächelt entschuldigend. »Nicht Sie. Wir überwachen Frau Hellinger.«
    »Wer ist ›wir‹?«
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Sind Sie zu mir gekommen, um sie mir zu erzählen?«
    »Mir bleibt wohl nichts anderes mehr übrig«, antwortet MacDonald seufzend. Dann lächelt er wieder, ein charmantes, entschuldigendes Oxford-Lächeln, und holt aus einer Aktentasche drei Schnellhefter aus Pappe hervor.
    Die Mordakten.
    »Tut mir leid für die Unannehmlichkeiten, alter Junge. Ich dachte, ich komme damit durch. Aber Sie sind einfach zu zäh. Jetzt muss ich Sie einweihen.«
    Stave starrt auf die Akten, anschließend auf MacDonald, dann erst wird ihm langsam dessen letztes Wort klar.
    »Worin wollen Sie mich einweihen?«
    »Operation Bottleneck«, antwortet der Brite und lächelt wieder. Er hebt die Hände, lässt sie wieder sinken. »Ich hätte es gleich tun sollen, zumindest zu dem Zeitpunkt, als Hellingers Name das erste Mal fiel.«
    »Sie waren ziemlich entgeistert an jenem Tag, ich erinnere mich. Aber ich schob das auf eine Ablenkung privater Art.«
    MacDonald blickt flüchtig zur geschlossenen Vorzimmertür, dann rasch wieder auf die Akten. »Diese andere Geschichte ist noch komplizierter als Operation Bottleneck. Aber ich denke, darüber sind Sie im Bilde.«
    »Wenn ich Ihnen dort irgendwie behilflich sein kann?«
    »Nehmen Sie Ihre Dienstpistole und schießen Sie dem Gatten von Frau Berg ein nettes rundes Loch in den Kopf«, erwidert der Lieutenant, dann verzieht er das Gesicht. »War nur ein Scherz. Dieses Problem werde ich wohl allein

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