Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
Maul auf...verdammnochmal...“
Michael spürte den harten Griff an seinem Kiefer, er drehte und wand sich, so sehr er konnte, aber der Mann war groß, er war massig. Mühelos drückte er ihn an die Wand, seinen Körper mit der offenen Hose hinterher, die schmierigen Finger am krampfhaft verschlossenen Mund. Ein unterdrückter Schrei entrang sich Michael und er drehte den Kopf zur Seite. In ihm rotierte alles. Der Kerl stank! Oh, Gott, er stank so erbärmlich... er war so widerlich und diese Hände, sie hielten ihn, fassten ihm zwischen die Beine, kniffen ihn, taten ihm weh, benutzten ihn.
„Du dreggiges Aas, du biss nix wert, du alte Sssau...“ lallte der Mann. Er wurde wütend, weil er nicht ans Ziel kam, und griff mit eisernen Fingern erneut brutal in Michaels Gesicht. Dessen Mund öffnete sich und der Mann stieß vor.
„Was hast du gefühlt?“, fragte ich drängend.
„Todesangst“, flüsterte Michael. „Totale Demütigung...Ekel... Er stank...Gott, wie er stank! Nach Urin, nach Fäkalien, nach altem Fett, nach Alkohol...dieser Geruch...! Und er war so nah dran...so nah... dran ... ich hab sein Ding gesehen...er hatte es an meinem Mund...es war schmierig...oh Gott...es war so...“
Ein würgendes Geräusch kam aus seinem Mund, bevor er in Tränen ausbrach, sich schüttelte und auf den Teppich sank. „...und dann...kam Tito...Tito hat mich gerettet...Tito hat mich gerettet...“
„Tito, Tito!“ schrie Michael markerschütternd, auch auf die Gefahr hin, dass er den Mund dafür noch mehr öffnen musste. Er schrie und schrie und der Mann fluchte, änderte seine Taktik, versetzte dem Jungen einen Schlag, hielt ihm den Mund zu und riss ihm die Hose runter. Michael spürte entsetzt, wie der Stoff seine Beine hinunter glitt, wie der Mann ihn packte und drehte, wie der Penis des Mannes eine Öffnung suchte, wie er ihn berührte, wie er ihn beschmutzte. Wie ein Epileptiker schlug er um sich, strampelte und boxte, bis er eine Faust an den Kopf bekam.
Doch die Hand des Mannes war für den Fausthieb von Michaels Mund gerutscht und er schrie wieder wie ein abgestochenes Tier.
Tito raste nach unten, sein Instinkt wies ihm die Richtung und er erfasste die Situation mit einem Blick. Er schnappte sich Mike, wie er ihn sich schon einmal geschnappt hatte, trat mit einem gewaltigen Fußtritt nach dem großen, massigen Kerl und zischte:
„Hau ab, du besoffenes Schwein und wag es nicht noch mal...du alter Dreckskerl...!“
Im Laufschritt brachte er Mike in sein Zimmer und in sein Bett. Michael war in einen Schockzustand gefallen, er zitterte wie Espenlaub und Tito konnte nichts anderes tun, als immer wieder zu sagen: „Es ist nichts passiert, es nichts passiert... Mike... es ist nichts passiert...“
Doch Michael fing an zu würgen. Seine Augen verdrehten sich und Tito bekam es mit der Angst zu tun. Die anderen standen alarmiert außen herum.
„Was ist passiert? Was ist los?“, wollten sie wissen, aber Tito winkte ab. Er wollte den Vorfall vor Mike nicht wiederholen. Sie schleppten Mike auf die Toilette, wo er sich übergab, eine Welle nach der anderen, bis nur noch Galle kam.
Dann wuschen sie ihn unbeholfen ab und legten ihn zurück ins Bett.
Und da lag er. Allein. Es war ja nichts passiert.
40 Jahre später saß Michael in der gleichen Starre wie damals. Er keuchte. Er stak im Zement jahrelang unterdrückter Emotionen: Einer haltlosen Panik und dem primären Gefühl, bis in die Grundfesten seiner Seele gedemütigt und beschmutzt worden zu sein.
Und auf einmal krümmte er sich nach vorne, als ob ihm jemand ein Messer in den Bauch gerammt hätte. Sein Mund öffnete sich und er gab einen so unmenschlichen Laut von sich, dass mir ganz anders wurde. Geistesgegenwärtig hielt ich ihm den Papierkorb hin.
„Raus damit“, flüsterte ich ihm zu. „Los, Mike, spuck’s aus, dann bist du’s los, dann bist du es für immer los – es wird dich nie mehr verfolgen...du bist es für immer los...“
Ich hatte nicht geahnt, dass ein Mensch, der so dünn war wie Michael, sich so oft übergeben konnte. Tränen liefen ihm die Wangen hinunter, vor psychischem und physischem Schmerz, sein Makeup verschmierte und er weinte Rotz und Wasser. Endlich, endlich, endlich. Oh, Gott, ich war so dankbar für diese Tränenflut! Er weinte lange...krampfhaft, laut, sich schüttelnd, sich an mich klammernd...abgebrochene Sätze stammelnd...und mit dem Mageninhalt und den Worten brachen alte Inhalte aus ihm heraus, belastende
Weitere Kostenlose Bücher