TS 04: Das endlose Schweigen
besten gelingen könnte, beide Fahrzeuge in seine Gewalt zu bekommen.
Viel Ahnung von Kriegführung hatte die Besatzung auf keinen Fall, sonst wäre er bereits entdeckt worden. Immerhin gab er sich nicht der Hoffnung hin, daß sie so dumm waren, sich einfach ihre Fahrzeuge abnehmen zu lassen. Jedenfalls hatten sie in jedem der beiden Wagen eine Wache. Er konnte das am gelegentlichen Aufflammen eines Streichholzes feststeilen. Die anderen schliefen sicher auf dem Boden in der rückwärtigen Kabine, die genügend Platz bot.
Ein plötzliches Geräusch ließ ihn in sich zusammensinken. Einer der beiden Wachhabenden kurbelte das Fenster herunter und rief seinem Kameraden im andern Wagen etwas zu. Obwohl er sich dabei bemühte, möglichst leise zu sprechen, konnte Gary jedes Wort verstehen.
„Hallo, Jackson!“
„Ja?“ Das Gesicht des andern Soldaten erschien ebenfalls im Wagenfenster.
„Wieviel Uhr ist es? Mein Wecker ist stehengeblieben.“
„Kurz vor Mitternacht.“
„Also Ablösung! Wecken wir die Burschen.“
„Ich bin auch fast am Einschlafen.“
Es folgten einige leicht zu erklärende Geräusche in beiden Wagen. Dabei mußte man wohl etwas zu laut verfahren sein, denn es wurde jemand wach, der keine Wache hatte. Gary bemerkte erst jetzt, daß auch unter den Fahrzeugen jemand schlief. Wahrscheinlich eine Vorsichtsmaßnahme, um einen eventuellen Angreifer zu überraschen.
„Was ist denn da oben los?“ fragte jemand, dessen Stimme Gary bekannt vorkam, er steckte den Kopf zwischen den Rädern hervor.
„Mitternacht, Leutnant. Die Wache wird abgelöst.“
„Warum dann der Krach? In Zukunft mehr Ruhe dabei, wenn ich bitten darf!“
„Sehr wohl, Leutnant.“
Der Offizier legte sich auf seinen Platz zurück, rollte aber unruhig hin und her, bis er plötzlich aus seinem Versteck hervorkam.
„Ich werde eine Runde machen“, sagte er zu seinen Leuten und begann, genau auf die Stelle zuzuschreiten, an der Gary sich versteckt hielt.
Gary ließ den Mann vorbeigehen und sprang dann geräuschlos auf. Blitzschnell griff er zu, mit beiden Händen.
Kurze Zeit später schritt Gary einfach auf die Lichtung hinaus und näherte sich den Wagen. Er ließ sich zu Boden sinken und rollte auf den Platz, an dem vorher der Leutnant gelegen hatte. Hier stieß er einen Seufzer aus und lag dann ganz still. Seine rechte Hand umklammerte die Automatic, die er dem Leutnant abgenommen hatte. Ober ihm zündete sich der neue Wachposten eine Zigarette an.
Gary machte den zweiten Schläfer unschädlich, so daß nur noch vier Soldaten übrigblieben. Aber eine weitere halbe Stunde benötigte er dazu, um an den hinter dem Steuer sitzenden Wachposten im ersten Wagen heranzukommen. Der Mann hatte das Fenster offen und rauchte. Besonders aufmerksam war er nicht, sonst hätte er Gary hören oder sehen müssen. Er gab keinen Laut von sich, als der Kolben der schweren Automatic mit aller Wucht auf seinen Hinterkopf prallte, Gary fing den Zusammensinkenden gerade noch rechtzeitig auf, ehe er mit der Brust den Hupenknopf berühren konnte.
Der eben abgelöste Posten schlief geräuschvoll im Hinterteil der Kabine. Sekunden später war sein Zustand nur noch mit großer Phantasie als ,schlafen’ zu bezeichnen.
Aus dem zweiten Wagen drang kein Geräusch herüber. Alles war still.
Was Gary notwendig benötigte, waren einige lebenswichtige Informationen über die Brücken und die Verhältnisse auf der andern Seite des Flusses. Wenn er den Fluß überqueren wollte, mußte er wissen, was ihn am andern Ufer erwartete.
Mit einem plötzlichen Entschluß drehte er sich um und ging, ohne das geringste Anzeichen von Unsicherheit, auf den zweiten Wagen zu.
Ein Kopf wurde aus dem Fenster gestreckt.
„Mensch, sei ruhig! Willst du, daß uns der Leutnant sauer macht?“
Gary hielt ihm die Pistole vor die Nase.
„Aussteigen, aber dalli!“
Die aufgerissenen Augen des andern starrten ihn entsetzt an.
„Was, zum Teu…!“
„Aussteigen! Und keinen Laut mehr, sonst kracht’s!“
Der Soldat öffnete die Wagentür und kletterte ins Freie.
„Nicht schießen!“ bat er flehend.
„Hole deinen Kameraden auch heraus, schnell!“
Der Soldat klopfte gegen die Wandung des Wagens und Sekunden später erschien das schläfrige Gesicht des zweiten Insassen in der offenen Tür.
„Was ist denn nun schon wieder los?“
Was los war, sah er sofort, als er in die schwarze Mündung der Pistole blickte. Zögernd kam er aus dem Wagen und stellte sich neben
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