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TS 04: Das endlose Schweigen

TS 04: Das endlose Schweigen

Titel: TS 04: Das endlose Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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begegnet waren. Der Arzt fiel darauf auch prompt herein.
    „Menschen“? fragte er. „Amerikaner etwa, oder alles Agenten?“
    „Agenten?“ fragte Gary zurück. „Habe ich keine gesehen. In den Städten lebte überhaupt niemand, aber in den Dörfern und auf dem Land geht das Leben weiter. Immer dann, wenn wir solche Ansiedlungen durchfuhren, kam uns die Bevölkerung jubelnd entgegengelaufen, um uns zu begrüßen. Es war fast so wie damals in Frankreich, als wir das Land befreiten.“
    „Aber drüben kann es doch keine Leute mehr geben, keine Amerikaner. Sie sind doch alle tot!“
    Gary starrte ihn böse an.
    „Warum sollte ich lügen?“
    „Ja, warum?“
    „Eben! Ich betone nochmals: das Leben geht weiter! Die Äcker werden bestellt, wenn es auch nicht mehr viel Vieh zu geben scheint, denn ich sah viele Männer ihre Pflüge selbst ziehen.“ Gary verbarg sein Grinsen, als der Arzt alles gewissenhaft notierte. „Trotz der halben Ordnung streifen Räuberbanden durch das Land, weil sie zu faul zum Arbeiten sind. Eine erwischte uns.“ Und er erzählte den Verlauf des Überfalls. Ehe er sich jedoch die Arbeit machte, den Tod des Leutnants ausführlich zu schildern, erkundigte er sich: „Erhielt unser Leutnant auch ein militärisches Begräbnis? Er hat es verdient.“
    „Keine Gelegenheit“, gab der Arzt zu, und es war ihm sichtlich peinlich. „Sie haben ihn einfach in den Fluß geworfen. Man konnte ja nicht wissen, ob er verseucht war.“
     
    *       *
    *
     
    In der folgenden Nacht flüchtete Gary.
    Zuerst beabsichtigte er, den Posten nach Milch zu schicken, aber dann sagte er sich, daß ein so kurzer Vorsprung nicht reichte. Er benötigte nicht bloß fünf Minuten, sich in Sicherheit zu bringen, sondern Stunden.
    Also bat er den Soldaten, ihm Wasser zu bringen. Der Mann ging, ließ aber die Tür einen Spalt weit offen. Gary konnte die frische Nachtluft riechen. Als der Posten zurückkehrte und sich herabbeugte, um das Gefäß vor sich auf den Boden zu stellen, damit Gary es wegnehmen könne, sprang dieser überraschend auf und schlug den Ahnungslosen nieder. Er zerrte ihn in die Kammer und legte ihn, den Rücken der Tür zugewandt, an der gegenüberliegenden Wand nieder.
    Sekunden später befand er sich im Freien und verschwand in der dunklen, stillen Nacht.
    Er hatte einen Vorsprung von drei Stunden, denn eher war nicht mit der Ablösung zu rechnen.
     
    *       *
    *
     
    Gary war in Zivil gekleidet, in einen schmutzigen Overall und einen ganz gewöhnlichen Sweater. Beides gehörte einem Farmer, dessen bewußtloser Körper nun in der Nähe seines Hauses auf das Erwachen wartete. Auch einige Dollars hatte er ihm abnehmen können. Sie klimperten vielversprechend in seiner Tasche. Der alte Ford des Farmers hatte ebenfalls dran glauben müssen und seinen Besitzer gewechselt. Gary fuhr mit ihm auf dem Highway in südlicher Richtung.
    Als die Sonne aufging, war Gary mehr als 70 Kilometer südlich von St. Louis und weit außerhalb der verbotenen Zone am Westufer des Mississippi.
    Endlich war er frei, ein Zustand, den er sich seit zwei Jahren ersehnt hatte.
    Mit Höchstgeschwindigkeit klapperte der Ford über die Straße. Nur aus den Augenwinkeln betrachtete Gary das langsam erwachende Leben rechts und links auf den vereinzelten Farmen oder in den Dörfern. Keine Banditen machten den Versuch, ihn aufzuhalten, keine Soldaten stellten sich ihm in den Weg. Er befand sich endlich wieder in einem gesunden, freien Land.
    Doch weit hinter ihm war nicht alles so lebendig, wie er es sich vorstellte. Ein Soldat lag tot in der Desinfektionskammer, ein Militärarzt hauchte soeben im Lazarett sein Leben aus. Sein Körper hatte eine bläuliche Farbe angenommen. Der Alarm war sofort erfolgt, und das ganze Lager, das zu dem Wachkommando der Brücke gehörte, war isoliert worden. Strengste Quarantäne! Damit hatte man zwei Probleme zu lösen: zuerst einmal mußte der Bazillenträger erwischt und unschädlich gemacht werden, und zweitens war die Vernichtung einiger Dutzend Menschen vorzubereiten, die plötzlich zu feindlichen Agenten geworden waren.
    Gary zu finden, würde nicht schwer sein, denn er hinterließ die schreckliche, unsichtbare Spur des Todes.
    Am frühen Nachmittag des gleichen Tages erreichte er eine kleine Stadt, wo er auf die Idee kam, ein Theater zu besuchen. Es war ein reichlich freies Stück und erinnerte ihn daran, daß noch etwas anderes als bloße Nahrung zum Leben gehörte. Mißmutig betastete

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