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TS 16: Einer von Dreihundert

TS 16: Einer von Dreihundert

Titel: TS 16: Einer von Dreihundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. McIntosh
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drei andere Krankensäle zu betreuen hatte, und sollten sie so wenig wie möglich bemühen, Leute wie ich schon gar nicht.
    „Ich weiß, daß Sie viel zu tun haben, Schwester“, sagte ich. „Ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich Sie von meiner Pflege entlasten möchte. In meiner Arbeitsgruppe scheint es Schwierigkeiten zu geben, und …“
    „Herr Leutnant“, sagte sie müde, „in jeder Arbeitsgruppe gibt es Schwierigkeiten. Die Leute arbeiten nun mal nicht gern vierzehn Stunden am Tag. Wenn Sie zu Ihrer Gruppe zurückkommen, müssen Sie fit sein.“
    „Ich weiß, aber …“
    „Leute, die nicht gehorchen können, können im allgemeinen auch nicht sehr gut befehlen. Warten Sie, bis der Arzt Sie gesehen hat. Wenn er sagt, Sie können gehen, dann können Sie gehen.“
    Ohne auf meine Erwiderung zu warten, verließ sie den Saal.
    „Abgeblitzt“, sagte Ritchie. Ich ignorierte ihn.
    Jetzt, da ich wußte, daß ich bleiben mußte, war ich noch viel ungeduldiger als vorher, aus dem Krankenhaus herauszukommen. Auf dem Mars wurde Aufbauarbeit geleistet; meine frühere Mannschaft, die Arbeitsgruppe 94, half mit, und ich war nicht dabei.
    Bald danach begann es wieder zu regnen. Dafür, daß es im Vergleich mit der Erde auf dem Mars so wenig Wasser gab, regnete es überraschend oft. Diesmal schien der Regen stärker zu sein als gewöhnlich. Ich wunderte mich nicht, als Leslie wieder hereinkam und das Pfeifkonzert aufs neue begann.
    So sind die Männer. Einige Patienten im Saal waren ziemlich schwer verletzt, aber selbst solche, die sonst vor Schmerzen wimmerten und sich in den Betten hin- und herwarfen, pfiffen und johlten beim Anblick eines hübschen Mädchens, nur um zu zeigen, daß sie noch nicht tot waren. Man kriegte einen Klumpen in der Kehle, wenn man darüber nachdachte.
    „Wir haben eine kleine Pause eingelegt“, sagte Leslie und setzte sich auf meinen Bettrand. „Wir konnten nicht weiterarbeiten, man kann kaum etwas sehen.“ Sie seufzte. „Ich werde froh sein, wenn du wieder da bist, Bill.“
    „Ich habe versucht, hier herauszukommen, aber sie lassen mich nicht. Was ist denn eigentlich los, Leslie?“
    Sie nahm sich zusammen und lächelte. „Ach, eigentlich gar nichts“, sagte sie. „Mach dir jetzt keine Sorgen. Werde nur gesund, Bill, dann wird schon alles in Ordnung kommen.“
    „Sage es mir“, beharrte ich.
    Sie zögerte, und dann brach es plötzlich aus ihr hervor. „Es ist alles, Bill, hundert Dinge auf einem Haufen. Der Regen, der Wind, der Staub und die Hitze. Sand und Staub überall, im Mund, in den Augen und im Haar. Die Arbeit, Baugruben ausheben, die der Wind sofort wieder voll Sand und Staub bläst. Alles schimpft immer wieder über dieselben Sachen. Und schlafen tun wir wie die Heringe in einem Korridor – triefend vor Schweiß.“
    Sie versuchte, abzubrechen, aber die Worte kamen wie von selbst. „Und das Essen, undefinierbares Zeug, das wie Bindfaden schmeckt. Keine Milch, kein Kaffee, keine Eier, kein Fleisch. Nichts Heißes zum Trinken, weil das Wasser schon kocht, wenn es lauwarm ist. Schmutziges Wasser zum Waschen, weil wir nur gerade genug sauberes Wasser zum Trinken und Kochen haben.
    Alle kommen sie zu mir mit ihren Sorgen. Betty hat Angst, von der schweren Arbeit ihr Kind zu verlieren. Die kleine Bessie ist überall im Wege. Jim arbeitet viel zu schwer; er ist der einzige, den wir manchmal von der Arbeit wegholen müssen. Die Leute von den anderen Gruppen wollen uns in ihre Streitigkeiten hineinziehen. Und das alles geht immer und immer weiter, bis man wirklich denkt, es hört nie auf, wenn man auch vor Müdigkeit umfallen könnte. Einen Augenblick schwitzt man, im nächsten friert man, mal ist man klatschnaß und im nächsten Moment knochentrocken, müde, und findet trotzdem keine Ruhe – ach, ich könnte schreien!“
    „Aber schrei nicht hier“, sagte ich. „Weine, wenn du willst – vielleicht hilft es dir mehr, als wenn du schreist.“
    „Kann sein“, sagte Leslie traurig, „aber es gehört schon was dazu, vor diesen ganzen Leuten zu weinen. Jedenfalls weißt du nun, was los ist. Und dazu kommt dann auch noch Morgan.“
    „Ja? Was ist denn mit ihm los?“ fragte ich.
    „Morgan bringt das Faß zum Überlaufen.“
    „Ja, was macht er denn?“ fragte ich etwas ungeduldig.
    Sie schüttelte den Kopf. „Warte nur, bis du es selber siehst.“
    „Warum denn so geheimnisvoll? Wenn er Schwierigkeiten macht, muß es doch an irgend etwas liegen?“
    „Er ist einfach ein

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