TS 20: Legion der Zeitlosen
dann erneuert werden, wenn er freiwillig einer solchen Erneuerung zustimmt.“
„Ich verstehe“, sagte Marl nachdenklich. „Nun, es besteht noch immer beträchtliche Hoffnung, daß er uns eine solche Zustimmung freiwillig gibt. Indessen müssen wir uns gegen alle Eventualitäten wappnen. Entreißen Sie ihm das Geheimnis des Sternantriebs, Ramitz!“
„Ich werde es versuchen, Sir.“
Während der beiden nächsten Wochen wurde Chaan der schlimmsten geistigen und seelischen Tortur unterzogen. Tag um Tag prasselte immer wieder die Frage auf ihn ein:
„Sagen Sie mir, wie der Sternantrieb bedient wird!“
Zunächst saß Chaan in versteinertem Schweigen da, doch allmählich begann diese Frage seinen Schutzwall zu durchdringen.
Am zweiten Tag der Befragung wich der natürliche Zustand der Entspannung in der Hypnose von ihm, und am Ende des Tages spannte sich in ihm bereits alles bei den ersten Worten dieser Frage.
„Sagen Sie mir, wie der Sternantrieb bedient wird!“
Am dritten Tag verzogen sich nach der fünfzigsten Frage Chaans Lippen, und er stöhnte: „Nein!“
Ramitz verdoppelte seine Anstrengungen.
„Sagen Sie mir, wie der Sternantrieb bedient wird!“
„Nein!“
„SAGEN SIE MIR, WIE DER STERNANTRIEB BEDIENT WIRD!“
„Nein!“
Im Laufe der folgenden Tage mit der immer wieder an ihn gerichteten Frage geriet Chaan in einen derart nervös überreizten Zustand, daß er sich dem Wahnsinn nahe fühlte. In seiner Qual wünschte er sich ernsthaft, er könnte die Frage beantworten. Er wollte sie beantworten, konnte es aber nicht. Seine Ausbildung hatte an diesem Punkt eine unerschütterliche Barriere geschaffen.
Am zwölften Tage führte man Hildi zu ihm.
„Weshalb antwortest du ihm nicht, Chaan?“ schrie sie. „Sie werden dich freilassen, sobald du ihnen antwortest.“
„Ich kann nicht antworten“, wimmerte er und war dankbar, daß er eine andere Stimme hörte. „Ich darf nicht antworten.“
Sie kniete vor ihm nieder und preßte seine bebenden Hände gegen ihren Busen. Ihr tränenüberströmtes Gesicht sah zu ihm auf.
„Bitte, Chaan“, bettelte sie. „Ich halte es nicht aus, dich so zu sehen. Kannst du ihm nicht um meinetwillen antworten? Willst du ihm nicht antworten, so daß wir wieder beisammen sein können?“
„Ich kann nicht antworten“, wiederholte er. „Niemand außer mir darf die Antwort kennen.“
Nachts warf er sich in unruhigem Schlaf herum, aus dem er immer wieder aufschrak und laut schrie: „Nein! Nein! Ich werde nicht antworten. Niemand außer mir darf es wissen!“
Und immer wieder sah er Ramitz vor sich, der unablässig die Frage stellte:
„Sagen Sie mir, wie der Sternantrieb bedient wird!“
Wenn er es nur jemand sagen könnte! Am Ende des Tages flüsterte er sich das Geheimnis immer wieder zu, so daß die Spannung etwas nachließ.
Als sich der fünfzehnte Tag des grausamen Martyriums seinem Ende näherte, spürte er, daß er einer Krise nahe war. Er glaubte nicht, daß sein gemartertes Hirn dieser Tortur noch einen Tag standhalten könnte. Nur noch zwei Auswege gab es für ihn: die Erlösung durch den Wahnsinn oder durch die Beantwortung der Frage!
Vor ihm lag die Wahl beinahe greifbar wie etwas Körperliches. Er wußte, daß er die Frage nicht beantworten konnte, da sich in seinem Hirn eine Barriere befand, die stärker war als alle Furcht vor Wahnsinn oder Tod.
„Niemand außer mir darf die Antwort wissen“, murmelte er.
Klärte sich in diesem Augenblick sein Geist, oder nahm die Halluzination eine andere Gestalt an. Plötzlich sah Chaan Fritag sich selbst im Zimmer stehen.
Chaan starrte sich an. Es war kein Spiegelbild. Das war er selbst, so wie wenn er außerhalb seiner selbst stünde und sich ansähe.
„Ich lasse mich nicht durch eine hypnotische Vorspiegelung narren, daß jemand anders ich selbst ist“, sagte Chaan laut zu seinem Ich.
„Du weißt, daß dies nicht der Fall ist“, erwiderte sein Ich.
„Ja“, antwortete Chaan und sah sich sein Ich sehr genau an.
Es war nicht nur eine Materialisation, weil er verzweifelt jemand suchte, dem er sich anvertrauen konnte. Irgendwie erkannte er einen Unterschied zwischen dieser Erscheinung und Jahr als Victad und all die vielen Anstrengungen, die man gemacht hatte, um ihn mit Illusionen seiner eigenen Vorgesetzten zu narren.
Dies mochte eine Halluzination sein. Wahrscheinlich war es das auch. Aber das Gesicht und die Gestalt waren wirklich der echte Chaan Fritag. Es war keine hypnotische Maske,
Weitere Kostenlose Bücher