TS 20: Legion der Zeitlosen
befehlen, die volle Wahrheit zu sagen.“
Chaan lächelte triumphierend. Jetzt, da er Marls Trumpfkarte gestochen hatte, indem er Angang erledigt hatte, versuchte Marl offensichtlich, sich wieder mit ihm auf guten Fuß zu stellen. Marls nächste Handlung zerstörte sofort wieder diese Illusion.
„Vielleicht“, sagte Marl, „sollten Sie zuerst etwas sehen.“
Er erhob sich, trat ans Fenster und winkte Chaan zu, ihm zu folgen. Chaan trat an seine Seite.
Unter ihnen ging ein Mann mit auf dem Rücken verschränkten Händen über den Hof. Sein Kopf war nachdenklich nach vorn geneigt. Er trug die gleiche Uniform wie Chaan.
Marl öffnete das Fenster und rief:
„Carvel!“
Der Mann unten wandte das Gesicht zu ihnen empor.
Im Schock des ersten Augenblicks glaubte Chaan, Angang wäre durch eine wissenschaftliche Großtat der Volksweldmediziner wieder zum Leben erweckt worden. Dann erkannte er, daß es sich um einen andern Doppelgänger handelte.
Blitzschnell riß er seine Strahlpistole heraus.
„Schießen Sie nur“, sagte Marl kalt. „Wir haben genug, um diesen einen entbehren zu können.“
Chaan senkte seine Pistole.
„Wie viele Doppelgänger haben Sie eigentlich von mir herstellen lassen?“ fragte er.
„Zwölf, glaube ich. Vielleicht dreizehn. Die übrigen sind über ganz Volksweld zerstreut.“
„Ich sollte Sie auf der Stelle niederschießen, Marl“, sagte Chaan.
„Ich habe auch diese Möglichkeit berücksichtigt“, erwiderte Marl. „Abgesehen davon, daß es nicht gerade zu den Aufgaben eines Raumscouts gehört, den Führer einer Planetenregierung meuchlings niederzuschießen, habe ich auch Vorkehrungen getroffen, daß meine Pläne im Falle meines Todes zu Ende geführt werden.“
Dieser Mann meinte es völlig ernst. In seinen Augen stand ein fanatischer Glanz. Wie man auch über seine Methoden und die Bedrohung des Friedens in der Galaxis denken mochte, Marl jedenfalls glaubte unbedingt an seine eigenen Ziele.
„Sehen Sie, Chaan“, fuhr Marl leise fort. „Ich biete Ihnen eine der wichtigsten Rollen in einem großen Augenblick der menschlichen Geschichte an. Selbst Sie als Raumscout können trotz aller Tapferkeit und Klugheit das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen. Ich will Sie nicht betrügen – ich möchte ohne Zwang Ihre Hilfe als Verbündeter in einer edlen Sache gewinnen.“
Plötzlich erinnerte Chaan sich an die geheimnisvollen Worte des Volksweldlers in jener Berghöhle.
„Du bist der Mann, von dem das Schicksal abhängt.“
War es dies, was der Volksweldler gemeint hatte? Marl hatte aber doch gesagt, daß er den Ablauf der Ereignisse nicht aufhalten könne, und war das nicht auch richtig?
„Weshalb brauchen Sie mich jetzt noch?“ fragte Chaan bitter. „Sie haben doch Doppelgänger von mir, die meine Rolle auf Lalande spielen können? Ich bin überrascht, daß Sie mich noch nicht haben beseitigen lassen.“
„Es gibt immer Leute, die das Künstliche vom Echten unterscheiden können“, entgegnete Marl. „Ist nicht anzunehmen, daß der Raumdienst sich seine Leute sehr genau ansehen wird? Gleichgültig wie gut unser Doppelgänger auch sein mag, so kann doch niemand so gut die Rolle Chaan Fritags spielen wie Chaan Fritag selbst.“
„Das ist richtig“, gab Chaan zu und dachte an das Erkennungszeichen, das in das Fleisch auf seiner Brust eingebrannt war.
Weshalb hatte Marl nicht daran gedacht? Es war allgemein als Erkennungszeichen der Raumscouts bekannt. Vielleicht hatte Marl aber daran gedacht, und Chaan war nur aus diesem Grund noch am Laben, denn dieses Zeichen konnte von niemand nachgeahmt werden.
„Und was soll ich für Sie tun?“ fragte Chaan.
„Ich habe es Ihnen bereits gesagt“, erwiderte Marl. „Melden Sie, daß auf Volkswald alles in Ordnung ist, wenn Sie auf Lalande ankommen. Sie kennen natürlich von Unruhen berichten, die jedoch nicht so groß sind, daß sie ein Eingreifen der Flotte erforderlich machten.“
„Und wenn ich mich weigere, dann nehmen Sie das Risiko auf sich, einen meiner Doppelgänger zu senden?“
„Genau das.“
„Sie führen mich in Versuchung, Marl“, sagte Chaan.
„Ich hoffe, daß Sie das auch wirklich meinen“, antwortete Marl, und um seinen Mund zeigte sich die Andeutung eines Lächelns. „Wenn Sie zustimmen, dann müssen Sie natürlich Ihre Bereitwilligkeit zur Mitarbeit durch mehr als nur durch bloße Worte beweisen. Sie müssen sich aus eigenem freiem Willen einer hypnotischen Prüfung
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