TS 24: Der galaktische General
soziologischen Strömungen werden nicht
von einzelnen Menschen beeinflußt.“
Devers lächelte spöttisch. „Sie wissen aber
auch nicht, ob es sich nicht ungünstiger ausgewirkt
hätte.“ Seine Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen
zusammen. „Und wenn ich ihn jetzt erschießen
würde?“
„Wen? Riose?“
„Ja.“
Barr seufzte. In seinen alten Augen konnte man seine Gedanken
über die lang vergangenen Jahre seiner Jugend lesen.
„Mord ist nicht der richtige Ausweg, Devers. Ich habe es
selbst einmal versucht, als ich zwanzig war – aber ich habe
nichts damit erreicht. Ich habe Siwenna von einem Schurken
befreit, aber nicht vom Joch des Imperiums. Und das Joch des
Imperiums war es, worauf es ankam, nicht dieser
Schurke.“
„Aber Riose ist nicht nur ein Schurke, Barr. Er steht
für die ganze verdammte Armee. Ohne ihn würde sie in
Stücke zerfallen. Sie hängen an ihm wie kleine Kinder
an ihrer Mutter. Der Feldwebel kriegt jedesmal feuchte Augen,
wenn er nur seinen Namen erwähnt.“
„Trotzdem. Es gibt aridere Armeen und andere
Führer. Sie müssen tiefergehen, wenn Sie etwas
erreichen wollen. Da wäre zum Beispiel dieser Brodrig
– keiner hat mehr als er das Ohr des Kaisers. Er
könnte Hunderte von Schiffen verlangen, wo Riose sich mit
lumpigen zehn abquälen muß. Ich habe schon genug von
ihm gehört.“
„Wirklich? Was ist mit ihm?“ Die Enttäuschung
war plötzlich aus den Augen des Händlers verflogen.
„Sie wollen seine Lebensgeschichte in drei Sätzen?
Er ist von niedriger Geburt, ein Halunke, der es verstanden hat,
durch ewige Schmeichelei das Wohlwollen des Kaisers zu gewinnen.
Die Aristokratie bei Hof haßt ihn, weil er es mit seiner
Speichelleckerei weiter gebracht hat als sie mit ihrer hohen
Abkunft. Er ist Ratgeber des Kaisers in allen Dingen und sein
williges Werkzeug bei allen Untaten. Er ist von Natur aus
treulos, ist aber gezwungen, loyal zu sein. Es gibt keinen
Menschen im ganzen Imperium, der sich besser auf die Gemeinheit
und Niedertracht verstünde als er. Und man sagt, daß
es keinen Weg zur Gunst des Kaisers gäbe, der nicht
über ihn führt und keinen zur Gunst Brodrigs
außer besondere Niedertracht.“
„Das ist hübsch.“ Devers strich nachdenklich
über seinen sorgfältig gestutzten Bart. „Und ihn
hat der Kaiser hierhergesandt, um ein Auge auf Riose zu haben.
Wissen Sie, was ich mir denke?“
„Bis jetzt noch nicht.“
„Wenn nun plötzlich dieser Brodrig an unserem
Liebling der Armee etwas auszusetzen fände?“
„Das hat er wahrscheinlich schon. Er ist für seine
Nächstenliebe nicht gerade bekannt.“
„Nein, etwas Ernsthaftes, meine ich. Wenn der Kaiser
etwas zu hören bekäme, könnte Riose
Schwierigkeiten bekommen.“
„Mhm. Könnte schon sein. Aber wie wollen Sie das
bewerkstelligen?“
„Ich weiß nicht. Aber vielleicht kann man ihn
bestechen.“
Der Siwennier lachte leise. „Ja, wahrscheinlich kann man
das, aber nicht so wie Sie den Feldwebel bestochen haben –
nicht mit einem Haushaltkühlschrank. Und selbst wenn Sie
etwas fänden, womit Sie ihn bestechen könnten,
wäre es wahrscheinlich nicht der Mühe wert. Wissen Sie,
bei ihm fehlt sogar die grundlegende Ehrlichkeit der ehrenhaften
Korruption – er bleibt nicht bestochen, um keinen
Betrag der Welt. Denken Sie sich etwas anderes aus.“
Devers schlug seine Beine übereinander. „Trotzdem
…“
Er unterbrach sich; denn das Türsignal blitzte, und der
Feldwebel stand wieder auf der Schwelle. Er war sichtlich
erregt.
„Sir“, begann er in einem mißglückten
Versuch, unterwürfig zu sein. „Ich bin Ihnen sehr
dankbar für den Kühlschrank, und Sie sind immer sehr
nett zu mir gewesen, obwohl ich nur der Sohn eines Bauern bin und
Sie große Lords sind.“
Sein Plejadenakzent war fast unverständlich geworden, und
in seiner Erregung gewann seine bäuerliche Abkunft die
Oberhand über seine im Laufe vieler Jahre sorgsam gepflegte
soldatische Würde.
Barr fragte ruhig: „Was ist denn los,
Feldwebel?“
„Lord Brodrig will Sie besuchen. Morgen! Ich weiß
es, weil mein Hauptmann mir gesagt hat, ich soll meine Leute
für morgen zur Parade bereithalten – für ihn. Ich
wollte – Sie warnen.“
Barr sagte: „Vielen Dank, Feldwebel, das ist sehr nett
von Ihnen. Aber es ist schon gut, Mann, Sie brauchen nicht
…“
Das Gesicht von Feldwebel Luk war von panischer Angst
gezeichnet. Seine Stimme war nur mehr ein
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