TS 39: Bürger der Galaxis
ihm leise erklärte, wer der Sprecherwar und was er sagte. Jetzt stand Jan Talibrand langsam auf. Auf seinem Gesicht gewitterte es.
„Wessen Bier?“ fragte er scharf. „Wessen Fleisch? Wessen Haus und Gastfreundschaft mißachten Sie?“
Der Mann auf dem Tisch blickte zu ihm herab und höhnte. „Versuchen Sie nicht, mich anzulügen, Rat Talibrand. Sie sind froh, daß Ihr Bruder tot ist, denn er war ein besserer Mensch als Sie es je sein werden.“
„Es ist besser, wenn Sie jetzt hier weggehen“, riet Braithwin Horn mit leiser Stimme. „Es wird einen Kampf geben.“ Und tatsächlich war Jan Talibrand ebenfalls auf den Tisch gesprungen und rief einem seiner Bediensteten zu, ihm ein Schwert zuzuwerfen. Dann stampfte er auf den Mann zu, der ihn beleidigt hatte. Einige der Anwesenden jauchzten und lachten, als freuten sie sich auf den bevorstehenden Kampf, andere verließen die Halle.
Obwohl Horn nicht geneigt war, sich als Feigling ansehen zu lassen, befolgte er Braithwins Ratschlag und verließ die Halle in dessen Begleitung. „Gehen Sie bis zum Abend auf Ihr Zimmer“, riet Braithwin stirnrunzelnd. „Die Sache könnte sich ausbreiten. Jan Talibrand ist nicht beliebt, und im Augenblick steht beinahe eine kleine Armee auf seinem Grund und Boden.“
Horn ging. Als er sich umblickte, sah er, daß die Türen der großen Halle von einer Gruppe von vier wild kämpfenden Schwertträgern aufgestoßen wurden, und er beschleunigte seinen Schritt.
Zuerst glaubte er, er hätte sich im Zimmer geirrt, als er es schließlich erreichte, denn eine gebeugte Gestalt in einem farblosen Gewand saß in einem der Sessel und sprach ihn mit der leisen Stimme einer alten Frau an. Er entschuldigte sich und wollte sich zurückziehen.
„Ich bitte um Entschuldigung, Mr. Horn“, sagte die alte Frau, „aber ich mußte mit Ihnen sprechen. Ich mußte mit Ihnen über meinen Sohn reden. Lars ist mein Sohn. Er ist tot!“
Sie suchte sich aus dem Sessel zu erheben. Schließlich gelang es ihr. Zum erstenmal fiel das Licht hell auf das Gesicht. Horn sah mit grenzenloser Überraschung, daß das Gesicht von Lars Talibrands Mutter blau war.
15. Kapitel
„Bitte!“ sagte die alte Frau flehend. „Bitte. Ich bin sehr alt, aber ich bin nicht verrückt.“
Horn trat langsam vor, setzte sich auf den Bettrand und sah sie an. Sie ließ sich langsam wieder auf den Stuhl zurücksinken und schloß dabei die Augen. „Ich habe nichts gesagt, Großmütterchen“, murmelte er, „bitte, erklären Sie sich.“
Sie tat es rasch, verwirrt und sich manchmal wiederholend, aber ihre Erzählung war einleuchtend.
Barg Talibrand, der Vater von Jan und Lars, war ein leidenschaftlicher Mann gewesen. Als seine Frau nach der Geburt Jans kränkelte, war er eines Tages zum Raumflughafen gegangen und hatte sich einen weiblichen Androiden ins Haus genommen.
Hier war etwas, was der Erklärung bedurfte. Horn hatte nie zuvor einen weiblichen Androiden gesehen. Während er versuchte, über die Geschichte der alten Frau ins klare zu kommen, ging ihm auf, daß es offensichtlich auch weibliche Androiden gab, die jedoch nur bis Creew’n Dith gebracht wurden. Die Erde hatte sie aus irgendeinem Grunde nie akzeptiert.
Als sein weiblicher Androide – der angeblich ebenso steril sein sollte wie die männlichen – empfing, war Barg Talibrand zuerst amüsiert gewesen. Dann hatte ihn das Seltsame an diesem Ereignis jedoch immer mehr gefangengenommen. Irgendeine abergläubische Erklärung war ihm von einem der Mitglieder eines entfernten Zweiges der Familie gegeben worden, einem Mann, der darin seine Chance gesehen hatte, die Macht in die eigenen Hände zu bekommen und damit den etwas einfältigen Barg.
So wurde die ganze Angelegenheit vor der Öffentlichkeit vertuscht. Barg wurde nun von dem Gedanken besessen, daß er verflucht sei und nicht etwa mit unglaublichen Zeugungskräften begabt. Schließlich war er im Wahnsinn gestorben.
Damals war Jan aber bereits alt genug, um den Besitz zu erhalten und die Parasiten zu verjagen, die es auf seinen Vater abgesehen hatten. Zu dieser Zeit aber war auch sein Halbbruder Lars alt genug, um ihn daran zu hindern, daß er diese alte Androidenfrau davonjagte, die in Wirklichkeit seine Mutter war, denn damals hatte er bereits von ihr diese Geschichte erfahren. Als Lars auf das Schicksal des Sohnes des Mannes stieß, der heute nachmittag Jan drunten in der großen Halle beleidigt hatte, hatte er natürlich die Erklärung für das Ganze
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