TS 52: Der Weltraumarzt und die Seuche von Dara
Wort zu sagen. Sie fühlte sich offensichtlich noch immer sehr unsicher, obwohl Calhoun sie nicht beachtete. Nur Murgatroyd schien sich über die Abwechslung zu freuen und blinzelte den unerwarteten Gast freundlich an.
Calhoun machte sich einige Notizen, schlug das Buch zu und suchte einige Mikrofilme heraus, um sich noch genauer zu informieren. Mit peinlicher Sorgfalt las er jeden Bericht über die von seinen Vorgängern festgestellten Verhältnisse auf den Planeten Weald und Dara. Leider war die Berichterstattung sehr vernachlässigt worden; deshalb fand er wenig Informationen über die Seuche, die einen großen Teil der Bewohner von Dara ausgerottet und die Nachkommen der Überlebenden gekennzeichnet hatte. Die Seuche war kurz nach einer Inspektion ausgebrochen und schon vor der nächsten Inspektion abgeflaut.
Normalerweise hätte trotzdem eine sorgfältige Untersuchung vorgenommen werden müssen, aber das war versäumt worden. Die Ursachen der Krankheit und ihre Folgen waren nicht untersucht worden. Möglicherweise hatte gerade zu dieser Zeit an einer anderen Stelle der Milchstraße ein Notstand geherrscht, und die Aufmerksamkeit der Gesundheitsbehörde war dadurch von der ohnehin nicht mehr gefährlichen Seuche abgelenkt worden. Calhoun konnte sich jedenfalls nur auf die Berichte über den zwölften Sektor verlassen, und diese Berichte waren leider mehr als dürftig.
Calhoun ignorierte das Mädchen völlig und beschäftigte sich ausschließlich mit seinen Studien. Jedes Inspektionsschiff führte genug Unterlagen mit, um einen regen Geist während der langen Reisen von Planet zu Planet mit ausreichendem Studienmaterial zu versorgen. Calhoun hatte sich in den langen Jahren seines Dienstes an diese Art der Beschäftigung gewöhnt und brauchte sich deshalb keine große Mühe zu geben, das Mädchen aus seinen Gedanken zu verbannen. Murgatroyd schien den blinden Passagier aber sehr sympathisch zu finden; er saß aufrecht neben dem Mädchen und beobachtete interessiert alle ihre Bewegungen.
Einige Stunden danach versuchte das Mädchen Calhouns Aufmerksamkeit zu erregen. Calhoun blickte auf und sah das Mädchen an.
„Und wie soll es nun weitergehen?“ fragte sie zaghaft.
„Sie sind ein blinder Passagier, und ich habe das Recht, Sie jederzeit auszusetzen. Ich halte das aber nicht für notwendig. Wir haben zwei Kabinen und können wohl einige Zeit miteinander auskommen. Sie können die Schlafkabine benutzen, während ich mich auf diesen Raum hier beschränken werde. Sie können sich jederzeit Mahlzeiten zubereiten; Sie wissen ja jetzt, wie einfach das ist. Wenn wir auf Orede landen, werden Sie ohnehin Ihre eigenen Wege gehen wollen, was immer das für Wege sein mögen. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.“
„Ich möchte Ihnen gern die wirklichen Gründe meiner Flucht mitteilen, aber …“
„Bitte.“
„Ich habe gestohlen. Die Polizei ist hinter mir her!“
Calhoun schüttelte den Kopf. „Das stimmt nicht. Wenn Sie wirklich gestohlen hätten, würden Sie das bestimmt nicht zugeben und eine andere Geschichte erfinden. Wenn Sie mir nicht die Wahrheit sagen wollen, brauchen Sie das nicht zu tun, aber verschonen Sie mich bitte mit billigen Ausreden. Legen Sie sich ins Bett und überschlafen Sie die Sache. Übrigens – die Tür hat kein Schloß, denn das Schiff ist nicht für zwei Personen gebaut worden. Klemmen Sie einen Stuhl unter die Türklinke, wenn Sie diese Vorsichtsmaßnahme für nötig halten.“
Das Mädchen stand langsam auf. Sie zögerte, als wollte sie etwas sagen, ließ es dann aber doch sein und ging in den anderen Raum. Calhoun hörte, wie sie einen Stuhl unter die Türklinke klemmte.
Murgatroyd blickte verständnislos auf die geschlossene Tür und kletterte dann auf Calhouns Schoß. Dann machte er es sich bequem und sah seinen Herrn fragend an.
„Sie gehört nicht zu den Bewohnern des Planeten Weald“, sagte Calhoun nachdenklich. „Die Bewohner dieses Planeten würden nichts mehr als eine Landung auf Orede fürchten. Dieses Mädchen würde aber selbst auf der verseuchten Welt Dara landen.“
Murgatroyd tat so, als verstünde er die Worte. Er liebte es, angesprochen zu werden und versuchte, mit seiner kleinen Stimme die menschliche Sprache nachzuahmen.
„Sie tut es aber nicht aus egoistischen Motiven“, fuhr Calhoun fort. „Anscheinend hält sie ihre Aufgabe für wichtiger als ihr Leben. Warum wohl?“
Murgatroyd blickte ihn verständig und interessiert an.
„Auf Orede muß es
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