TS 71: Flitterwochen in der Hölle
Sorgen um Sie. Seien Sie doch so nett und rufen Sie sie an. Wissen Sie die Nummer auswendig?“
„Natürlich! Es ist doch meine eigene – ich wollte sagen, die von Howard Wilcox.“
„Hören Sie auf, sich in grammatikalische Knoten zu verwirren und machen Sie, daß Sie ans Telefon kommen. Sie brauchen sich jetzt noch keine Geschichte auszudenken – dazu sind Sie viel zu durcheinander. Sagen Sie nur, Sie würden alles erklären, wenn Sie nach Hause kommen und daß Ihnen nichts zugestoßen sei.“
Er stand auf, wie einer, der einen sitzen hat und marschierte in Richtung Telefonzelle.
Ich ging zur Bar und ließ mir noch einen Drink geben.
Barney fragte besorgt: „Ist er …“
„Ich weiß es noch nicht genau“, antwortete ich. „Ich verstehe ihn selbst noch nicht ganz.“
Ich ging zu der Nische zurück, in der mein Marsianer bereits wieder saß.
Er grinste und sagte: „Sie war ziemlich erbittert. Wenn ich – Howard Wilcox – nach Hause gehe, dann muß ich schon eine ziemlich gute Geschichte auf Lager haben.“ Er nahm einen Schluck Bier. „Besser als die, die ich Ihnen erzählt habe.“ Er wurde menschlicher.
Aber dann packte es ihn wieder. Er starrte mich an. „Ich sollte Ihnen lieber erzählen, wie es von Anfang an war … Ich war in einem Zimmer in der Stadt Skar auf dem Mars eingesperrt. Ich weiß nicht, warum sie mich eingesperrt hatten, aber sie hatten es jedenfalls getan. Ich war hinter Schloß und Riegel. Dann brachten sie mir lange Zeit nichts mehr zum Essen. Ich hatte solchen Hunger, daß ich einen Stein aus der Wand löste und mir einen Weg durch die Tür kratzte. Ich war dem Verhungern nahe, denn ich hatte drei Tage – Marstage, also etwa sechs Erdtage – gebraucht, um mich zu befreien. Ich lief lange herum, bis ich ein Lebensmittellager gefunden hatte. Dort war niemand und ich aß, was ich fand. Und dann …“
„Erzählen Sie ruhig weiter“, sagte ich. „Ich höre zu.“
„Ich kam aus dem Gebäude heraus und sah, daß alle im Freien lagen. Tot, verfault.“ Er bedeckte die Augen mit der Hand. „Ich schaute auch in einige Häuser. Ich weiß nicht, was ich eigentlich dort suchte, aber keiner war in einem Gebäude gestorben. Sie lagen alle im Freien und keiner von ihnen war zusammengeschrumpft, das heißt, daß sie nicht an Kryl gestorben sind.
Dann stahl ich den Targan – eigentlich habe ich ihn gar nicht gestohlen, denn es war ja niemand da, dem ich ihn hätte stehlen können – und machte mich auf die Suche nach jemand, der noch am Leben war. Außerhalb der Städte war es ganz ähnlich – überall lagen die Leute tot vor ihren Haustüren. Auch in Undanel und Zandar.
Habe ich Ihnen schon erzählt, daß Zandar die größte Stadt, die Hauptstadt ist? Im Zentrum dieser Stadt befindet sich ein großer freier Platz, das Stadion von mehr als zwei Quadratkilometern Fläche. Alle Bewohner von Zandar waren dort – so sah es jedenfalls aus. Drei Millionen Leichen, alle auf einem Platz, als ob sie sich dort versammelt hätten, um dort gemeinsam zu sterben. Als ob sie gewußt hätten, was sie erwartete.
Ich sah sie aus der Luft, als ich über die Stadt flog. In der Mitte des Stadions bemerkte ich auf einer Plattform etwas Seltsames. Ich ging tiefer und ließ den Targan – er gleicht euren Helikoptern – über der Plattform schweben, um zu sehen, was es dort gab. Es war eine Art Säule aus massivem Kupfer. Kupfer ist auf dem Mars soviel wert wie Gold auf der Erde. Ein von kostbaren Edelsteinen umgebener Knopf war am unteren Ende der Säule eingelassen. Ein Marsianer in blauer Kleidung lag am Fuße der Säule, direkt unter dem Knopf – als hätte er ihn gedrückt und sei dann gestorben. Und alle anderen mit ihm. Jeder Marsianer, außer mir.
Ich landete neben der Plattform, stieg aus und drückte den Knopf. Ich wollte ebenfalls sterben – die anderen waren alle tot und ich wollte es auch sein. Aber ich starb nicht! Ich fuhr in einer Straßenbahn auf der Erde und hieß …“
Ich gab Barney ein Zeichen.
„Hören Sie gut zu, Howard“, sagte ich. „Wir werden jetzt noch ein kleines Helles trinken und dann machen Sie sich besser auf die Socken zu Ihrem trauten Eheweib. Sie wird Ihnen sowieso ganz schön die Leviten lesen und je später Sie eintrudeln, desto schlimmer wird es. Wenn Sie es ganz schlau anfangen wollen, dann kaufen Sie ihr noch eine Schachtel Pralinen oder ein paar Blumen und denken sich noch ein schönes Märchen aus, bis Sie zu Hause sind. Aber nicht das, welches
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