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TS 75: Einzelgänger des Alls

TS 75: Einzelgänger des Alls

Titel: TS 75: Einzelgänger des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredric Brown
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folgende erwartet haben müssen, doch dem war nicht so. Daher schockierte ihn auch der Kuß auf seine Lippen zutiefst.
    Aber er saß starr da, bewegte sich nicht und sagte keinen Ton, obwohl er hätte fluchen mögen. Dann hörte er, wie sie zum Hauptschalter des Psychers schritt und ihn abschaltete. Hörte in der tiefen Stille nach dem plötzlichen Abbruch des stetigen Summens, wie sie zur Tür ging, sie öffnete und wieder schloß.
    Erst dann, Minuten später, als er sich nähernde Schritte vernahm, erinnerte er sich und zwang sich, entspannt in den Stuhl zu sinken und langsam und tief zu atmen.
    Nach ihren Schritten und nach der Art und Weise, in der sie ihn behandelten, konnte er schließen, daß es sich diesmal nur um zwei Wachen handelte. Langsam hoben sie ihn aus dem Stuhl und legten ihn auf die Bahre. Eine Weile wurde er getragen, hatte das Gefühl eines abwärtsgleitenden Fahrstuhls, wurde wiederum getragen und rollte dann von der Bahre auf ein Bett.
    Crag hörte, wie sie ihn verließen.
    Seine schmerzenden Muskeln machten es ihm schwer, so lange regungslos liegenzubleiben, aber er zwang sich dazu. Dann öffnete er die Augen und setzte sich, als er, sicher war, daß sich niemand im Raum befand, auf den Bettrand. Er rieb sich gedankenversunken die Schultern, als plötzlich eine Krankenschwester in der Tür stand.
    „Schon besser?“ fragte sie freundlich.
    Crag erhob sich und zuckte leicht zusammen. „Mein ganzer Körper schmerzt“, sagte er. „Was ist geschehen? War es ein Unfall? Wie kam ich hierher?“
    Sie lächelte. „Es ist alles in Ordnung – und Ihre Fragen werden gleich beantwortet werden. Oder wollen Sie nicht lieber noch etwas ruhen?“
    Er zwang seine Stimme, unsicher zu klingen. „Ich bin soweit ganz okay, glaube ich.“ Er blickte an sich hinunter und gab vor, überrascht zu sein. „Sind das nicht – Gefängniskleider? Bin ich …?“
    „Es ist alles in Ordnung. Sie können hier weg, sobald man Ihnen alles erklärt hat. Und wegen der Kleider …“ Sie kam herein und öffnete einen kleinen Schrank. Eine Hose und ein Hemd hingen auf einem Kleiderhaken, und darunter lag ein Paar Sandalen. „Sie können dies anziehen. Falls ich Ihnen dabei behilflich sein soll …“
    „Danke“, sagte Crag bestimmt. „Aber wenn ich mich duschen könnte, würde es mir guttun.“
    Sie nickte und wies auf eine andere Tür.
    Als Crag fertig war, öffnete er die Tür zum Korridor und warf mit vorgetäuschter Unsicherheit einen Blick hinaus.
    Die Schwester saß nicht weit von ihm entfernt hinter einem Pult und sah auf, als sie ihn vernahm. Wieder lächelte sie und winkte ihm, zu ihr zu kommen.
    „Nun, fühlen Sie sich schon wohler?“ fragte sie. „Sie sehen jedenfalls vielbesser aus.“
    „Danke, ganz gut“, antwortete Crag. „Aber ich habe immer wieder versucht, mich an Vergangenes zu erinnern, doch ich kenne weder meinen Namen, noch irgend etwas anderes.“
    „Beunruhigen Sie sich nicht. Es ist alles in bester Ordnung. Ich bringe Sie jetzt zu Dr. Gray.“
    Wenige Minuten später empfing sie ein rundgesichtiger Mann mit den Worten: „Treten Sie ein, Crag.“ Crag folgte ihm in das Büro und nahm auf dem angebotenen Stuhl Platz.
    Er sagte: „Sie nannten mich Crag, Doktor. Ist das, mein Name?“
    „Ja. Wollen Sie eine Zigarette, Crag?“ Crag nahm eine entgegen, und der Doktor beugte sich über den Tisch und bot ihm Feuer an.
    „Sie heißen Crag“, meinte er, „bis Sie sich entschließen, Ihren Namen zu ändern. Das ist Ihr gutes Recht. Sehen Sie, Crag, Sie waren ein Verbrecher, und daher war es notwendig – um Sie für die menschliche Gesellschaft geeignet zu machen –, die Erinnerung an Ihre Persönlichkeit und Ihre Verbrechen zu löschen.“
    „Was für ein Verbrecher war ich? Was machte ich?“
    „Es ist besser, wenn ich Ihnen diese Fragen nicht beantworte, Crag. Sie sollten sich auf die Zukunft konzentrieren und nicht auf die Vergangenheit. Insbesondere jetzt, wo Vergangenes nichts mehr bedeutet. Welche Verbrechen Sie auch immer begingen, jetzt sind sie gestrichen und vergessen. Und Sie brauchen kein Schuldgefühl zu haben, denn Siehaben nichts mehr mit der Person gemein, die jene Vergehen begangen hat. Sie können von neuem beginnen, und der Gesellschaft schulden Sie nichts.“
    Crag nickte. „Ich verstehe, Doktor.“
    Der mondgesichtige Mann blickte kurz auf eine vor ihm liegende Karteikarte. „Sie haben einerseits sogar Glück. Sie besitzen keine noch lebenden Verwandten, also

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