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TS 83: Der Mann, der ein Roboter war

TS 83: Der Mann, der ein Roboter war

Titel: TS 83: Der Mann, der ein Roboter war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schenk
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mir schon viel von Ihnen erzählt.“
    „Nanu? Ich bin mir gar nicht so vieler Schlechtigkeiten bewußt.“
    Annette Lembeck lachte. „So schlimm ist es gar nicht, was wir Frauen erzählen, wenn wir unter uns sind. Wie komme ich denn zu so viel unerwarteter Freude? Wie geht es Ihnen? Wie geht es Joans Vater?“ fragte sie, ernster werdend.
    „Gerade deswegen rufe ich Sie an, Doktor Lembeck. Bitte, schweigen Sie über unser Gespräch bis – übermorgen. Sie könnten mir und den Corells entscheidend helfen. Wollen Sie?“
    „Aber natürlich. Worum geht es denn?“
    „Lachen Sie mich nicht aus, Doktor Lembeck! Ich brauche eine genaue wissenschaftliche Abhandlung über das Lachen. Ja, Sie haben richtig gehört! Von der Definition des Begriffs bis zu den Ursachen und Auswirkungen. Es genügt ein allgemeiner Überblick mit besonderem Schwergewicht auf die Hypothese von Henry Clark über die Maqui. Werden Sie das bis übermorgen schaffen?“
    „Hm? Ja, ich glaube, ich kann es schaffen“, antwortete die Psychologin nachdenklich. „Aber warum fragen Sie nicht einfach ein Alpha- oder Betagehirn?“
    „Weil diese Positronengehirne nur Fakten sammeln und verwerten. Ich möchte, daß auch die unbestätigten Thesen und Hypothesen sowie die neuesten Erkenntnisse mitverwertet werden, die den Gehirnen noch nicht eingespeist sind“, erklärte Keith freundlich. „Das schließt aber nicht aus, daß Sie die Gehirne, sooft Sie wollen, konsultieren können. Die Kosten spielen keine Rolle, Doktor Lembeck. Berufen Sie sich nur auf mich.“
    „Ach, Unsinn, Kosten“, unterbrach sie impulsiv. „Um die Kosten geht es nicht, aber um die Zeit. Ich werde mich heute abend noch an die Arbeit machen.“
    „Danke, Doktor Lembeck! Ich hoffe, ich kann das gelegentlich einmal wiedergutmachen.“
    Keith überließ Joan das Gespräch und gab Betty per Unikom die entsprechenden Anweisungen.
     
    *
     
    Die Glaswände der Terrasse standen weit offen und ließen ungehindert die milde Abendluft herein. Irgendwo in den Baumspitzen saß eine Amsel und sang ihr Abendlied.
    Joan hatte sich einen Hygrosom auf die Terrasse bringen lassen. Keith saß zu ihren Füßen in einem Schaukelstuhl. Sie schwiegen beide und rauchten.
    … wir vermuten, daß diese Eigenschaft absolut rassespezifisch ist … einzig die Menschen sind imstande, diesen teils chaotischen, teils harmonischen Zustand zu erleben … Blitzableiter für statische parapsychologische Energien … Keith erinnerte sich Bettys Ausführungen Wort für Wort.
    Ein Humanoid lacht nicht von selbst. Er vermag Humor und Witz als solchen zu erkennen, und seine Verhaltensschablone schreibt ihm den jeweils passenden Grad von Heiterkeit vor. Keith dachte an Bettys rätselhaftes Lächeln. Ein Lächeln, undefinierbar wie das der Mona Lisa oder das einer Sphinx. Ob es verhaltensbestimmt war?
    Er dachte an jene Situationen, in denen er das Bedürfnis hatte zu lächeln. War das die Wirkung einer Schablone? Echtes, eigenes Bedürfnis in ein positronisches Sieb geprägt, in einen künstlichen Selektivsektor?
    Es war kaum vorstellbar.
    Keith versuchte sich krampfhaft der Witze zu erinnern, die ihn in seiner Studienzeit zu schallendem Lachen angeregt hatten. Sie waren nicht vorhanden in dem, was er seine Informationsbank nannte. Sie waren vergessen, wie alles, was er vor dem Unfall erlebt hatte. Sein Wissen war ihm künstlich eingespeist worden, seine Namen, seine Lebensdaten, seine stückweisen ,Erinnerungen’. Was er heute über seine Vergangenheit ,wußte’, hatte er nachträglich seinem Gedächtnis einverleibt, wie man ein Mosaik einordnet. Und es waren keine Bilder, sondern lediglich Fakten. Trockene Zahlen und Fakten, die er nie wieder vergessen konnte.
    Vergessen … Auslöschen einer Information. Das gab es nicht mehr, solange seine Speicherkapazität neuen Informationen Platz bot. Keith verspürte eben dieses Bedürfnis zu lächeln, als er daran dachte, daß er selbst es durchgesetzt hatte, daß allen Modellen ab ZZ 93 die doppelte Kapazität gegeben wurde. Dreihundert Kubikzentimeter Speicherkerne, und jeder Kubikzentimeter davon vermochte mehr als 2,5 mal 10 12 Informationen zu speichern. 750 Billionen einzelne Informationen! Wann mag ein Humanoid wohl anfangen zu ‚vergessen’?
    Morgen würde der Prozeß beginnen. Er würde Antworten auf viele Fragen bringen. Nur nicht auf eine. Nicht auf die Frage, die sich Keith mit solcher Intensität stellte, daß er fast fürchtete, sie müsse sich unlöschbar

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