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TS 99: Exil auf Centaurus

TS 99: Exil auf Centaurus

Titel: TS 99: Exil auf Centaurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Algis Budrys
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der tote feindliche Soldat sah aus, als wäre nie Leben in ihm gewesen. Zuviel Staub lag auf ihm. Kleinkalibrige Patronen bedeckten den Boden, die Wände hatten Sprünge.
    Hammil kam gerade ins Zimmer zurück. Er stieß einen feindlichen Offizier vor sich her. Michael Wireman schaute die beiden neugierig an.
    Der Fremde war groß, schlank, mit eingefallenen Wangen und hohen Backenknochen. Er hatte eine sandfarbene Haut, gekräuseltes braunes Haar, braune Augen und ein spitzes Kinn. Er ging schnell genug, um Hammils Stößen nach Möglichkeit auszuweichen, ohne jedoch den Eindruck zu erwecken, daß er es deshalb tat. Im Zimmer blieb er stehen und drehte sich um.
    Hammil, die Hände in die Hüften gestemmt, grinste ihn an. „Kennen Sie mich?“ bellte er mit vor Aufregung schriller Stimme.
    „Sie sind Franz Hammil“, antwortete der andere ruhig. „Ich erinnere mich an Sie.“
    Hammils Grinsen verstärkte sich. „Und woher kennen Sie mich?“
    „Ich bearbeitete Ihren Klassifizierungs-Test vor acht Jahren.“
    „Sie glaubten wohl, mich nie wieder zu sehen?“
    „Das war mir ganz gleichgültig.“
    Hammil schlug ihn. Der Offizier schien es erwartet zu haben. Er zuckte nicht zurück.
    Potter und Ladislas kamen leise ins Zimmer und stellten sich neben Michael Wireman. „Was ist da los?“ flüsterte Potter.
    „Irgend etwas wegen eines Klassifizierungs-Tests, ich weiß auch nichts Genaues.“ Michael Wireman zitterte vor Wut.
    „Oh.“ Das kam von Ladislas. „Er hat seinen Mann gefunden.“
    Sowohl Hammil als auch sein Gegenüber widmeten einander ungeteilte Aufmerksamkeit.
    „Sie kontrollierten meinen Klassifizierungs-Test“, kreischte Hammil. „Sie kontrollierten ihn, kaum aus der Militärschule entlassen. Sie bearbeiteten Klassifizierungs-Tests früherer Offiziere mit doppelt, was heißt doppelt, zehnmal mehr Erfahrung als Sie!“
    „Ja, das tat ich. Ich erinnere mich, daß Sie für vollkommen unfähig befunden wurden, ein Kommando zu übernehmen.“
    Niemand zeigte sich überrascht, als Hammil ihn ein zweites Mal schlug.
    „Sie taten es. Sie taten es, und sind Sie noch immer derselben Meinung?“
    „Niemandem steht eine Beurteilung dieser Tests zu, aber ich sage trotzdem, daß sie sich als richtig erwiesen haben.“
    Hammil schlug ihn wieder, und gleichzeitig fand Ladislas es für notwendig. Michael Wireman das Gewehr aus der Hand zu nehmen.
    „Sie haben wohl angenommen, daß ich nicht weiß, wo Sie sind, nicht wahr? Sie wähnten sich in Sicherheit!“
    „Ich wußte, wo Sie waren, und sehe keinen Grund, warum es nicht auch umgekehrt sein könnte.“
    Vielleicht begann Hammil zu verstehen, daß der Feind ihn absichtlich reizte. Hammil starrte ihn an. „Machen Sie sich lustig über mich?“
    „Ein wenig.“
    Ein Schauer durchlief Hammils Körper. Er wurde feuerrot. „Bringt ihn ‘raus!“ schrie er.
     
    *
     
    Sie hatten ihre Toten begraben und die zerlegte Kanone samt vorgefundener Munition auf den Rücken einiger Männer verstaut.
    „Welche Bewandtnis hat es mit diesen Klassifizierungstests?“ fragte Michael Wireman. „Was ist das?“
    Potter antwortete: „Das administrative System des Feindes sieht vor, jeden auf Eignung zu testen. Die Leute werden dann dementsprechend eingeteilt, jeder verrichtet Arbeiten, die ihm am meisten liegen. Ein Mensch, der eine Arbeit hat, die ihn freut, wird zufrieden sein. Eine zufriedene Bevölkerung wird nicht rebellieren. Hammil verlangte einen Test auf militärische Eignung. Dem Gesetz nach steht es jedem frei, sich auf irgendeine Eignung testen zu lassen. Das Ergebnis kennen Sie ja.“
    „Ja. Er versuchte also, Offizier der feindlichen Armee zu werden.“
    „Und entsprach nicht“, setzte Ladislas fort. „Deshalb flüchtete er in die Berge.“
    Plötzlich summte etwas am Himmel. Michael Wireman schaute hinauf. Flugzeug, dachte er, und überlegte, ob der Feind wohl Möglichkeiten habe, den Boden von derartiger Höhe aus genau zu beobachten.
    Einen Augenblick lang sah man das Flugzeug als glänzenden Punkt in den Wolken, im nächsten war es schon unter ihnen. Golden, speerförmig, pfeifend raste das feindliche Flugzeug auf sie zu.
    Sie liefen in allen Richtungen auseinander: einige in die Wälder und damit in Sicherheit; einige in das Blockhaus, dessen Dach durch eine Serie von Treffern explodierte.
    Michael Wireman, durchs Gebüsch kriechend, sah eine Anzahl von Raketen über den Rasen schlittern, die zuerst wie Wachposten dastanden und dann explodierten.

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