Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tschoklet

Titel: Tschoklet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Pflug
Vom Netzwerk:
von Neureut stand mal wieder ein obligatorischer Kontrollposten, der beim Anblick der Amerikaner das Gewehr auf sie richtete und diese hier nicht passieren lassen wollte. Der wachhabende Offizier verweigerte trotz offiziellem Passierschein die Weiterfahrt.
    »Pardonnez moi {20} , aber Sie sind hier nicht erwünscht! Fahren Sie woanders hin! Nicht hier entlang!« Der Posten machte eine wegscheuchende Handbewegung.
    Edwards lehnte sich an Vickers vorbei zum Fahrerfenster hinüber.
    »Was soll das heißen, nicht erwünscht? Wir haben eine offizielle Erlaubnis!«
    »Ja, Monsieur, ich weiß. Nur momentan dürfen Sie nicht in den Ort. Amerikaner sind nicht erwünscht! Kehren Sie bitte um.«
    »Moment mal …«
    Der Franzose hob sein Gewehr und zielte auf Edwards. »Vite, vite!« {21}
    Vickers schaltete in den Rückwärtsgang und holperte langsam rückwärts. Die notdürftig und in aller Hektik reparierte Laufrolle gab erneut ein lautes, ungesundes Knarzen und Knacken von sich. Um sie nicht erneut zu ruinieren, hielt er an, schlug stattdessen das Lenkrad ganz nach links ein und wendete das Halbkettenfahrzeug vorwärts über die Gegenfahrbahn und einen angrenzenden Holzgartenzaun vor einem der ersten Häuser des Ortes. Durch das Gewicht der Ketten und des Fahrzeugs wurden dessen Holzlatten dreißig Zentimeter tief in den weichen Boden gedrückt. Dann trat er wütend das Gaspedal bis zum Boden durch und rasselte mit aufbrüllendem Motor und inmitten von im hohen Bogen davonfliegenden Erdbrocken wieder die Straße hinunter, zurück nach Eggenstein.
    Piece folgte mit dem Dodge in einiger Entfernung. Kurz vor der Einmündung der Straße von Hagsfeld blieben die Scouts in einer abfallenden Linkskurve stehen, um sich zu beratschlagen. Unmittelbar neben der Straße, hinter einigen verwitterten Grenzsteinen aus Granit, fiel das Gelände um einige Meter tief ab in einen trockenen, verwilderten Altrheinarm, der mit efeuumrankten Eichen, Pappeln und Akazien extrem dicht bewachsen war. Brusthohe Brennnesseln wuchsen überall dazwischen. Rechts von ihnen lagen hinter weiß blühenden Büschen ein paar verwitterte Gewächshäuser, ein kleines Wohngebäude und ein maroder, weiß getünchter Schornstein. Zwischen ihnen und der Gärtnerei lagen die verlassenen und halb überwachsenen Gleise der Rheintalbahn.
    Edwards, der als Erster aus der stehenden M3 sprang, kochte vor Wut. Er trat wütend gegen einen am Straßenrand liegenden Steinbrocken, Sekunden später brüllte er vor Schmerzen und hob den gestauchten Fuß in die Luft. Der Steinbrocken war lediglich das sichtbare obere Ende eines abgebrochenen Grenzsteins, dessen Oberteil weiter unten an der Böschung lag und schon halb von stacheligen Brombeeren überwachsen war.
    »Verdammter Mist! Was machen wir denn jetzt? Wieso lassen uns die Frenchys nicht in den Ort?« Er humpelte zum Dodge und schlug mit der Faust auf die heiße Motorhaube.
    Corporal Roebuck faltete gerade grinsend eine Landkarte auseinander.
    »Machen Sie sich über mich lustig?«
    »Nein, Sir.« Roebuck feixte noch immer. »Der Stein tut mir leid. Er kann doch nichts dafür.«
    Edwards zündete sich kopfschüttelnd eine Lucky Strike an und paffte den Rauch in den Himmel. Dann lächelte er plötzlich. Mit einem engelsgleichen Ausdruck im Gesicht sah er den Unteroffizier an.
    »Manchmal bin ich … Ach, vergessen Sie es!« Er wandte sich wieder ab.
    »Ich weiß, Sir. Von einem Kindergarten umgeben.« Roebuck schnipste mit dem Zeigefinger eine kleine grüne Heuschrecke weg, die sich auf dem Türrahmen niedergelassen hatte, dann beugte er sich wieder über die Karte. »Sir, hier auf der rechten Seite muss ein kleiner Feldweg sein, der nordwestlich um Neureut herumführt. Wir würden dann mitten im Ort wieder auf die Hauptstraße kommen.«
    »Tatsächlich? Zeigen Sie mal!« Edwards riss die Karte zu sich, um sie anschließend um hundertachtzig Grad zu drehen. Neugierig studierte er das Straßennetz.
    Roebuck zeigte mit einem am hinteren Ende zerkauten Bleistift auf die aktuelle Position und deutete auf eine dünne, kaum erkennbare doppelte gestrichelte Linie auf der Karte, die sich in westlicher Richtung, in einem lang gezogenen rechten Winkel, zur Ortsmitte von Neureut wand.
    »Fantastisch, Roebuck! Die hätte ich glatt übersehen. Ich dachte, diese Art von Linie wäre eine Ortsgrenze?«
    »Nein, Sir. Das sind unbefestigte Feld- oder Waldwege. Schauen Sie mal da runter in den Wald. Das da unten sieht eindeutig nach einem

Weitere Kostenlose Bücher