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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Intensität menschliche Gefühle fähig sind, aber sie betonte es immer wieder. Nun liegt sie ebenfalls in der Kältekammer. Sie wird noch einmal dreißig Jahre dort verbringen müssen – bis zu unserer Rückkehr.«
    »Und sie sagte, daß sie auf mich warten würde?« fragte Nig betont.
    »Sie sagte es zu wiederholten Malen«, antwortete die Gorgoyne.
    »Gut«, sagte Nig und starrte auf den winzigen Punkt, der weit vor dem Schiff neben der Sonne glänzte. Es war der Planet, die Zweite Welt. Wieder griff die Angst nach Nig. Er kniff die Augen zusammen und starrte den Punkt an. Es war wie eine freundliche Kerzenflamme in einer grauenhaften Dunkelheit. Der Weg dorthin war noch so weit ...
    »Wieviel Stunden sind es noch bis zur Landung?« fragte Nig halblaut, und Gorgoyne antwortete sofort.
    »Noch fünfunddreißig Raumstunden. Dann setzen wir zur Landung an.«
    Sechs Stunden später hatten die Geräte wieder zu tun. Die Taster zauberten Bilder auf Fotopapier. Abzüge wanderten durch Transportschächte bis zu den Speicherlinsen der Gorgoyne und bis zu Nig, der auf der Kante seines Lagers saß und die Blätter ansah. Jetzt waren bereits deutliche Einzelheiten zu erkennen.
    Die Städte, von Fernkameras erfaßt, glänzten in der Morgensonne der Zweiten Welt. Lange Schatten machten die Fotos plastisch und deutlich. Es waren Riesenstädte, harmonisch in die Natur eingegliedert.
    Wie Bausteine, von der Hand spielender Kinder in eine Wiese geworfen, standen die Klötze der Hochbauten inmitten von Wäldern. Flußläufe glitzerten silbern, und die Farben dunkelblauer Seen unterbrachen das Grün. Kühne Brücken schwangen sich über Straßen und Kanäle. Die Schatten hoher Türme lagen über den Plätzen.
    »Es scheint eine organische, ziemlich alte Kultur zu sein«, murmelte Nig.
    »Du hast recht. Ich stellte fest, daß auch die Sprache derjenigen ähnelt, die wir verwenden.«
    »Wie hast du das entschlüsselt?« fragte Boyn, sichtlich beeindruckt.
    »Meine Speicher verglichen Funkgespräche zwischen Bodenstellen und Fahrzeugen mit unserer Terminologie. Ich versuche gerade, den fremden Satzbau zu dechiffrieren. In einer Stunde weiß ich mehr. Soll ich dich wecken?«
    »Selbstverständlich. Ich möchte ferner, daß du mir jeweils sagst, wieviel Stunden oder Stundenteile wir noch bis zu den Landemanövern haben!«
    »Gut«, sagte Gorgoyne.
    Während Nig seinen letzten Schlaf vor der Landung schlief, arbeiteten die Maschinenblöcke unermüdlich, die Speicher und die Reglerautomaten der Maschine mit Namen Paramech, die in Wirklichkeit nichts anderes als das erste Sternenschiff der Ersten Welt war. Jetzt standen die einzelnen Begriffe des großen Wagnisses kurz vor ihrem Ende.
    Niemand, außer Nig Boyn und der Gorgoyne, wußte es.
    Erst vier Tage, bevor sich das Schiff anschickte, eine Landebahn um die Erste Welt einzuschlagen, würde man von dem Erfolg dieses Fluges wissen. Milliarden von Zellen arbeiteten ständig, um Paramech durch den Raum zu leiten. Das Schiff trieb mit abgeschalteten Lichtmaschinen ohne Beschleunigung dahin, in einer weiten Kurve, deren Endpunkt gleichzeitig der Anfang einer Landespirale sein würde.
    Immer größer wurde der Planet, immer zahlreicher kamen die Informationen, die von den hin und her huschenden Strahlen eingesammelt wurden. Langsam rundete sich das Bild der Zweiten Welt ab.
    Nig Boyn schlief.
    Er träumte. Wirr wie seine Gedanken während des Wachens, waren auch die Träume. Er war kein Mensch, der sich im All wohlfühlte. Ihm fehlte der feste Boden, der ihm das Gefühl der Sicherheit vermittelte. Die Furcht zauberte Dinge aus dem Unterbewußtsein, die sonst nie hervortraten.
    Er sah den Körper des Mädchens steif und weiß in der Kammer zwischen Gitterrosten liegen und warten, fast tot, jenseits des blühenden Lebens. Dann erschienen Organigramme von Paramech, und die Teile, die in sprühenden Funken verbrannten, wurden rot und weiß und verglühten dann – Unersetzliches ging verloren. Paramech überschlug sich und stürzte haltlos der Welt entgegen. Während sich das Schiff in die Luft des Planeten fraß, irrte Nig durch endlose Korridore und kroch entlang dicker Kabelstränge hinaus aus dem Schiff. Aber da war keine Tür.
    Schließlich sah er sich selbst, wie er sich zusah, durch die Gänge irrend und gleichzeitig zeichnend, wie er durch die Tunnels lief. Endlich löste sich eine Konsole von einem Maschinenoberteil und erschlug ihn, während seine Füße in einem zähen Brei steckten. Ein

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