TTB 102: Die Wächter der Sternstation
wenigen, die ihren freien Tag hatten – sich auf die Suche nach weiteren Exemplaren machen mußten. Ich bin wirklich überrascht, daß sie trotz dieser Schwierigkeiten überlebt haben, obwohl sie nicht einmal über richtige Waffen verfügen!«
»Keine Waffen?« fragte Conrad verwundert. »Aber was ist denn mit den Geräten, die benutzt wurden, um Jaspers Leiche zu verbrennen – die Hitzestrahler? Das waren doch Waffen!«
»Maxall sagt, daß sie ursprünglich nicht für diesen Verwendungszweck vorgesehen waren. Vor langer Zeit wurden einige Geräte umgebaut, die zum Schmelzen oder Schweißen von Metall gedient hatten. Sie erwiesen sich als unersetzlich, verbrauchen aber sehr viel Energie, die aus Sonnenbatterien stammt. Und diese Batterien sind rasch erschöpft. Außerdem sind die Geräte schwer zu handhaben – du hast selbst gesehen, wie die Männer sich damit abmühten.«
»Noch etwas«, meinte Conrad nach einer Pause. »Ich meine, noch einen anderen Grund, weshalb sie sich nicht übermäßig begeistert gezeigt haben. Sie haben Angst.«
Wieder eine Pause, diesmal erheblich länger. Dann sprach Yanderman weiter. »Du bist gar nicht dumm, Conrad. Kannst du dir vorstellen, warum sie Angst haben?«
»Zuerst dachte ich, sie seien nur wegen Jasper so erschrocken«, erklärte Conrad. »Nestamay sagte mir den Grund dafür, daß er sofort sterben mußte, und es klang schrecklich. Aber dann überlegte ich mir, daß die Sache noch einen anderen Grund haben müsse. So wie ich es verstanden habe, soll diese Alarmanlage sie warnen, wenn ein Ding erscheint; und Jasper hat sie außer Betrieb gesetzt. Wenn man sein ganzes Leben lang daran gewöhnt ist, vor jeder Gefahr gewarnt zu werden, muß es ziemlich schrecklich sein, wenn der Alarm einmal ausbleibt.«
»Ja, richtig«, stimmte Yanderman zu. »Aber ich glaube, daß der wahre Grund anders aussieht. Sie sind nicht vor uns gewarnt worden, oder? Als wir plötzlich auftauchten, zeigte keine Alarmanlage unser Kommen an.«
Conrad holte tief Luft. »Halten sie uns etwa für gefährlich?«
»Versuche dich doch einmal in ihre Lage zu versetzen. Du hast dein ganzes Leben an diesem Ort hier verbracht und alle persönlichen Interessen dem Wohl der Gemeinschaft untergeordnet. Du hast nie einen Fremden zu Gesicht bekommen – wenn man von den Neugeborenen absieht. Obwohl deine Eltern dir von wunderbaren Reisen zu fremden Planeten erzählt haben, hast du den Schatten dieser gewaltigen Kuppel nie verlassen. In deiner Existenz gibt es nur einen unberechenbaren Faktor – ab und zu erscheint ein Ding und muß vertrieben oder getötet werden.
Maxall sagt, daß sie in Abständen von zwei oder drei Tagen auftauchen. Früher kamen sie häufiger; manchmal sogar in ganzen Schwärmen, die schwer zu bekämpfen waren. Seiner Schilderung nach hat einer seiner Vorfahren dem ein Ende gesetzt, aber dabei ging ein Teil der Fläche unter der Kuppel an die Pflanzen verloren. Jedenfalls war das noch das geringere von zwei Übeln, denn in dem Jahr vorher hatten einige unersetzliche Spezialisten das Leben verloren.
Du hast geschlafen, als wir darüber sprachen, glaube ich ...«
Conrad gab offen zu, daß Yanderman richtig vermutet hatte. Dann stellte er eine Frage. »Du bist also der Meinung, daß sie deshalb Angst vor uns haben, weil wir durch unser Erscheinen eine Situation verändert haben, der sie sich angepaßt hatten?«
»Genau. Noch etwas. Diese Leute leben hier seit Jahrhunderten vollkommen isoliert und erfüllen eine bestimmte Aufgabe, auf die sie ihre ganze Energie konzentrieren. Dabei sind sie einer Lösung noch nicht näher als am Anfang, denn sie müssen sich darauf beschränken, das Problem unter Kontrolle zu halten. Und jetzt beweist unser Kommen, daß die Welt sich weiterentwickelt hat; alles hat sich verändert. Vielleicht ist ihre Pflichttreue unterdessen längst überflüssig. Vielleicht stellt sich heraus, daß sie vergebens gelitten haben.«
»Trotzdem waren sie aber recht höflich«, murmelte Conrad. »Sie schienen sich bewußt Mühe zu geben.«
Yanderman lachte spöttisch.
»Aber ...« Conrad suchte nach Worten. »Hat es denn hier noch nie jemand gegeben, der das konnte, was ich kann? Jemand, der ähnliche Visionen hatte, meine ich.«
»Nein, anscheinend nicht. Maxall hat mir erklärt, daß hier im Augenblick nur noch eine Handvoll verschiedener Familien leben. Jasper war zum Beispiel nur deshalb nicht schon längst bestraft worden, weil er der letzte Überlebende einer
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