TTB 108: Die Pest kam von den Sternen
Schwierigkeiten würden sich verdoppeln, wenn wir zur gleichen Zeit gegen General Burke zu Felde ziehen müßten. Der General ist ein zäher Bursche, was ihn im Kampf zu einem Helden macht, aber leider hat er die Neigung, sich auch in die Politik mischen zu wollen. Er ist viel zu klug, um einen Alleingang zu unternehmen. Bis jetzt ist er nur der Sprecher einer kleinen Gruppe von Extremisten, die in die ›Perikles‹ vordringen möchten, und die Nachrichtenagenturen arbeiten mit uns zusammen, um die Gruppe nicht zu Wort kommen zu lassen. Die Lage würde sich für Burke natürlich mit einem Schlage ändern, wenn er eine in der Öffentlichkeit angesehene Gestalt – zum Beispiel Sie, Dr. Bertolli – zu seinem Sprachrohr machen könnte. Wenn das geschieht, können wir den Streit nicht mehr innerhalb unserer vier Wände austragen. Ich bin der Ansicht, daß wir uns in der gegenwärtigen Lage nicht den Luxus einer öffentlich ausgetragenen politischen Debatte leisten können. Dazu ist die Lage zu verzweifelt.«
»Verzweifelt ...?« fragte Sam überrascht. »Ich denke, wir werden der Lage langsam Herr?«
»Vorübergehend und nur hier in der Stadt. Es wird immer schwieriger, zugleich die Bevölkerungsbewegung wie auch die Vernichtung der Vögel zu kontrollieren. Wir mußten den Aktionsradius erweitern, weil immer neue Krankheitsherde auftraten. Geflügelfarmer haben sich uns mit der Waffe in der Hand entgegengestellt, wenn wir kamen, um ihr Federvieh zu vernichten. Sie wollten nicht begreifen, daß ein Zusammenhang bestand zwischen ihren gesunden Tieren und einer menschlichen Krankheit, die achtzig Meilen entfernt auftrat. Wir können auch die menschliche Angst als Faktor nicht außer acht lassen. Genug Männer und Frauen haben die Krankheit um sich herum wüten sehen, und jedermann scheint zu wissen, daß die Krankheit immer einen tödlichen Verlauf nimmt. Wo solche Fälle auftreten, versucht die Bevölkerung, heimlich ihren Wohnsitz zu wechseln und scheut auch vor Gewalt nicht zurück, wenn sich keine andere Möglichkeit bietet. Bis wir eine wirksame Behandlung gefunden haben, muß die Krankheit örtlich begrenzt werden.« Chabels Blick wanderte automatisch zu Dr. McKay. Auch Sam wandte sich dem Arzt zu.
»Hat die Forschung schon ein Resultat erbracht?« fragte er in die Stille, die Chabels Worten folgte.
McKay schüttelte den Kopf. Seine Hände lagen verkrampft vor ihm auf dem Schreibtisch, ohne daß sich ihr Zittern verbergen ließ. Sam kam die schwere Verantwortung zu Bewußtsein, die auf Dr. McKay ruhte.
»Wir haben mehrere Teams, die in vierundzwanzigstündigem Einsatz arbeiten, aber bis jetzt hat sich nicht der geringste Erfolg eingestellt. Wir sind lediglich in der Lage, die Entwicklung der Krankheit klarer zu beschreiben, wir wissen jetzt, daß die ersten Symptome innerhalb dreißig Minuten nach der Infektion erscheinen, wir haben eine Therapie entwickelt, die den Verlauf der Krankheit verlangsamt, aber das ist auch alles. In keinem Fall ist uns eine Heilung gelungen. Und die Krankheitsfälle mehren sich erschreckend.«
McKay hob den Kopf. »Sie sehen also, daß wir genug Probleme haben, die uns zu schaffen machen. General Burke ist in unseren Augen nur ein weiteres Problem, das wir uns nach Möglichkeit vom Halse halten wollen. Sam, ich bitte Sie um Ihre Hilfe.«
»Wenn es in meinen Kräften steht ...«
»Ich könnte Sie in meinem Team gebrauchen. Wir versuchen alles Mögliche, um der Krankheit Herr zu werden, und wir brauchen alle Hilfe, die wir bekommen können. Ihre Mitarbeit wäre von großer Bedeutung für uns, Sam.«
Sam zögerte einen Augenblick, um die richtigen Worte zu finden. »Ich beneide Sie nicht um Ihre Aufgabe, Dr. McKay, selbst mit der Unterstützung, die Sie haben. Ich zweifle nicht daran, daß Ihnen die besten Fachkräfte auf allen Gebieten zur Verfügung stehen. Was mich betrifft, so bin ich nur ein kleines Rad im großen Getriebe. Der Zufall wollte es, daß ich zur Stelle war, als Rand das Schiff verließ, und später war ich das geeignete Versuchskaninchen, um das Rand-alpha Virus an mir zu erproben. Das ist aber alles. Ich bin ein Assistenzarzt und hoffe, eines Tages ein guter Chirurg zu werden, aber gerade jetzt glaube ich, mich am nützlichsten in einer Ambulanz machen zu können. Vielen Dank für die Ehre, die in Ihrer Aufforderung liegt, aber ich würde Ihren erfahrenen Männern nicht das Wasser reichen können.«
Chabel entlockte seiner Pfeife dicke Wolken, und McKay
Weitere Kostenlose Bücher