TTB 113: Planet zu verkaufen
ich.
»Es gibt so etwas wie Stolz«, sagte er. »Stolz darauf, wie man seine Geschäfte macht. Ich kann Ihnen versichern, daß niemand mein Geschäft auf die Art und Weise führen würde, wie ich es tue. Es gibt keinen Anstand mehr heutzutage, junger Mann. Es gibt weder Freundlichkeit noch Rücksicht, und niemand denkt mehr daran, seinem Partner das Beste zu bieten. Das Geschäftsleben ist zu einem automatischen Vorgang geworden, ausgeführt von Maschinen und Menschen, die wie Maschinen handeln, da sie keine Seele besitzen. Die Begriffe Ehre und Vertrauen sind unbekannt, und die Ethik ist die Ethik eines Wolfsrudels geworden.«
Er streckte seine porzellanweiße Hand aus und legte sie so sanft auf meinen Arm, daß ich seine Berührung gar nicht fühlte.
»Sie sagten, daß alle meine Nachbarn ausziehen müssen oder ihr Geschäft verkauft haben?«
»Die meisten.«
»Aber Jake – er doch nicht, oder? Ich meine das Möbelgeschäft. Er ist zwar ein geiziger, alter Schurke, aber er denkt genau wie ich.«
Ich sagte ihm, daß er recht hatte. Jake und ein halbes Dutzend anderer hatten ihre Geschäfte nicht verkauft.
»Er ist genau wie ich«, sinnierte der alte Mann. »Wir betrachten unser Geschäft als Privileg und Vertrauensstellung. Die anderen sehen darin nur ein Mittel, so schnell wie möglich zu Geld zu kommen. Jake hat seine Söhne, denen er das Geschäft hinterlassen kann, und das ist vielleicht noch ein anderer Grund, weshalb er bleibt. Bei mir ist das anders. Ich habe keine Familie, nur meine Schwester. Wenn wir nicht mehr sind, wird es auch das Geschäft nicht mehr geben. Aber so lange wir leben, werden wir hierbleiben und der Öffentlichkeit so gut dienen, wie wir nur können. Denn ein Geschäft bedeutet mehr, als nur die Gewinne zählen. Es ist die Gelegenheit, zu dienen, seinen Beitrag zu leisten. Es ist der Leim, der unsere Zivilisation zusammenhält, und es kann keine stolzere Berufung für einen Menschen geben.«
Es klang wie ein Posaunenstoß aus einem anderen Zeitalter, und vielleicht war es auch genau das. Aber im Augenblick vermeinte ich, stolze Banner im blauen Himmel flattern zu sehen und fühlte, daß alles Schöne und Erhebende für immer vorbei war.
»Herzlichen Dank, mein Herr«, sagte ich. »Es war mir eine Freude, mich mit Ihnen unterhalten zu haben.«
Ich ging aus dem Geschäft und stand auf dem Gehsteig und zitterte – in der Abendwärme des Tages von Kälte erfüllt.
Denn es waren nicht nur die Ereignisse, die überall vor sich gingen, was sie auch bedeuten mochten. Es waren nicht nur Franklin’s oder das Apartment, in dem ich wohnte, nicht nur Ed, der seine Bar verloren hatte und auch nicht nur die Leute, die keine Wohnungen finden konnten.
Allen Vorkommnissen lag ein bestimmtes Schema zugrunde – ein Schema und ein bösartiger Zweck. Und Beharrlichkeit und Methoden, die teuflisch waren.
Und hinter allem eine vorzüglich arbeitende Organisation, die geheim und geschwind plante und ausführte. Denn offensichtlich waren alle Transaktionen innerhalb der letzten Monate ausgeführt worden, und alles strebte einem unausweichlichen, vorauszubestimmenden Ende zu.
Eines wußte ich nicht, und das war: ob man nur einen Menschen oder eine kleine Gruppe von Menschen oder eine riesige Armee benötigt hatte, um die Transaktionen durchzuführen und die Angebote zu erstellen. Ich hatte versucht, es herauszufinden, aber niemand schien darüber etwas zu wissen.
Ich ging in einen Drugstore, betrat die Telefonzelle und wählte mein Büro. Als sich die Vermittlung meldete, verlangte ich Dow zu sprechen.
»Wo warst du den ganzen Tag?« fragte er.
»Ich bin herumspaziert«, erklärte ich ihm.
»Bei uns geht es ganz wild zu«, sagte Dow. »Hennessey hat bekanntgegeben, daß die Lokalitäten der Firma gekündigt worden sind.«
»Hennessey!« rief ich, obwohl mich mit meinem Wissen eigentlich nichts mehr hätte überraschen dürfen.
»Das ist unmöglich«, sagte Dow. »Es können doch nicht die beiden Firmen am gleichen Tag …«
Hennessey war das zweite große Kaufhaus. Ohne Hennessey und Franklin’s würde das Einkaufszentrum im Herzen der Stadt einer Wüste gleichen.
»Wie haben sie nur alles so still aushandeln können?« fragte ich. »Es gab kein einziges Gerücht über diese Sachen.«
»Ich bin zu Bruce gegangen«, sagte Dow, »und habe ihn danach gefragt. Er zeigte mir den Vertrag – nicht zur Veröffentlichung, nur unter uns. Darin ist eine Klausel enthalten, die automatisch den
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