TTB 118: Die schlafende Welt
Donovan war noch nicht geschlagen. Er hatte einen wichtigen Verbündeten – Rumfäßchen Donovan.
Er versuchte seinem Gesicht einen traurigen Ausdruck zu geben und sagte: »Es tut mir leid um Sie. Wirklich, wirklich leid. Lassen Sie mich Ihnen und Ihrer Flotte mein tiefempfundenes Mitgefühl ausdrücken, ehe es dafür zu spät ist. Das Imperium wird Sie zweifellos posthum mit den höchsten Ehrungen bedenken, die …«
Der plötzliche Angriff des Terraners verblüffte Sarak. »Mitgefühl? Posthum? Was sind das für Worte?«
»Es steht schlecht um Sie«, fuhr Donovan unbeirrt fort. »Sie sagten, ich sei der einzige noch lebende oder wache Mensch auf Terra. Aus diesem Grund fühle ich mich verpflichtet, Ihnen zu kondolieren.«
»Warum?«
Donovan zuckte die Achseln. »Überlegen Sie doch selbst. Sie haben einen Planeten in der Gewalt, dessen Bewohner in eine Art Schlummer versetzt wurden. Venus und Mars …«
»… sind ebenfalls gefallen«, ergänzte Sarak zufrieden. »Es besteht also keine Hoffnung auf Hilfe aus dieser Richtung.«
Donovan ließ sich nicht ablenken. »Also haben sie drei schlafende Planeten auf dem Hals. Drei Planeten voll mit Schlafenden und Toten.«
Sarak wollte etwas sagen, doch Donovan kam ihm zuvor.
»Die Toten sind stets unsere Begleiter«, sagte er feierlich. »Seit dem Urbeginn aller Entwicklung sind auf der Erde Menschen gestorben. Unzählige Tote sind unter uns. Sie kennen sicherlich den Ausdruck: ›Die Welt ist ein einziges Grab, und alle Männer und Frauen sind sich bewegende Leichen.‹ Die Mehrzahl der Toten schläft ruhig und ungestört, entsprechend dem traditionellen Gruß Ihrer Rasse. Doch es gibt auch Ausnahmen, und mein Großvater ist eine solche Ausnahme.«
»Wie rührend«, sagte Sarak. »Sehr nett ausgedrückt. Und es könnte einem Narren oder Ahnenverehrer kalte Schauer über den Rücken jagen.«
»Die augenblicklichen Erben Terras sind nicht in der Lage, für ihre Rechte einzutreten und die Geister in die Welt zurückzudrängen, in die sie gehören. Nichts kann die apokalyptischen Heerscharen davon abhalten, über die Erde herzufallen, und der Anblick einer feindlichen Flotte wird sie nicht gerade erfreuen. Und wenn die Geister einmal befreit sind, werden sie sich nicht ein zweitesmal unterdrücken lassen. Sie werden Anspruch auf das erheben, was sie aufgrund eines zeitlichen Vorrechts als ihr Eigentum betrachten: die Erde!«
Er hielt inne und betrachtete seine Zuhörer. Dann fuhr er fort: »Die Mächte sammeln sich zum Angriff, und Sie«, er deutete mit dem Finger auf Sarak, »und Sie und Sie«, jetzt waren der Captain und der Major an der Reihe, »und Sie und Sie«, er wandte sich in seinem Sessel nach rückwärts, um auch die beiden Soldaten hinter sich nicht auszulassen, »Sie alle sind Eindringlinge in ihren Privatbesitz. Das wird sie nicht gerade erfreuen. Und Sie haben nicht einmal ein Geburtsrecht vorzuweisen, das ihren Ärger besänftigen könnte. Also wird man Schritte unternehmen, um sich von den ungebetenen Gästen zu befreien.«
Gegen seinen Willen hatte Sarak gespannt zugehört. Der Major sah nachdenklich aus; das Gesicht des Captains zeigte einen zynischen Ausdruck, der jedoch nur eine Fassade für seine innere Unsicherheit zu sein schien.
»Schritte«, sagte der Commander schließlich. »Was für Schritte?«
»Unangenehme Schritte.«
Donovan lehnte sich in seinem Sessel zurück und versuchte selbstsicher auszusehen. Er war soweit gegangen, wie er es wagen konnte, ohne Opa Donovan selbst zu bemühen. Er glaubte nicht, daß der ihm gerade jetzt den Gefallen tun würde, aufzutauchen – weder jetzt noch irgendwann später.
Nun hing es allein von den Llralanern ab. Und von ihrer Phantasie.
8
Am sechsten Tag der Besetzung Terras durch die llralanischen Streitkräfte konnte sich Martak Sarno, der Oberbefehlshaber der Invasionstruppen, zum erstenmal ein wenig entspannen. Er ließ sich von Vize-Kommandant Blanatta vertreten und zog sich zu einem kleinen Drink in seine Kabine zurück.
Dort studierte er Berichte über die allgemeine Kriegslage. Der Admiral, der für die Marstruppen verantwortlich war, berichtete voller Optimismus, daß er mit keinem weiteren Widerstand rechne. Ein anderer Bericht stellte sachlich fest, daß die Untersuchung des geheimnisvollen Verschwindens von Erkundungstrupp S 90980 in Süd-Georgia bisher nichts Neues ergeben hatte. Nachdenklich setzte sich Martak Sarno zurück und starrte an die Decke.
Die Zeit verging
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