TTB 119: Computer der Unsterblichkeit
Ära, einer Ära unerschrockener und in ihren Mitteln nicht immer wählerischer Pioniere.
Trotz gelegentlicher Versuche zur Beschneidung seiner Macht war ihm die Behauptung seiner Position gelungen. Joe war über Einzelheiten nicht im Bilde; seine eigenen Interessen hatten mit der industriellen Welt kaum Berührungspunkte. Aber er entsann sich verschiedener Kongreßdebatten, die sich mit dem Überhandnehmen der wirtschaftlichen Machtkonzentration in den Händen weniger beschäftigten. Er wußte von jahrelangen Prozessen zwischen den industriellen Titanen, von Anklagen gegen Trusts und Kartelle, die heute Schlagzeilen machten und morgen nicht einmal unter den Kurzmeldungen zu finden waren.
Nie war es gelungen, Howard Kennedy beizukommen, ihn zum Konformismus zu zwingen und seiner Macht das Rückgrat zu brechen.
Dies war der Mann, der erst kurz zuvor gewagt hatte, in einem Zeitungsartikel für Bossy Partei zu nehmen.
Und dies war der Mann, dessen Anwälte irgendwie von Mable gehört und mit erstaunlicher Schnelligkeit reagiert hatten; die eingeschritten waren und ihren Fall übernommen hatten, bevor es Joe und Carney gelungen war, Mables eigenen Anwalt aus dem Bett zu holen.
Dies war der Mann, für den Mable die Trumpfkarte in einem Spiel war. Der Zeitungsartikel war eindeutig eine Einladung an Hoskins und Billings gewesen: »Kommt und laßt uns verhandeln. Ich bin interessiert und werde fair sein.«
Nun – und das war für seine Operationen charakteristisch – hatte Kennedy den Trumpf in der Hand und konnte mit dem sicheren Wissen abwarten, daß sie zu ihm kommen mußten. Auf irgendeine Weise hatte er das Phänomen von Mables Verjüngung mit Bossy in Verbindung gebracht.
Der Neger, der die Batterie der Fahrstühle und blinkenden Kontrollampen bediente, hatte Joe nachsichtig betrachtet. Er hielt ihn für einen Stellenbewerber. Als er Joe so scheinbar unschlüssig dastehen sah, ging er auf ihn zu und fragte mit lächelnder Höflichkeit: »Darf ich Ihnen helfen, Sir?«
»Wo hat Mister Kennedy sein persönliches Büro?« fragte Joe.
Der Fahrstuhlführer schaute ihn groß an, dann lächelte er verständnisvoll. Ein grüner Junge, wirklich, daß er glaubte, er müsse den großen Boß selbst sprechen, um in irgendeinem Büro angestellt zu werden.
»Wollen Sie nicht vielleicht zur Personalabteilung, Sir?« fragte er.
»Ich möchte Mister Kennedy persönlich sprechen«, sagte Joe und erwiderte des anderen Lächeln. »Es geht mir nicht um einen Job.«
Der Mann führte ihn ohne weitere Fragen zu einem abgesonderten Aufzug und drückte einen Knopf. Sofort öffneten sich die Türen.
Die Empfangsdame im achten Stock war weniger nachsichtig. Jim, der Fahrstuhlführer, ließ sich zu leicht beeindrucken. Er schickte jeden hergelaufenen Kerl zu den Büros der Firmenleitung, wenn er nur selbstsicher genug auftrat. Sie musterte Joe mit jener höflichen Feindseligkeit, die von allen Empfangsdamen eigens für unangemeldete Besucher perfektioniert worden ist.
»Zu Mister Kennedy wollen Sie?« fragte sie ungläubig. »Zu welchem Mister Kennedy?«
»Mister Howard Kennedy.«
»Aber welchem Mister Howard Kennedy?«
In der Stimme der Frau klang der Triumph an, den sie immer auskostete, wenn sie einem Uneingeweihten diese verwirrende Frage stellte.
Joe konnte der Versuchung nicht widerstehen, den Pfeil bohrenden Zweifels und plötzlichen Erschreckens in die bequeme Selbstzufriedenheit ihres Denkens zu entsenden. Auf einmal kam ihr der Gedanke, daß dieser junge Mann eine wichtige Persönlichkeit sein könnte. Und sie hatte ihn zappeln lassen wie einen Fisch an der Leine. Voller Schrecken erinnerte sie sich jenes anderen Versehens, als sie einen gewissen ausländischen Minister für einen Vertreter gehalten hatte …
Sie leitete hastig einen taktischen Rückzug ein. »Sie meinen Mister Howard Kennedy junior?« forschte sie hilfsbereit. »Sind Sie ein persönlicher Freund von ihm? Ein Korpsbruder?«
»Keins von beiden«, sagte Joe kalt. »Ich fürchte, der Junior wird mir nicht helfen können.«
»Ich werde Mister Kennedys Sekretärin verständigen.« Sie vergaß die Sprechanlage auf ihrem Tisch und den Botenjungen in der Ecke. Mit klappernden Absätzen durcheilte sie einen der Korridore, die von der Empfangshalle ausgingen.
Eine Minute später kehrte sie zurück, begleitet von einer älteren Frau, deren sorgfältig frisiertes Haar von silberweißen Strähnen durchzogen war. Die Frau strahlte Ruhe und Überlegenheit aus. Sie
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