Türkisgrüner Winter (German Edition)
sollte, setzte ich den Becher an meine Lippen und hoffte, dass mich der Alkohol endgültig betäuben würde.
»Sich jetzt volllaufen zu lassen, ist auf jeden Fall auch keine Lösung«, sagte Elyas, der die Verfolgung wieder aufgenommen hatte und dicht hinter mir war.
Ich blieb stehen. »Ich halte das sogar für eine blendende Lösung!«, gab ich zurück und wollte meinen Weg fortsetzen, als es wieder Elyas‘ Arm war, der mich von diesem Vorhaben abhielt. Bitterböse funkelte ich ihn an.
»Du bist … Du bist manchmal so was von kompliziert!«, stellte er fassungslos fest.
»Ich bin kompliziert?«
Er nickte.
Okay , vielleicht war ich tatsächlich ein bisschen kompliziert … Aber meine Fresse, dann hätte er eben schwul werden müssen!
»Na und?«, sagte ich. »Dann bin ich eben kompliziert! Immer noch besser, als ein Arsch zu sein.«
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig, und kurz darauf drang ein verächtliches Schnauben aus seiner Kehle.
Langsam wich er ein paar Schritte zurück und machte mir den Weg frei.
»Weißt du was? Manchmal habe ich den Eindruck, du willst mir überhaupt nicht glauben.«
»Denk doch, was du möchtest«, murmelte ich und ließ ihn ein weiteres Mal stehen.
Dieses Mal folgte er mir nicht.
KAPITEL 2
Zu viel Alkohol für zu wenig Emely
Zwei Stunden später saß ich mit Freddy Krüger hackedicht auf dem Sofa im Wohnzimmer. Wobei »sitzen« übertrieben war, denn vielmehr hing ich dort wie ein Schluck Wasser in der Kurve.
Allzu viel wusste ich noch nicht über meinen neuen Freund im rot-schwarz gestreiften Pullover. Eigentlich nur, dass er als Freddy Krueger verkleidet war und genauso erbärmlich aussah wie ich. Als ich ihn vorhin entdeckt hatte, hatte ich mich ungefragt zu ihm gesetzt. Elend und Elend gesellt sich schließlich gern. Inzwischen verstanden wir uns blendend. In meinem betrunkenen Zustand spielte ich sogar schon mit der Theorie, dass wir Geschwister waren und bei der Geburt getrennt wurden.
»Willsu noch 'nen Schlugg?«, fragte mich mein neuer Bruder lallend. Er hielt mir die Flasche entgegen.
Dankend nahm ich sie an. »Das viel bessa als die blöden Pabbbecher«, sagte ich, setzte die Flasche an meine Lippen und zwang einen Schluck der bitter schmeckenden Flüssigkeit den Hals hinunter. Ich verzog das Gesicht.
»Jep«, antwortete er und nickte.
»Duhu, Freddy?«
»Isch heiß eigndlich gar nich Freddy.«
»Sondern?«
»Scheff.«
»Scheff?«, fragte ich.
»Nee … Tscheff. Von Teschffrie.«
»Ah … Jeff.«
»Genau«, sagte er. »Unndu?«
»Isch heiß Emmely.«
»Hallo Emmely«, sagte er und reichte mir die Hand. Ich kicherte, immerhin saßen wir schon eine ganze Weile nebeneinander. Trotzdem nahm ich die Hand entgegen und schüttelte sie ausgiebig. Anschließend gab ich ihm die Flasche zurück.
»Was wollst‘n mich eigntlich fragn?«, kam er auf mein Anliegen zurück. Nachdem ich meine Hirnwindungen der Reihe nach durchforstet hatte – was ungefähr vier Minuten Zeit in Anspruch nahm – fiel es mir auch tatsächlich wieder ein.
»Asoo, ja!«, sagte ich. »Ich wollde wissen, wieso du tringst.«
Er senkte das Kinn und schüttelte den Kopf. »Weil meine Freunin Schluss gemachd hadd.«
»Oh, das aber schlimme Sache so was.«
»Jep – Sie is mit‘m Scream -Mann durchgebrannd.«
»Dasis ma echt übel … Bitter. Richdig bitter.«
»Kommt noch schlimma!«
»Noch schlimma?«, fragte ich.
»Jep. Des war nich ma der ori … origin … echte Scream -Mann, sonern des bekiffte Gesicht von Sgary Movie!«
»Scheissse«, sagte ich und kicherte, woraufhin er ebenfalls lachen musste.
»Das kannse laud sagn«, erwiderte er. »Wobei des echt nisch lustig is.«
»Kannsschmir vorstellen.«
»Ich hab dem gesagd, er soll die Finga von meina Freunin lassen, aber er had einfach nich aufgehört zu grinsn.« Sein Kopf sank nun noch tiefer. Ich tätschelte ihm den Oberschenkel.
»Und zu allemm Überfluss hab ich jetzd wahrscheinlich noch‘n Problem«, fuhr er fort.
»Noch eins?« Mann, ihn hatte es echt übel erwischt.
»Jep, der Typ da«, sagte er und streckte den Arm. »Ich glaub, der stehd auf mich.« Mit dem Blick folgte ich seinem deutenden Finger und landete bei Elyas, der mit verkreuzten Armen auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes und hoffentlich außer Hörweite an der Wand lehnte und verärgert in unsere Richtung sah. Als ich begriff, dass Freddy Elyas‘ Blicke als homosexuelle Avancen interpretierte, musste ich husten, weil ich
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