Türkisgrüner Winter (German Edition)
angesehen.«
»Hast du dich jemals gefragt, ob Klapptische lebensgefährlich werden können? Ich bin jetzt in der Lage, dir das zu beantworten: Ja, sie können es. Ganz eindeutig.«
Elyas schmunzelte. »Emely, du bist ein hoffnungsloser Fall. Was ist passiert? Eingeklemmt?«
Ich nickte.
»Zeig mal«, sagte er und griff nach meiner Hand. Er betrachtete den Finger von allen Seiten und drückte ein bisschen darauf herum. »Das sieht nach einer ordentlichen Quetschung aus. Du hast ganze Arbeit geleistet. Tut es sehr weh?«
»Geht schon wieder.«
Elyas führte die Hand zum Mund und hauchte mit seinen weichen Lippen einen sanften Kuss auf den betroffenen Finger. »Besser?«, fragte er.
Vollkommen benebelt überlegte ich, ob ich ihm sagen sollte, dass ich mich vorhin auch noch ganz böse am Innenschenkel gestoßen hatte, entschied mich dann aber doch, es zu lassen.
Ich räusperte mich. »Viel besser.«
»Das ist schön.«
»Können wir noch mal kurz nach oben gehen? Ich würde gerne meine Bücher wegbringen, bevor wir fahren.«
»Klar, natürlich«, sagte er. »So eilig habe ich es ehrlich gesagt sowieso nicht, meiner Schwester zu begegnen.«
»Da sind wir schon zu zweit«, antwortete ich und machte mich gemeinsam mit ihm auf den Weg. Er lief dicht an meiner Seite, und nach ein paar Metern legte er mir schließlich den Arm um die Taille. Elyas neigte das Gesicht zu meiner Schläfe und hinterließ einen Kuss auf dieser Stelle. Ich spürte die Wärme, die davon ausging, und lehnte den Kopf an seine Schulter.
Mit Elyas durch die Universität zu laufen war einerseits schön, aber auch sehr ungewohnt für mich. Auf einmal trug ich mein Geheimnis der Zuneigung für ihn offen mit mir herum. Jeder konnte es sehen. Und das Eigenartige war: Insgeheim wünschte ich mir, dass es noch viel mehr sehen könnten.
Außerdem – so wenig ich das auch begreifen konnte – machte Elyas den Eindruck, als wäre er stolz darauf, mich in seinem Arm zu halten. Er hatte so viel Überzeugung in seinem Gesichtsausdruck, als würde er genau wissen, dass wir das Richtige taten. Keinerlei Zweifel war darin zu lesen, nicht einmal das leiseste Anzeichen dafür. Ich fühlte mich, als hätte er mich hinter einem schweren, dicken Vorhang hervorgezogen, um mich der Welt vorzuführen. Als seine Emely.
Ich lächelte und kuschelte mich noch ein bisschen näher an ihn heran.
Vor meiner Wohnungstür angekommen, nahm er den Arm wieder zu sich. Ich sperrte auf und blickte in alle Richtungen, doch von meiner Mitbewohnerin fehlte jede Spur.
»Offenbar ist Eva nicht hier«, sagte ich und zuckte mit den Schultern. Elyas folgte mir in den Raum, während ich auf den Schreibtisch zusteuerte und die Bücher dort ablegte. Als ich mich wieder umdrehte, stand Elyas in der Mitte des Zimmers und sah sich ein wenig um.
Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man fast meinen, er wäre genauso nervös wie ich.
»Möchtest du dich kurz setzen, solange ich mich umziehe?«, fragte ich.
»Hast du ›umziehen‹ gesagt?«
Ich runzelte die Stirn. »Ja?«
Mein kurzweiliges und absurdes Gefühl, ich wäre mit meiner Nervosität nicht allein, löste sich innerhalb einer Sekunde in Rauch auf. Mit dem frechsten Grinsen, das man sich nur vorstellen konnte, ließ er sich bäuchlings aufs Bett fallen und stützte das Kinn auf die angewinkelten Arme. Sein Blick war mit vorfreudiger Erwartung auf mich gerichtet.
»Im BAD «, sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Er zog einen Flunsch. »Warum denn nicht hier?«
Ich deutete mit dem Finger auf ihn und sagte: »Deswegen!«
»Aber nun sei doch nicht so!«
Ich fixierte ihn eine Weile mit den Augen, dann lief ich schnurstracks an ihm vorbei zum Schrank und zog frische Kleidung heraus. Vor der Badezimmertür blieb ich kurz stehen. »Dauert nicht lange«, sagte ich.
Elyas rollte sich auf den Rücken und seufzte. »Das sagen sie alle …«
Man konnte es ihm nicht verübeln, schließlich wohnte er mit Alex zusammen. Ohne ein weiteres Wort verschwand ich im Bad und schloss die Tür hinter mir. Nachdem ich mich umgezogen und die alten Klamotten in den Wäschekorb gestopft hatte, stand ich eine ganze Weile vorm Spiegel. Mir stellte sich ernsthaft die Frage, wer das blöd grinsende Mädchen war, das mir dort entgegenblickte. Selbst wenn ich die Mundwinkel konzentriert nach unten zog, sah ich immer noch aus, als würde ich lächeln. Besäße ich einen Vibrator, müsste ich mir wohl ernsthaft Sorgen machen, wo ich ihn
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