Türkisgrüner Winter (German Edition)
meiner Haarsträhnen um den Finger, »kommst du mit zu mir.«
»Mit zu dir?«, fragte ich.
Er nickte. »Ja, du wirst nämlich heute bei mir übernachten.«
Ich wusste ja, dass Elyas direkt war, aber so direkt?
»Hast du die Stellungen auch schon geplant oder habe ich da überhaupt nichts mitzureden?« Ich kniff die Augen zusammen, er dagegen amüsierte sich.
»Du bist wirklich das Misstrauen auf zwei Beinen, Emely«, sagte er und korrigierte sich kurz darauf. »Auf zwei hübschen Beinen.«
»Wie kann man bei dir nur misstrauisch sein?«
»Dafür gibt es keinen Grund«, antwortete er. »Ich traf gestern Nacht lediglich eine Entscheidung.«
»Und die wäre?«
Er lehnte sich zu mir und flüsterte ganz leise in mein Ohr: »Dass ich keine Nacht mehr ohne dich verbringen möchte.« Gänsehaut überkam mich und ich spürte seine Lippen meine Wange küssen. »Zur Not«, sprach er weiter, »auch mit Klamotten.«
Ich brauchte einen Moment, um wieder Klarheit in meinen Kopf zu bringen. Elyas beobachtete mich genauestens und sah mich abwartend an. Konnte ich ihm wirklich trauen? Natürlich hatte ich keine Angst, dass er mir etwas tun oder mich gegen meinen Willen zu etwas zwingen würde, aber Elyas blieb trotzdem Elyas. An ein gemeinsames Kuscheln dachte er höchstens in zweiter Linie. Aber wie es wohl wäre, eine Nacht in seinen Armen zu verbringen? Mit ihm einzuschlafen und am nächsten Morgen mit ihm aufzuwachen? Ich wünschte, ich wäre neulich nicht so betrunken gewesen, denn dann würde ich die Antwort bereits kennen.
»Ich weiß es noch nicht, Elyas. Lass mich darüber nachdenken«, entgegnete ich. »Allerdings kann ich dir jetzt schon sagen, dass du dir so oder so in Bezug auf den nackten Part keinerlei Hoffnungen zu machen brauchst.«
Er grinste. »Darüber reden wir später.«
Ich wollte sofort protestieren, doch Elyas ließ meine Lippen mit einem sanften, unschuldigen Kuss verstummen. »Emely, du lebst in einer Welt, in der Sex ein Verbrechen ist. Aber keine Sorge, sobald du mich lässt, werde ich dich von dort befreien.«
Wieder wollte ich etwas sagen, aber auch dieses Mal kam ich nicht dazu. Elyas verschloss seinen Mund mit meinem. Unsere Lippen schmiegten sich aneinander, bewegten sich und fanden einen Rhythmus. Seine Hand wanderte auf meinen Rücken und zog mich näher zu sich. Ich drückte mich an seinen Oberkörper, ließ die Finger seinen Nacken hinunter gleiten und fühlte die angespannten Muskeln seiner Schulter. Unsere Lippen waren so fest miteinander verschmolzen wie zwei Kerzen aus Wachs.
Elyas strich mit der Hand meine Taille entlang und nahm durch den leichten Druck unbeabsichtigt mein Oberteil ein bisschen mit. Für den Bruchteil einer Sekunde spürte ich seine Finger auf meiner nackten Haut. Ich zuckte zusammen. Das Gefühl nahm mir die Luft zum Atmen und ich musste den Kuss unterbrechen. Elyas keuchte genauso wie ich. Mit geschlossenen Augen kuschelten wir unsere Gesichter aneinander und versuchten uns zu erholen.
»Wir müssen dringend an unserer Atemtechnik arbeiten«, flüsterte er.
»Unbedingt«, sagte ich. »Unbedingt.«
Er legte den Arm um mich, fuhr mit der Hand langsam meinen Rücken auf und ab, und nach und nach regenerierten wir uns wieder. Seine Berührungen waren so gefühlvoll, dass es eine ganz neue Erfahrung für mich war. Noch niemals hatte ich erlebt, von jemandem auf eine so zärtliche Art und Weise angefasst zu werden. Ich wollte es ihm genauso zurückgeben, streichelte ihn noch sanfter, noch liebevoller, wollte, dass er spürte, wie gern ich ihn hatte. Sehr gern. Es wurde jeden Tag mehr. Zum ersten Mal konnte ich diese Gefühle für ihn leben , und sie waren so intensiv, dass sie wehtaten. Aber auf eine schöne Weise.
Mit den Fingerspitzen kraulte ich seinen Kopf, seinen Nacken. Ich spürte die Geborgenheit, die mich in seinen Armen umgab, fühlte die Sicherheit, die er mit seiner schieren Anwesenheit in mir auslöste.
Wir lagen lange so da. Die Wärme, die von meinem Herzen ausging, füllte mich aus, reichte von meinen Zehenspitzen bis zu meinem Haaransatz. Irgendwo war der Gedanke, dass wir eigentlich längst hätten aufbrechen müssen, aber er klang in meinem Kopf nicht lauter als das Herabfallen einer Feder. Erst als mein Gewissen sich schließlich meldete, dass Alex wartete und sich womöglich Sorgen machte, gewann er an Intensität. Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Wenn ich an meine Vorlesung zurückdachte, kam sie mir vor wie eine entfernte
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