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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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Er war hilflos, eine Stoffpuppe, die hin und her geschüttelt wurde. Mit seinem freien Arm schlug er der Bestie matt auf Flanken und Kopf, doch es war sinnlos.
    Dann ließ der Hund plötzlich von seiner Schulter ab und bäumte sich über ihm auf, während er ihn mit seinem enormen Gewicht niederdrückte. Als er Will mit seinen blutunterlaufenen Augen fixierte, sah der Junge das sabbernde Maul mit den Fangzähnen, von denen Geifer auf die Augengläser tropfte, direkt vor sich. In der Zwischenzeit unternahm Cal alles in seiner Macht Stehende, um seinem Bruder zu helfen: Er trat und schlug nach der Bestie, um sich dann schnell wieder zurückzuziehen. Doch der Hund drehte sich jedes Mal nur halb nach ihm um und knurrte ihn an, als wüsste er, dass von Cal keine Gefahr ausging. Sein kleines, primitives Hirn war nur auf eine einzige Sache gerichtet, nämlich die Beute, die ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war.
    Verzweifelt versuchte Will, sich zur Seite zu rollen, aber das Tier hielt ihn fest auf den Boden gedrückt. Er wusste, dass er dieser mörderischen, unaufhaltsamen Bestie nicht gewachsen war, die aus gewaltigen, steinharten und unnachgiebigen Muskelpaketen zu bestehen schien.
    »Lauf!«, schrie er Cal zu. »Mach, dass du wegkommst!«
    Doch im nächsten Moment tauchte wie aus dem Nichts ein fleischiger grauer Blitz auf und stürzte mit voller Wucht auf den Kopf des Spürhundes zu.
    Eine Sekunde lang schien es, als schwebte Bartleby in der Luft, den Rücken gewölbt und die Krallen wie Rasiermesser dicht über dem Kopf des Hundes ausgefahren. Dann warf er sich auf ihn, und die beiden Tiere wirbelten herum. Die Jungen hörten, wie Bartlebys Zähne ihr Ziel fanden und sich in das Fleisch seines Gegners gruben. Aus einer klaffenden dunkelvioletten Wunde, wo zuvor das Ohr des Hundes gesessen hatte, ergoss sich ein dunkler Blutschwall auf Will. Das Tier jaulte schmerzerfüllt auf und ließ sofort von Will ab, während Bartleby sich an seinem Kopf und seinem Nacken festkrallte, wieder und wieder zubiss und seine Krallen tiefe Furchen in die Muskeln des Hundes schlugen.
    »Steh auf! Schnell!«, schrie Cal, zog Will mit einer Hand auf die Beine und schnappte sich mit der anderen den Rucksack.
    Hastig brachten die Jungen sich in Sicherheit, blieben dann aber stehen, da sie nicht anders konnten, als das Drama zu verfolgen. Wie angewurzelt standen sie da, gebannt von diesem Kampf auf Leben und Tod zwischen Kater und Hund. Die Tiere wanden und krümmten sich in ihrer mörderischen Schlacht. Ihre Körper verbissen sich ineinander, bis sie zu einem Strudel aus Grau und Rot verschmolzen, in dem Zähne und Krallen aufblitzten.
    »Wir dürfen nicht hierbleiben«, schrie Will. Er konnte bereits die Rufe der Patrouille hören, die rasch auf die Geräusche des Kampfs zusteuerte.
    »Bartleby, lass los! Komm!«
    »Die Styx.« Will schüttelte seinen Bruder. »Wir müssen verschwinden!«
    Widerwillig setzte Cal sich in Bewegung und warf noch einmal einen Blick über die Schulter, ob der Kater ihnen durch den Nebel folgte. Aber da war keine Spur von Bartleby, nur das entfernte Fauchen, Jaulen und Kreischen.
    Mittlerweile hallten überall Rufe und Schritte wider. Die Jungen rannten blindlings weiter, wobei Cal ächzend beide Rucksäcke mit sich schleppte. Will zitterte am ganzen Körper und spürte einen dumpfen, pochenden Schmerz im Arm. Blut rann aus seiner Schulter, und besorgt stellte der Junge fest, dass es ihm in kleinen Rinnsalen auch über den Handrücken floss und an den Fingerspitzen herabtropfte.
    Atemlos einigten sich die Brüder rasch auf eine Richtung und klammerten sich dabei an die vage Hoffnung, dass sie so aus der Stadt hinausgelangten und nicht den Styx direkt wieder in die Arme liefen. Wenn sie erst einmal das sumpfige Vorland erreichten, würden sie so lange am Stadtrand entlanglaufen, bis sie den Eingang des Labyrinths gefunden hatten. Und sollten sie diesen im ungünstigsten Fall übersehen, würden sie letztendlich wieder zu der Steintreppe gelangen und konnten rasch nach Übergrund zurückkehren.
    Den Geräuschen nach zu urteilen, versuchte die Patrouille, sie einzukreisen. Die Jungen liefen, so schnell sie konnten, stolperten dann aber blindlings gegen eine Mauer. Waren sie versehentlich in eine Sackgasse geraten? Dieser furchtbare Gedanke kam den beiden im gleichen Moment. Verzweifelt tasteten sie sich an der Wand entlang, bis sie auf einen Torbogen stießen, dessen Mauern verfallen waren und dessen

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