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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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was er von dieser menschlichen Explosion halten sollte. Mit zwei Schritten durchquerte der Mann den Salon und riss Will in seine bärenstarken Arme, wobei er den Jungen so mühelos vom Boden hob, als würde dieser nicht mehr als ein Sack Federn wiegen. Während er in Jubel und ohrenbetäubendes Gelächter ausbrach, hielt er Will auf Armeslänge von sich entfernt, sodass dessen Füße hilflos in der Luft baumelten.
    »Lass mich dich mal ansehen. Ja … ja, du bist der Sohn deiner Mutter, kein Zweifel. Er hat ihre Augen, nicht wahr, Ma? Er hat ihre Augen und ihr Kinn … die Form ihres hübschen Gesichts, bei Gott, ha, ha, ha!«, dröhnte er.
    »Lass ihn wieder runter, Tam«, sagte Großmutter Macaulay.
    Der Mann setzte Will wieder ab, schaute ihm unverwandt in die verblüfften Augen und grinste breit, während er den Kopf schüttelte.
    »Ein wundervoller Tag, wirklich, ein wundervoller Tag.« Er hielt Will seine riesige Pranke entgegen. »Ich bin dein Onkel Tam.«
    Automatisch streckte Will seine Hand aus, die Tam sofort nahm und in einem eisenharten Griff schüttelte. Dann zog er Will an sich, fuhr ihm mit der anderen Hand durch die Haare und roch übertrieben schnuppernd an seinem Scheitel.
    »Der hier hat das Blut der Macaulays in sich«, donnerte er. »Meinst du nicht auch, Ma?«
    »Ganz ohne Zweifel«, sagte sie leise. »Aber verschreck ihn nicht mit deinem Gepolter, Tam.«
    Inzwischen rieb Bartleby seinen wuchtigen Kopf an Onkel Tams schmieriger schwarzer Hose und zwängte seinen langen Rumpf zwischen Tam und Will, wobei er die ganze Zeit schnurrte und ein unheimliches, tiefes Winseln von sich gab. Tam warf einen kurzen Blick auf das Tier und sah dann zu Cal, der noch immer neben dem Sessel seiner Großmutter stand und das Schauspiel genoss.
    »Cal der Zauberlehrling – wie geht’s dir, Kumpel? Wie findest du diese ganze Geschichte, hm?« Tam schaute von Cal zu Will und wieder zurück. »Bei Gott, es ist wirklich schön, euch zwei wieder unter einem Dach zu sehen.« Ungläubig schüttelte er den Kopf. »Brüder, ha, ihr seid Brüder, meine Neffen. Darauf müssen wir trinken. Mit einem anständigen Schluck.«
    »Wir wollten gerade Tee trinken«, warf Großmutter Macaulay rasch ein. »Möchtest du nicht auch eine Tasse, Tam?«
    Er wirbelte zu seiner Mutter herum und grinste breit, wobei seine Augen vergnügt funkelten. »Ach, warum nicht? Lasst uns Tee trinken. Ich bin gespannt, was der Junge hier alles zu berichten hat.«
    Während die alte Dame im Flur verschwand, ließ Onkel Tam sich in ihrem verwaisten Sessel nieder, der unter seinem Gewicht ächzte und knackte. Er streckte die langen Beine aus, holte eine kurze Pfeife aus der Innentasche seines riesigen Mantels und füllte sie mit Tabak aus einem Beutel. Mithilfe eines Wachsstocks, der neben dem Kamin stand, zündete er die Pfeife an, lehnte sich anschließend zurück und blies eine blaue Rauchwolke gegen die Stuckdecke, während er gleichzeitig die beiden Jungen musterte.
    Eine Weile hörte man nur das knisternde Kohlenfeuer, das aufdringliche Schnurren Bartlebys und die entfernten Geräusche aus der Küche, wo die alte Dame geschäftig hantierte. Keiner von ihnen verspürte den Drang zu reden, während der flackernde Feuerschein auf ihren Gesichtern tanzte und zuckende Schatten an die Wand hinter ihnen warf. Schließlich brach Onkel Tam die Stille. »Wusstest du, dass dein Übergrundler-Vater hier gewesen ist?«, wandte er sich an Will.
    »Hast du ihn gesehen?« Aufgeregt beugte Will sich vor.
    »Nein, aber ich habe mit jemandem gesprochen, der ihn gesehen hat.«
    »Und wo ist er? Der Polizist sagte, er wäre in Sicherheit.«
    »In Sicherheit?« Onkel Tam setzte sich auf und nahm die Pfeife aus dem Mund; sein Gesicht war jetzt todernst. »Hör zu: Von dem, was dir dieser feige Abschaum erzählt, solltest du besser kein Wort glauben. Das sind alles nur falsche Schlangen und Speichellecker. Teuflische Handlanger der Styx.«
    »Das reicht, Tam«, sagte Großmutter Macaulay, während sie mit einem schweren Teetablett in den zittrigen Händen in den Salon zurückkehrte. Neben dem Teegeschirr stand ein großer Teller mit »Backwerk«, wie sie es nannte – formlose Klumpen mit einer weißen Glasur. Cal sprang auf, um ihr zu helfen. Er reichte Tam und Will ihre Tassen, während Will Großmutter Macaulay seinen Sessel anbot und sich neben Cal auf den Kaminvorleger hockte.
    »Und, was ist jetzt mit meinem Dad?«, fragte Will in drängendem Ton, da er sich nicht

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