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Tunnel - 02 - Abgrund

Tunnel - 02 - Abgrund

Titel: Tunnel - 02 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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Imago Freebone, ein Freund aus Sarahs und Tams Kindheit, an jenem Tag ebenfalls zugegen gewesen war. Rebecca meinte, dass er seitdem spurlos verschwunden war, und sie konnte nur annehmen, dass Will auch dabei irgendwie die Finger im Spiel hatte. Sarah sah, wie Joe Waites Tränen in die Augen stiegen, als er das hörte. Er und Imago hatten beide Tams Gang angehört und waren gute Freunde gewesen.
    Sarah konnte Wills mörderisches Treiben einfach nicht verstehen und seinen herzlosen Mangel an Respekt für die Sicherheit seines eigenen Bruders schon gar nicht. Zu welch einer verschlagenen, hinterhältigen Kreatur hatte er sich entwickelt?
    Nachdem Rebecca ihr alles erzählt hatte, hatte Sarah sich ein Gespräch unter vier Augen mit Joe Waites ausbedungen, und zu ihrer großen Überraschung hatte das Styx-Mädchen eingewilligt. Gemeinsam mit den anderen Styx und den Kolonisten hatte sie sich aus der unterirdischen Höhle zurückgezogen und Sarah und Joe allein gelassen.
    Erst in dem Moment hatte Sarah das Messer gesenkt und sich neben Joe in den leeren Sessel gesetzt. Die beiden hatten sich fieberhaft unterhalten, während Rebecca und ihre Eskorte im Tunnel warteten, der zu Knochengrube führte. In hastigen, überstürzten, geflüsterten Worten hatte Joe Sarah die ganze Geschichte noch mal erzählt und alles bestätigt – von den Zeilen in seinem Brief bis hin zu Rebeccas Bericht. Sarah musste die Ereignisse einfach noch einmal von Anfang an hören, und zwar von jemandem, dem sie blind vertrauen konnte.
    Als Rebecca in die Höhle zurückkehrte, machte sie Sarah ein Angebot. Wenn Sarah sich zu einer Zusammenarbeit mit den Styx bereit erklärte, würde man ihr die Mittel zur Verfügung stellen, die sie brauchte, um Will aufzuspüren. Damit würde sie die Gelegenheit erhalten, zwei geschehene Unrechtstaten zu bereinigen: Sie konnte den Mord an ihrem Bruder rächen und gleichzeitig Cal retten.
    Es war ein Angebot, das Sarah nicht ablehnen konnte. Zu viele Dinge mussten noch erledigt werden.
    Und nun stand sie hier, in einem Metallkorb, zusammen mit ihrem erklärten Feind, den Styx! Was hatte sie sich nur dabei gedacht?
    Sarah versuchte, sich vorstellen, was Tarn in ihrer Situation getan hätte. Aber es nützte alles nichts. Sie wurde zunehmend unruhiger und zupfte an dem Blutgerinnsel an ihrem Hals – es war ihr vollkommen egal, dass die Schnittwunde dadurch wieder aufplatzen und erneut zu bluten beginnen konnte.
    Rebecca drehte den Kopf in Sarahs Richtung, schaute sie aber nicht direkt an, als könnte sie die innere Zerrissenheit der älteren Frau spüren. Sie räusperte sich und fragte dann leise: »Wie geht es dir, Sarah?«
    Sarah starrte auf den Hinterkopf des Styx-Mädchens, auf das rabenschwarze Haar, das bis über den makellos weißen Kragen reichte. Nach einer Weile fand sie ihre Stimme wieder, aus der nun eine neu erwachte Aggressivität sprach:
    »Einfach grandios. So was widerfährt mir schließlich jeden Tag.«
    »Ich weiß, wie schwer das für dich ist«, sagte Rebecca besänftigend. »Gibt es irgendetwas, worüber du mit mir reden möchtest?«
    »Ja«, erwiderte Sarah. »Du hast dich in die Familie Burrows hineingeschlichen. Du hast all die Jahre mit meinem Sohn unter einem Dach gelebt.«
    »Mit Will – ja, das stimmt«, bestätigte Rebecca ohne Zögern, scharrte aber nicht länger mit dem Schuh über den Metallboden des Fahrstuhls.
    »Erzähl mir von ihm«, forderte Sarah.
    »Aus einem krummen Holz wird kein gerader Stock«, sagte das Styx-Mädchen und ließ die Redensart eine Weile im Raum stehen, während der Aufzug immer weiter in die Tiefe ruckelte. »Will hatte schon immer etwas Merkwürdiges an sich, von Anfang an. Es gelang ihm nur schwer, Freundschaften zu schließen, und je älter er wurde, desto mehr hat er sich zurückgezogen und abgekapselt.«
    »Er war zweifellos ein Einzelgänger«, pflichtete Sarah bei, denn sie erinnerte sich daran, wie oft sie Will allein zu seinen Grabungsstätten hatte ziehen sehen.
    »Du weißt noch nicht einmal die Hälfte über ihn«, sagte Rebecca mit leicht zitternder Stimme. »Er konnte wirklich unheimlich sein.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Sarah.
    »Na ja, er erwartete beispielsweise, dass alles für ihn gemacht wurde: die Wäsche, das Essen … einfach alles. Und wenn auch nur die kleinste Kleinigkeit nicht so war, wie er es haben wollte, ging er sofort an die Decke. Du hättest ihn mal sehen sollen – in der einen Minute war alles okay, und in der

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