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Turm-Fraeulein

Titel: Turm-Fraeulein Kostenlos Bücher Online Lesen
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die Stirn, während sie ihn an ihr Gesicht führte.
    »Das bedaure ich«, erwiderte er. »Aber es schien mir keine andere Möglichkeit zu geben.«
    »Du hättest dich ganz aus meinem Leben heraushalten können«, sagte sie, und auf eine merkwürdige Art und Weise strich ihre Zunge um ihre strahlend weißen Zähne. »Was hattest du überhaupt im Elfenbeinturm zu suchen?«
    »Das weißt du doch«, entgegnete er. »Es war die einzige Möglichkeit für mich, meine Queste zu beenden und Stanley Dampfer zu retten.«
    »Wegen eines dämlichen Drachens!« rief sie abschätzig. »Ein Ungeheuer, das nichts als Ärger macht! Kaum das Elfenbein seiner Stoßzähne wert!«
    »Stanley besitzt kein Elfenbein«, protestierte er.
    »Dann war es sogar völlig umsonst«, sagte sie. »Du hast meine Pläne ganz schön durcheinandergebracht. Nun muß ich durch diesen ganzen idiotischen Urwald zurück an die Küste und zum Turm.«
    »Aber, du willst doch gar nicht wieder zum Turm zurück!« protestierte der Golem. »Dort ist doch die Seevettel!«
    »Die Seevettel!« Sie schnitt eine Grimasse und begann zu gackern. »Was glaubst du wohl, mit wem du gerade redest, du erbärmlicher Wicht?«
    Nun begriff er endlich, was geschehen war: Das Gespenst der Vettel hatte sich an Rapunzel herangeschlichen, während sie schliefen, und hatte ihren Körper besetzt! Die Katastrophe hatte sie nun doch ereilt.
    Grundy wollte fliehen, doch ihr Griff war wie Eisen. »Möchtest du vielleicht, daß ich dich einmal ordentlich drücke?« fragte die Vettel mit den süßen Lippen der Damsell. Schon zeigten sich im wunderschönen Antlitz Rapunzels Züge von Grausamkeit. Die schmalen Finger schlossen sich noch enger um ihn. Die Hexe mochte sich zwar nur im Körper einer schönen jungen Frau befinden, doch selbst in dieser einen Hand war weitaus mehr Kraft als in Grundys ganzem Körper, und diese Kraft war grausig.
    Er bleckte die Zähne, beugte sich so weit es ging vor und biß in den obersten Finger. Seine relativ winzigen Zähne gruben sich in das Fleisch. Zwar konnte er keinen ernsten Schaden anrichten, aber schmerzen mußte der Biß doch. »Wicht!« kreischte die Vettel und ließ ihn fallen. »Ich reiße dir den Kopf ab!«
    Grundy krabbelte unter das Bett, doch die Vettel schob es kurzerhand beiseite, was Snorty veranlaßte loszuwimmern. »Ich werde euch beide vernichten!« schrie die Vettel und griff erneut nach Grundy.
    Der versuchte davonzulaufen, doch sie erwischte ihn und hob ihn wieder empor. »Das Gesicht beiße ich dir ab!« Sie öffnete ihren einstmals süßen, lieblichen Mund, dessen Zähne bereits denen einer Schlange zu gleichen begannen.
    Verzweifelt hieb Grundy um sich, obwohl er wußte, daß alles verloren war. »Nein! Nein!« rief er.
    »Grundy! Was ist denn los?« fragte sie.
    Er befand sich wieder am Boden, krabbelnd und vor ihr fliehend. »Nein! Nein!«
    »Aber ich weiß doch gar nicht, was ich tun soll!« rief Rapunzel mit flehender Stimme und begann zu weinen.
    Langsam dämmerte es ihm: Er hatte geträumt! Es war gar nichts passiert. Rapunzels Körper war nicht von der Hexe besetzt worden.
    »Es ist nichts«, sagte er erschüttert. »Ich hatte lediglich einen Alptraum.«
    »Dann laß mich dich aufs Bett heben«, sagte sie besorgt und griff wieder nach ihm.
    Grundy musterte die nahende Hand. Er erblickte ein Mal auf dem Zeigefinger. »Nein!« rief er in Panik.
    »Was?«
    »Woher hast du dieses Mal?« fragte er.
    Sie musterte ihren Finger, dann rieb sie ihn, und der Fleck verschwand. Ihr Finger war gar nicht verletzt. Grundy beruhigte sich wieder etwas. »Also gut… hol mich nach oben«, willigte er ein. »Und dann nimm meine Größe an.« Er wußte, daß er es sich nicht erlauben konnte, wegen eines schlimmen Traums das Vertrauen in sie zu verlieren.
    Sie tat wie ihr geheißen und verwandelte sich. Grundy, der sich nun oben auf dem Bett befand, beschrieb ihr seinen Alptraum, wodurch er ihr Mitgefühl erregte. »Aha, kein Wunder, daß du vor mir zurückgewichen bist!« sagte sie. »Du dachtest, ich wäre…«
    »Ich hätte es besser wissen müssen«, sagte er reumütig. »Aber manche von diesen Alpträumen sind äußerst realistisch.«
    »Komm, ich will dich drücken«, sagte sie.
    »Nein!« Doch dann mußte er selbst lachen. »Tut mir leid. Der Traum…«
    »Natürlich«, erwiderte sie verletzt.
    »Nein, es tut mir wirklich leid. Hier.« Er beugte sich vor und küßte sie.
    Da geschahen mehrere Dinge gleichzeitig. Er hatte nicht gewußt, daß

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