TURT/LE: Gefährlicher Einsatz (German Edition)
aufgerissen wurde und der Lauf eines Gewehrs auf Hamids Brust zeigte.
»Was wollt ihr?« Die Frage klang täuschend sanft.
Der Mann war kleiner als Hamid, etwa so groß wie Kyla selbst, und er schien zu wissen, wie man mit einer Waffe umging. Sie konnte ihm nicht verdenken, dass er vorsichtig war, wenn plötzlich mitten in der Nacht Fremde vor der Tür standen. Besonders in dieser Gegend, in diesem unruhigen Land.
»Wir suchen einen Platz, wo wir die Nacht verbringen können. Ein Wagen hat uns mitgenommen, aber er hatte eine Panne einige Kilometer von hier. Wir waren auf dem Weg zum Arzt, meine Frau ist schwach und krank, sie braucht dringend ein paar Stunden Ruhe, bevor sie weitergehen kann.«
»Wer ist das, Rajid?« Die leise Stimme erklang hinter dem Hausbesitzer. Eine Frau stellte sich neben ihn.
»Fremde, unterwegs zum Arzt.«
»Dann sollten wir sie nicht länger in der Kälte stehen lassen.« Sie schob die Tür weiter auf. »Seid willkommen. Möchtet ihr einen Tee?«
Bevor Kyla ›Ja‹ rufen konnte, drückte Hamid warnend ihre Hand. »Danke, das ist nicht nötig.«
»Aber ich bestehe darauf, ihr braucht etwas Warmes.«
»Wir möchten euch nicht zur Last fallen.«
Die Frau winkte sie herein. »Kommt. Legt ab und setzt euch, der Tee ist gleich fertig.«
»Vielen Dank.«
Am Ellbogen führte Hamid Kyla in das kleine aus Lehm gebaute Haus. In der Mitte des Raumes stand ein Sandali, ein aus einem alten Fass gebauter Kaminofen, der wohlige Wärme verströmte. An den Wänden flackerten zwei Kerzen, die den Raum in schummeriges Licht tauchten. Dünne Matratzen, Decken und bunte Kissen lagen auf dem Boden rund um den Ofen. Auf einer schlief eine uralte Frau. Ihr Gesicht war verwittert, der zahnlose Mund zu einem rasselnden Schnarchen geöffnet. Ein kleiner Junge setzte sich auf und rieb sich verschlafen die Augen, als sie näher kamen. Unter einer Decke war ein weiterer Körper auszumachen, doch er rührte sich nicht.
Kyla war dankbar für Hamids stützenden Arm. In ihrem Kopf drehte sich alles, sie war zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. So überließ sie es ihrem »Ehemann«, für alles zu sorgen, und konzentrierte sich darauf, auf den Beinen zu bleiben.
»Unsere älteste Tochter ist mit ihrem Ehemann gerade in der Stadt, ihr könnt ihr Bett benutzen.« Sie deutete auf einen mit einer Decke abgeteilten Bereich des Raumes.
»Wir wissen eure Gastfreundschaft zu schätzen.«
Die Frau lächelte Hamid mit den Augen an. »Wir freuen uns über euren Besuch. Dies ist mein Mann Rajid, unser Sohn Morad, unsere Mutter Abine.« Ihr Tuch hielt sie beim Sprechen vor den Mund. »Ich bin Habiba. Setzt euch.«
Erleichtert wollte Kyla auf eines der Kissen sinken, doch Hamid hielt sie davon ab. »Wir sind ziemlich schmutzig, es wäre schön, wenn wir uns erst noch etwas frisch machen könnten.«
»Aber natürlich. Hinter dem Haus, ich zeige euch den Weg.«
Habiba griff sich eine der Kerzen und trat aus dem Haus in die Dunkelheit. Die Kälte schien ihr nichts auszumachen, als sie rasch den ausgetretenen Pfad zu einer kleinen Hütte hinunterlief. Dort angekommen öffnete sie die Tür und stellte die Kerze auf ein Holzbrett. »Wenn ihr fertig seid, schließt wieder ab und kommt zum Haus. Der Tee wird dann fertig sein.«
»Danke.«
Kyla lehnte sich an die Wand, während Hamid die Tür hinter ihnen zuzog. Sie standen in einem kleinen Verschlag, der nicht viel mehr enthielt als ein Loch im Boden, eine Schüssel und einen Eimer mit Wasser.
»Zieh dich aus.«
»Wie bitte?« Kyla fehlte die Energie, die Frage entrüstet klingen zu lassen.
»Ich muss deine Wunde versorgen.« Da sie sich nicht rührte, griff er kurzerhand selbst nach den Spitzen ihres Schleiers und zog ihn über ihren Kopf.
Abwehrend hob Kyla die Hand – viel zu spät. Verlegen strich sie die Haare zurück, die an ihrer Stirn klebten. Trotz der Kälte war sie in Schweiß gebadet. Ob es an den Schmerzen lag oder das Fieber zurückgekehrt war, konnte sie nicht beurteilen. Der Raum verschwamm im schwankenden Licht der Laterne. Kyla schloss die Augen. Aber auch hinter den geschlossenen Lidern tanzten Lichtpunkte, ließen in ihr ein Gefühl des Schwindels aufkommen. Zitternd stützte sie sich an der groben Holzplatte ab, auf der die Waschschüssel stand.
»Halt noch einen Moment durch, dann kannst du dich im Bett ausruhen.«
Ein Bett, sie wusste kaum noch, wie sich so etwas anfühlte. Mit großer Anstrengung hob sie ihre Lider und fand Hamids besorgten
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