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Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Twin Souls - Die Verbotene: Band 1

Titel: Twin Souls - Die Verbotene: Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Zhang
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beizustehen, die sich bemühten, die Meute in Schach zu halten.
    Wir rannten so weit wir konnten von den Schreien und Rufen und den verschwitzten Leibern weg. Wir gingen nicht in den Laden für Künstlerbedarf. Wir suchten nicht nach Hally oder Ryan, die beide vom Mob verschluckt worden waren. Wir blieben ständig in Bewegung, bis die drei Stunden um waren und wir zu unserem Treffpunkt zurückkehren mussten.
    Als Mom schließlich fast eine halbe Stunde später neben uns hielt, hatten wir aufgehört zu zittern. Die Polizeiwagen waren längst auf und davon, der Gefangene auf dem Rücksitz unter Kontrolle und die Menge hatte sich aufgelöst.
    »Hast du gar nichts gekauft, Addie?«, fragte Lyle als wir uns mit ausdrucksloser Miene auf den Beifahrersitz fallen ließen.
    Wir schüttelten nur den Kopf.

    In jener Nacht schliefen wir nicht, und wir flüsterten auch nicht miteinander, wie wir es normalerweise taten, wenn der Schlaf nicht kommen wollte. Stattdessen lagen wir schweigend in der Dunkelheit. Ich konnte noch immer die Schreie hören, die Sirenen. Die wütenden Gesichter der Menge bevölkerten die Zimmerdecke, und als Addie schließlich unsere Augen schloss, die Rückseite unserer Lider.
    In den Abendnachrichten war über die Razzia berichtet worden, aber es war ihnen irgendwie gelungen, es anders aussehen zu lassen. So, als ob die Menge sich zusammengerottet hätte, um den Mann mit den Handschellen in ihrer Mitte mit Hohn zu überschütten wie Schaulustige bei einem blutigen Spektakel. Dabei waren sie selbst Kämpfer in der Arena gewesen. Es gab keine Bilder, die zeigten, wie die Polizisten darum gerungen hatten, die Menge unter Kontrolle zu bekommen.
    Wenn der Polizist uns nicht gepackt hätte – wenn er uns nicht gerettet hätte –, wären wir unter diese Meute gerutscht, wären unter ihren wutentbrannten Füßen zu Staub zertrampelt worden. Ob er uns auch gerettet hätte, wenn er unser Geheimnis gekannt hätte? Wenn er gewusst hätte, was wir jeden Nachmittag nach der Schule taten? Vielleicht hätte er uns fallen lassen, um unseren zerschlagenen Körper anschließend auf die Rückbank seines Polizeiautos zu werfen und uns wegzusperren.
    Am Abendbrottisch waren alle verstummt, während wir den Bericht guckten, sogar Lyle. Er hatte dagesessen und die Gabel in seiner Hand umklammert, den Blick wie hypnotisiert auf den kleinen Fernsehbildschirm gerichtet. Er war sieben gewesen, als die Ärzte erklärt hatten, Addie habe Frieden gefunden, aber erst fünf, als ich den Großteil meiner Stärke verloren hatte. Und obwohl er sich an die Angst erinnern musste, die sich schleichend im Haus ausgebreitet hatte, an all die Arztbesuche, all die Tage, an denen Mom morgens aufwachte und uns weinend Frühstück machte, fragte ich mich, wie viel er tatsächlich noch von mir in Erinnerung hatte.
    Die Nachbarn, jene dummen, wichtigtuerischen Nachbarn, die ihre Nase in alles stecken mussten, hatten unsere Eltern gewarnt, sie sollten Addie und mich so viel wie möglich von ihm fernhalten, vor allem, als er sich dem Friedensalter näherte. Manche meinten, es sei bloß eine Legende, dass die Anwesenheit eines Hybriden sich auf Kinder auswirkte, die noch keinen Frieden gefunden hatten, aber bei Dingen wie Hybride und Friedenfinden könne man nicht vorsichtig genug sein.
    Auf dem Fernsehbildschirm war das klar zu erkennen. Die Polizeikette. Der Mob. Alles wegen eines Mannes, auf den wir in der Stadt nicht einmal einen Blick erhascht hatten, den wir jetzt aber in der krisseligen Aufnahme sahen. Wir starrten sein Gesicht an. Er hatte nicht versucht, es vor der Kamera zu verstecken, wie es anderen Kriminelle manchmal taten, wenn sie gefilmt wurden. Andere Kriminelle …
    Denn er war ein Krimineller.
    Weil er ein Hybrid war und frei.
    Weil er allein durch seine Existenz andere in Gefahr brachte.
    Weil er, wie wir mit einer gewissen Betäubung vernahmen, das Geschichtsmuseum in Bessimir geflutet und in Brand gesetzt hatte. Das hatten die Ermittlungen ergeben. In einem Versuch, die Geschichte auszulöschen? Die Helden der Vergangenheit zu beschädigen? Oder war es einfach die wahnsinnige Zerstörungswut eines gestörten hybriden Geistes gewesen?
    Hatte er allein gearbeitet? Manchmal verbreiteten die wagemutigsten Schüler Geschichten über ein geheimes Hybridnetzwerk, das in den Americas existiere, wie eine Art Mafia- oder Verschwörungstheorie. Sie wären der wahre Grund für alles Schlechte, das im Land vor sich ging, von Haiangriffen bis

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