Twin Souls - Die Verbotene: Band 1
Handrücken über die Augen. »Also halte einfach zwei Tage durch, okay, Addie? Du schaffst das.«
Wir nickten. Hielten die Luft an, damit uns nicht die Tränen kamen. Senkten den Blick auf den Boden, weil es so wehtat, in Dads Gesicht zu schauen.
Er zog uns in die Arme, drückte uns so fest an seine Brust, dass er Tränen aus unseren Augen quetschte. Addie legte unsere Arme um ihn und einen Moment später war auch Mom da und umarmte uns und Dad. Er ließ uns los und wir umarmten Mom richtig. Ihre Augen waren rot. Sie wichen unserem Blick aus. Aber sie umklammerte unsere Hände, bis sie schmerzten.
»Du begreifst, Addie«, flüsterte sie in unser Ohr. »Du begreifst doch, Liebling. Lyle braucht seine Behandlungen. Sie könnten ihm seine Behandlungen verweigern und dann …«
Sie riss sich los, sodass nur noch unsere Hände einander festhielten, und kniff die Augen zusammen.
»Mom«, sagte Addie. Unsere Finger und ihre waren so eng miteinander verflochten, dass ich nicht hätte sagen können, wo unsere aufhörten und ihre begannen. »Mom, es ist …«
Es ist okay.
Aber sie konnte es nicht sagen. Sie brachte die Worte nicht über die Lippen, und daher sagten wir nichts, wir hielten einfach weiter Moms Hände fest.
Was würden sie Lyle erzählen, wenn er nach Hause kam? Ein Teil von mir war froh, dass er gerade nicht hier war, dass er nicht Zeuge all dessen geworden war. Der andere Teil trauerte unter Tränen, weil ich mich von ihm verabschieden wollte.
»Er wartet«, sagte Mom schließlich. »Wir sollten ihn nicht warten lassen.«
»Er kann ruhig noch ein bisschen länger warten«, sagte Dad.
Aber ein paar Minuten später mussten wir gehen. Mr Conivent führte uns zum Wagen, Dad trug den Matchbeutel und stellte ihn auf den Rücksitz. Wir waren gerade im Begriff, in den Wagen zu steigen, als er uns beiseitezog und ein letztes Mal umarmte.
»Ich liebe dich, Addie«, sagte er.
»Ich liebe dich auch.« Unsere Stimme war leise.
Wieder wandten wir uns ab, um einzusteigen. Und wieder hielt er uns zurück.
Einen langen, langen Moment sah er uns einfach nur an, seine Hand ruhte auf unserer Schulter, sein Blick wanderte über unser Gesicht. Dann, als Addie gerade den Mund öffnete, um etwas zu sagen – ich habe keine Ahnung, was – sprach er noch einmal. Dieses Mal war er derjenige, der flüsterte.
»Falls du da bist, Eva … falls du wirklich da bist …« Seine Finger gruben sich in unsere Schulter, krallten sich in unsere Haut. »Dich liebe ich auch. Das werde ich immer.«
Dann stieß er uns von sich.
Kapitel 12
Die Fahrt zum Hotel dauerte eine Stunde und zwanzig Minuten. Eine Stunde und zwanzig Minuten, die Addie den Matchbeutel an unsere Brust drückte und aus dem Fenster starrte. Eine Stunde und zwanzig Minuten, die ich mir wünschte, wir könnten uns einfach in Luft auflösen.
Wir bekamen ein eigenes Hotelzimmer mit einem Bett, das größer war als das unserer Eltern zu Hause. Der Überwurf hing genau parallel zum Boden. Die Kissen standen stramm nebeneinander aufgereiht, die mit Daunen gefüllte Brust plusternd.
»Bestell dir ein Abendessen, wenn du möchtest«, sagte Mr Conivent. »Die Klinik wird die Kosten übernehmen und der Zimmerservice wird es dir raufbringen.«
Addie nickte. Mr Conivent beugte sich leicht vor und zeigte uns eine letzte Sache: unsere Zimmerschlüsselkarte.
»Ich werde die hier mitnehmen«, sagte er. »Wir brechen noch vor Sonnenaufgang auf, und ich möchte nicht, dass du früh am Morgen danach suchen musst.« Er schob die Karte in seine Hosentasche. »Außerdem gibt es bis dahin wirklich keinen Grund, wieso du dein Zimmer verlassen müsstest. Ruf einfach den Zimmerservice oder die Rezeption an, wenn du etwas möchtest. Okay?«
»Okay«, sagte Addie.
»Ich habe die Rezeption gebeten, dich um drei Uhr anzurufen. Ich weiß, das ist früh, aber bitte sei um drei Uhr dreißig bereit zur Abfahrt. Ich werde dann kommen und dich abholen.«
»Okay«, sagte Addie.
Er lächelte. »Wunderbar. Also dann, gute Nacht.«
»Gute Nacht.«
Addie bestellte nichts beim Zimmerservice. Der Fernsehbildschirm blieb dunkel und abweisend wie ein Feind. Das sorgfältig festgesteckte Laken presste uns an die Matratze, und Addie rollte sich zitternd darunter zusammen, während die Klimaanlage unter dem Fenster kalte Luft hervorpustete.
Eine Stunde später waren wir noch immer hellwach, die Minuten verrannen quälend langsam. Wir umklammerten das Kissen fester. Addie warf sich von einer Seite auf
Weitere Kostenlose Bücher