Twin Souls - Die Verbotene: Band 1
weinen. Seine Mutter beruhigte es mit Gurrlauten und einer Rassel.
Die Männer, die sich mit uns eine Reihe teilten, schliefen beide tief und fest, als der Kapitän den bevorstehenden Landeanflug ankündigte. Wir verloren genau in dem Moment an Höhe, als die Sonne aufging und das Flugzeug in ein Meer aus Gold tauchte, das vom Horizont her aufbrandete. Mit zusammengekniffenen Augen beobachteten wir, wie die Wolkenkratzer immer näher kamen. So hohe Gebäude hatten wir seit unserem Umzug nicht mehr gesehen. Mein Verstand wurde bereits von Erinnerungen an sterile Wartezimmer, zu weite Krankenhauskittel, tickende Uhren und Distanz wahrende Ärzte überflutet.
Addie holte mehrmals tief Luft, als das Flugzeug auf der Landebahn aufsetzte, das Schnurren der Motoren sich in ein Grollen verwandelte, sich dann zu einem Knurren steigerte und schließlich in einem gewaltigen Brüllen mündete.
Die Luft heulte an uns vorbei. Wir schossen so schnell vorwärts, dass ich Angst hatte, wir würden erneut abheben. Aber allmählich wurde das Flugzeug langsamer, bis wir die Landebahn nur noch entlangrollten. Die Lichter gingen an. Neben uns begannen die Geschäftsmänner sich zu rühren.
Der Flugkapitän hieß uns im Staat und der Stadt willkommen, als das Flugzeug um eine Ecke rollte, dann verkündete er Temperatur und Uhrzeit.
‹Wie will er Devon und uns gleichzeitig von Bord bringen?›, fragte Addie.
‹Keine Ahnung.›
Wir saßen da und warteten. Wir saßen da und warteten, während das Flugzeug langsamer wurde und schließlich zum Stehen kam. Wir saßen da und warteten, während alle anderen aufstanden, gähnten und sich streckten.
»Zeit aufzustehen«, sagte der Mann neben uns. Er ließ die Schultern kreisen und massierte sich den Nacken.
»Ich warte auf jemanden«, entgegnete Addie.
Der Gang füllte sich mit Leuten, die ihr Gepäck aus den Fächern über unseren Köpfen holten. Der Mann zu unserer Linken gesellte sich zu ihnen, während der auf unserer Rechten uns immer wieder bedeutsame Blicke zuwarf. Addie war im Begriff, etwas zu sagen, als wir hörten, wie ein Stück den Gang hinauf Unruhe entstand.
»Entschuldigung«, wiederholte jemand immer wieder, während er sich durch die Menge auf dem Gang schlängelte. »Tut mir leid, entschuldigen Sie bitte.«
Eine Stewardess stolperte in die Lücke neben unserem Platz. Sie lächelte, in ihren hochhackigen schwarzen Schuhen schwankte sie leicht, und sie bemühte sich, ein paar Ponysträhnen beiseitezustreichen, die ihr in die Augen gefallen waren.
»Mr Conivent hat mich geschickt, um dich zu holen«, sagte sie. »Er ist noch da vorne beschäftigt und möchte nicht, dass du zu lange warten musst – oder jemandem im Weg bist.« Der Mann, der zwischen uns und dem Fenster festsaß, schenkte ihr ein dankbares Lächeln.
Addie stand auf und hielt sich an dem Sitz vor unserem fest, damit sie das Gleichgewicht nicht verlor.
»Welche ist deine Tasche?«, fragte die Flugbegleiterin, den Blick auf das Gepäckfach gerichtet.
»Der rote Matchbeutel«, sagte Addie. Sie ließ sich hinaus auf den Gang gleiten und schob sich neben die Frau. »Wo gehen wir hin?«
Die Stewardess befreite unsere Tasche mit einem Ruck und drückte sie uns in die Arme. »Nur zum Terminal. Er kommt dich dort abholen, sobald er hier raus ist.«
Addie überprüfte den Chip in unserer Hand ein paarmal, während wir uns der Schnauze des Flugzeugs näherten. Das Licht leuchtete beständig. Devon und Ryan waren hier irgendwo in der Nähe.
Ein Schimmer Morgenröte stahl sich durch den Spalt zwischen Flugzeug und Gangway. Als Addie darübertrat, den Matchbeutel fest an unsere Brust gedrückt, wechselte das Licht des Chips von einem Dauerglühen zu einem raschen Blinken. Devon musste sich weiter entfernt haben.
»Kommst du, Süße?«, fragte die Flugbegleiterin.
Addie schloss unsere Hand um den Chip und lief schneller.
Der Terminal war lichtdurchflutet und brummte wie ein Bienenstock. Leute eilten in alle Richtungen, ihre Koffer polterten hinter ihnen her. Eine körperlose Stimme rief den Namen eines verlorengegangenen Kindes aus. Elektronische Anzeigen verkündeten ratternd eine Liste von Abflugzeiten, Verspätungen und gestrichenen Flügen.
Ich war davon ausgegangen, wir würden einfach neben der Tür warten, aber die Stewardess führte uns mit klappernden Absätzen durch die gefliesten Korridore. Überall waren Fenster. Draußen hatte die Sonne sich vom Horizont gelöst. Sie hing in der golden
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