Twin Souls - Die Verbotene: Band 1
ihr wütender Blick verdüsterte ihr ansonsten blasses Gesicht.
Langsam ging Addie zu den anderen und setzte sich auf den leeren Stuhl schräg gegenüber von Devon. Er nickte uns zu, eine so unmerkliche Bewegung, dass sie kaum auffiel. Neben ihm presste Hally die Lippen aufeinander und behielt ihren Gesichtsausdruck mehr oder weniger unter Kontrolle.
»Wie heißt du denn nun?«, fragte jemand. Es war verwirrend, dermaßen im Rampenlicht zu stehen, nachdem wir es ein Leben lang gemieden hatten.
»Addie«, sagte Addie. Unsere Stimme hallte in der Stille, obwohl der Raum nicht groß war. Er war so hell ausgeleuchtet, dass es sich anfühlte, als würden wir einem Verhör unterzogen.
»Und?«
»Sch!«, machte jemand. Nervöse Blicke schossen hin und her. Ich fing Fetzen geflüsterter Sätze auf, Streit und Aufbegehren und Beschwichtigungen – die Krankenschwester ist nicht hier, also ist es okay … Aber das heißt gar nichts, denn sie haben Kameras … Sie haben keine Kameras hier drin … Und selbst, wenn sie welche hätten … Also ich dachte …
»Sch!«, schienen plötzlich alle gleichzeitig zu zischen.
Und gerade noch rechtzeitig, denn die Tür ging auf und die Krankenschwester kam herein. Sie lächelte über das Schweigen und die großen, runden Augen. »Ihr seid so still heute Morgen. Seid ihr noch nicht richtig wach?« Ein spezielles kleines Lächeln galt Eli, der nicht zurücklächelte. »Nun«, sagte sie, »wie ich sehe, hat Addie schon einen Platz gefunden. Tut mir leid, dass du warten musstest, Liebes. Ich musste bis in die Küche gehen, um dir deine Portion zu holen.«
Unser Tablett sah genauso aus wie alle anderen. Jede Vertiefung war mit einer kleinen Portion Frühstücksallerlei gefüllt: wässriges Rührei, angebrannter, bröseliger Speck, ein Paar durchweichte Pfannkuchen.
»Vielen Dank«, sagte Addie leise.
»Gern geschehen«, erwiderte die Krankenschwester. »Ich bin direkt da drüben, falls du irgendetwas brauchst.« Sie setzte sich auf einen Klappstuhl neben der Tür, schlug die Beine übereinander und hob eine Zeitschrift vom Boden auf.
Das Schweigen dauerte noch einen Moment an. Dann, als hätte jemand bei einem Film auf Play gedrückt, wurden die gemurmelten Unterhaltungen wieder aufgenommen. Besteck klapperte, als alle ihr Frühstück Marke Krankenhaus auf die Gabeln schaufelten. Niemand sprach lauter als flüsternd. Die Köpfe blieben gesenkt, die Schultern gerundet. Nur Eli ließ seinen Blick bis zu Addie und mir schweifen, dann quer durch den Raum zur Krankenschwester.
»Addie … Addie.«
Unser Blick huschte zu Hally, die uns ein winziges Lächeln schenkte. Dann sah sie uns an, als wolle sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. »Es tut mir so leid«, flüsterte sie. »Es tut mir so, so leid. Ich wollte nicht … ich … ich musste ihn unbedingt sehen. Ich konnte nicht einfach …«
»Sch«, sagte Devon, mit dem Kopf in Richtung Krankenschwester deutend.
Hally schluckte den Rest ihrer Worte hinunter. Und ich erinnerte mich an das, was Ryan mir über Hally erzählt hatte: wie sehr sie sich danach gesehnt hatte, andere Hybride zu treffen, mit Menschen zusammen zu sein, die waren wie sie. Wie wir.
Addie zögerte. »Ist schon gut.«
»Nichts davon spielt jetzt noch eine Rolle«, sagte Devon, der einen Pfannkuchen mit Gabel und Messer bearbeitete. Er bewahrte sorgfältig eine ausdruckslose Miene, sogar ohne das übliche konzentrierte oder leicht genervte Stirnrunzeln. »Wir sind alle hier gelandet. Und wir müssen hier raus.«
»Wie?«, fragte Addie.
»Verhalte dich unauffällig für den Anfang«, sagte Devon. »Iss etwas, Addie – sie beobachtet uns. Nein, guck jetzt nicht hin. Iss einfach.«
Unser Hunger hatte sich in einen dumpfen Schmerz verwandelt. Das Essen brachte den Appetit nicht zurück, aber Addie aß trotzdem etwas. Die Eier probierte sie zuerst. Sie waren obendrauf wie Gummi, labberig in der Mitte und salzig durch und durch. Sie kaute mechanisch, während Devon weitersprach. Seine Lippen bewegten sich kaum. Keiner der anderen schien uns zuzuhören, aber das ließ sich nur schwer beurteilen. Diejenigen, die mit niemandem sprachen, hielten den Blick starr auf ihr Tablett gerichtet. »Halte dich bedeckt. Leugne alles. Du darfst immer noch hoffen, dass dein Testergebnis negativ ist. Oder zumindest nicht eindeutig.«
Es wäre gelogen, zu behaupten, mich hätte bei seinen Worten nicht schlagartig Erleichterung durchströmt. Allein ihn das sagen zu hören führte dazu,
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