Twin Souls - Die Verbotene: Band 1
der kreischte und um sich trat, von Dr. Wendle mit Gewalt gepackt und alle sahen einfach nur zu …
»Lassen Sie ihn los!«, rief Addie.
Wir erstarrten. Ryans Blick schoss zu uns herüber. Aber die Worte waren gefallen und Addie konnte sie nicht mehr zurücknehmen. Mr Conivent drehte sich um und funkelte uns an, aber Dr. Wendle hörte nicht auf – er ließ Eli nicht los –, und ehe ich michs versah, waren wir von unserem Platz aufgesprungen und quer durch den Raum gerast, denn konnten sie nicht sehen, wie viel Angst er hatte? Konnten sie nicht ein kleines bisschen netter sein?
Jemand packte uns, bevor wir bei ihm waren. Eines der Komissionsmitglieder – der Mann, der ständig mit Mr Conivent redete – und sein Griff tat weh. Er riss uns zurück, hielt uns fest an sich gepresst, und die ersten Worte, die wir aus seinem Mund vernahmen, waren: »Du wirst damit aufhören. Du wirst dich beruhigen. Und zwar auf der Stelle.«
Seine Nägel gruben sich so tief in unsere Haut, dass uns Tränen in die Augen traten, und wir konnten sein Gesicht nicht sehen; wir hörten nur seine Stimme in unserem Ohr. Er wirbelte uns herum, den Rücken noch immer an seinen Oberkörper gepresst, aber unser Gesicht nun den anderen zugewandt. Jeder Einzelne von ihnen starrte uns an. Jeder Einzelne von ihnen mit einem anderen Gesichtsausdruck. Aber in jedem entdeckten wir die gleiche unterschwellige Angst. Ryan war halb von seinem Stuhl aufgesprungen, jedoch in der Bewegung erstarrt.
Langsam, schweigend, brachte der Mann Addie und mich zurück zu der Stuhlreihe. Wir waren eine Puppe in seinen Händen, geschaffen aus Plastik und künstlicher Bemalung, die Gelenke vollkommen steif. Er stieß uns auf einen Stuhl, und wir standen nicht noch einmal auf, als Eli, der sich mit Händen und Füßen wehrte und kreischte, in eins der Untersuchungszimmer geschleift wurde, nachdem er von Dr. Wendle und ein paar Krankenschwestern in die Ecke gedrängt und gefangen worden war.
Kapitel 22
In jener Nacht war Kitty still, nachdem die Lichter ausgegangen waren. Sie hatte sich mit dem Gesicht zur Wand zusammengerollt, die Knie beinah bis an die Brust gezogen, ihre Haare flossen wie Tinte über das Kissen. In weniger als einer halben Stunde waren ihre Atemzüge langsam und gleichmäßig geworden.
Es gelang uns nicht, die Augen zu schließen, geschweige denn zu schlafen. Ich hörte Echos von Stimmen, die nicht da waren. Elis Schreie. Die Worte des Komissionsmitglieds in unserem Ohr. Letztendlich hatten sie die Untersuchungen nicht einmal durchgezogen. Stattdessen waren die Ärzte und Komissionsmitglieder mit Eli irgendwohin verschwunden und hatten den Rest von uns mit einer schlecht gelaunten Krankenschwester allein gelassen, die uns in unsere Zimmer stieß, während sie vor sich hin murmelte, dass ihre Schicht längst vorüber sei.
Niemand hatte gewagt, sein Zimmer wieder zu verlassen. Selbst als die Schwester gegangen und der Gemeinschaftsraum damit leer war, hätten die anderen sicherlich mitbekommen, wenn sich eine Tür geöffnet hätte … Und wer wusste schon, ob sie es jemandem verraten würden?
‹Was, glaubst du, machen sie mit ihnen?›, frage Addie. Sie hielt Ryans Chip in unserer Hand, den Blick fest auf den langsamen Puls gerichtet. Vielleicht tröstete er sie ebenso, wie er mich tröstete.
Ich brauchte nicht zu fragen, von wem sie sprach. ‹Das Gleiche, was sie mit uns anderen versuchen.›
‹Nein.› Sie ließ sich auf den Rücken fallen. ‹Bei Eli und Cal ist noch irgendetwas anderes im Spiel. Sie versuchen nicht nur, sie dazu zu bringen, Frieden zu finden … Er ist noch so klein und schon hier und …›
‹Er ist noch so klein und schon hier, weil seine Eltern ihn nicht wollten›, sagte ich.
Addies Gereiztheit poltere gegen mich, und ich wusste, sie würde das Thema nicht einfach auf sich beruhen lassen. Aber noch ehe sie etwas sagen konnte, begann der Chip in unserer Hand schneller zu pulsieren.
Einen Augenblick sahen wir ihn nur verblüfft an. Dann schlug Addie ohne ein Wort die Decke zurück und schwang unsere Beine über die Bettkante. Von dem eiskalten Boden bekamen wir eine Gänsehaut.
Kitty rührte sich nicht. Addie durchquerte den Raum, unser Nachthemd schimmerte weiß im Mondlicht, unsere nackten Füße raunten über den Boden. Als wir die Tür öffneten, leuchtete der Chip in einem beständigen Rot. Addie trat einen Schritt auf den Flur hinaus und wäre beinah mit Ryan zusammengestoßen.
Sie schlug die Hand vor den
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