Two Night Stand
Sie mal etwas fragen?“, dieser Zacharias von Hofmannsthal musterte Shona die ganze Zeit.
„Ja, klar“, sie zuckte mit den Schultern, war aber auf der Hut. Bei dieser Familie musste man wohl auf alles gefasst sein.
„Wie kommt es, dass eine junge Frau diesen Beruf ergreift? Auch in der heutigen Zeit ist das doch eher ungewöhnlich“, erkundigte er sich höflich.
Shona wurde wieder misstrauischer. Tickte der Kerl so wie sein verkommener Spross? Aber der Vater wirkte sehr edel und gut erzogen und sie konnte sich nicht vorstellen, dass er ihr gegenüber unverschämt werden würde. Schon gar nicht, solange ihr Chef auch dabei stand.
„Ich habe mich immer für Technik und Motoren interessiert“, erklärte Shona ihm dann zögerlich. „Ich mag es einfach, an Autos herumzuschrauben und mich mit der Elektronik zu befassen.“
„Sissi, also Frau Miller meine ich, ist eine unserer besten Mitarbeiterinnen. Und sie hat den Vorteil, dass sie mit ihren kleinen Händen eher an manche verbauten Teile herankommt“, ergänzte ihr Chef.
„Ah, verstehe“, lächelte Zacharias von Hofmannsthal. „Ich hoffe, Sie empfinden mich nicht als zu neugierig, aber ich fand es einfach interessant, mir das einmal anzuhören“, er streckte ihr die Hand entgegen, Shona griff rasch nach einem Lappen um sich noch einmal die Finger sauber zu machen.
„Nein, ist schon gut“, er schien ja wirklich sehr nett zu sein. Erstaunlich, dass sich seine Gene offenbar bei seinem Sohn nicht durchgesetzt hatten. „Mein Beruf ist für eine Frau ja doch eher ungewöhnlich.“
„War es schwer für Sie, sich durchzusetzen?“
„Anfangs schon“, gestand sie ihm.
„Aber Shona hat sich durchgebissen. Sie kann sehr resolut sein“, grinste ihr Chef.
„Na ja, das muss man halt auch“, sie schenkte ihm einen bösen Blick.
„Das glaube ich nur zu gern“, nickte Zacharias von Hofmannsthal ihr zu. „Es war mir eine Freude, Sie kennenzulernen. Wir sehen uns sicherlich noch öfter. Alle unsere Dienstfahrzeuge sind BMWs“, mit einem Lächeln im Gesicht verabschiedete er sich dann von Shona und setzte sich in sein Auto.
Sie sah ihm ein wenig ratlos hinterher und fragte sich schon wieder, was sein Sohn ihm bloß über sie erzählt hatte.
Und dieser Zacharias von Hofmannsthal machte tatsächlich seine Ankündigung ernst. Shona hatte seinen Besuch eigentlich schon vergessen, aber zwei Monate später bekam die Werkstatt den Auftrag mehrere Firmenfahrzeuge der Juweliersfamilie warten zu lassen.
„Da wir dir den Auftrag zu verdanken haben, solltest du dich auch um die Auftragsabwicklung kümmern. Bitte fahre mit Adam und Jens zum Firmensitz und hole drei Fahrzeuge ab“, wies Franz Mertens sie morgens an.
Shona nickte nur, irgendwie konnte sie das zwar noch nicht so ganz glauben, aber es war natürlich klasse, so einen wichtigen Kunden zu haben. Und der ältere Herr war ja durchaus nett gewesen.
Franz Mertens setzte seine drei Mitarbeiter ab, der Portier wusste bereits Bescheid, händigte ihnen die Schlüssel aus und zeigte ihnen, wo die Fahrzeuge parkten und wo sie später auch wieder hingebracht werden mussten.
Für Shona und ihre Kollegen war dieser Auftrag Routine, bereits nach zwei Stunden machten sie sich auf den Weg zurück zum Firmensitz.
„Oh, das ging ja schnell“, staunte der Portier, als er die Schlüssel wieder in Empfang nahm.
Shona lächelte ihm zu. „Keine Ursache. Falls es Fragen oder Probleme gibt, dann melden Sie sich bitte sofort bei uns.“
„Der Chef wollte Sie persönlich sprechen und die Rechnungen prüfen. Bitte fahren Sie in den vierten Stock“, antwortete der Mann stattdessen.
Shona zog überrascht die Augenbrauen. „Wie bitte?“, fragte sie verblüfft.
„Anweisung von oben. Herr von Hofmannsthal legt großen Wert darauf, mit allen Kunden und Dienstleistern persönlich in Kontakt zu treten. Das ist nichts Außergewöhnliches“, versuchte der Portier sie zu beruhigen.
„Okay“, Shona zuckte nur mit den Schultern. „Na kommt…“, ermunterte sie ihre Kollegen.
Adam und Jens tauschten ebenso erstaunte Blicke, zu dritt machten sie sich dann auf den Weg nach oben.
Als sich die Fahrstuhltüren öffneten, glaubte sich Shona in einer anderen Welt. Etwas zögernd trat sie zusammen mit ihren Kollegen aus dem Aufzug. Die Vorstandsetage nur als ‚nobel’ zu bezeichnen, wäre wohl die Untertreibung des Jahres gewesen.
Shonas Füße versanken fast in dem weichen Teppich, der sie empfing, staunend
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