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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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ebensolche Gurte trug. In
deren Schlaufen steckten jedoch erbärmlich kleine tote Vögel. Insgesamt zählte
sie acht Männer und zwei Frauen, alle nur mit Fetzen aus Fell oder Stoff
behängt. Ihre nackte Haut hatten sie mit schwarzer und weißer Farbe bemalt. Und
jeder dieser Gestalten schien etwas zu fehlen: eine Hand, ein Fuß, ein Ohr, die
Nase –
    Die meisten von ihnen waren mit dem Zerlegen eines
großen Rehs beschäftigt. Der Anblick des aufgeschnittenen Körpers gab ihr den
Rest, obwohl die blutverschmierten Fleischstücke ironischerweise die
lebendigsten Farbtupfer in dieser trüben Albtraumszenerie bildeten. Der nackte
Irre mit den Vogelkadavern schien eine Art Tanz aufzuführen. Die anderen
feuerten ihn hin und wieder an, dann machte er einen besonders hohen Hüpfer und
stieß einen der heiseren Schreie aus, die sie schon von weitem gehört hatten.
Fast noch schlimmer als ihn fand sie die beiden Frauen, die genau gegenüber an
einem Baumstamm hockten. Die Ältere von beiden trug kaum mehr als eine Schicht
aus grauschwarzem Schmutz und ihr langes, graues, völlig verfilztes Haar. Sie
hatte sich mit schriller Stimme ein Stück von dem rohen Fleisch erbettelt und
drehte es nun in den Händen, als müsste sie die beste Stelle zum Hineinbeißen
finden. Immer wieder stupste sie die andere neben sich an und kicherte. Diese
andere war noch jung, sie trug etwas Zerfetztes, das einmal ein Kleid aus
kleingeblümtem Stoff gewesen war. Um ihren Hals lag eine Seilschlinge, deren
anderes Ende um einen Baumstamm gebunden war. Sie starrte reglos vor sich hin.
    Kate zuckte zusammen, als etwas auf ihre Hand prallte
– es war nur eine Eichel, die knallten bei jedem Windstoß vom Baum – aber das
brachte sie wieder zu sich. Nichts wie weg hier! Sie würde wie dieses Reh da
vorne enden, wenn einer von denen sie erwischte. Und de Braose vermutlich auch.
Es lag etwas Krankes, Verzerrtes über dieser Szene, das ihr Angst und mehr noch
Ekel einflößte, als könnte man sich anstecken. Als sei man in die Tiefen eines
alten Irrenhauses hinabgestiegen. Aber sie wollte unbedingt hören, worüber de
Braose redete.
    In der Sprache, die in diesem Lager gesprochen wurde,
konnte sie nur gelegentlich ein englisches Wort erkennen. de Braose schien
jedoch auch hier so souverän wie üblich zu sein. Seine Stimme und Bewegungen
waren ruhig und verhalten, ohne dass er ängstlich wirkte, auch nicht, als der
zappelnde Verrückte immer dichter um ihn herumtanzte.
    Es dauerte in Wirklichkeit wohl nur ein paar Minuten,
aber ihr erschien es wie eine Ewigkeit, bis man sich dort am Feuer feierlich
und mit Verbeugungen voneinander verabschiedete. Die anderen stießen ein
schrilles Geheul aus, wohl eine Art Salut-Geschrei, das ihr die Haare zu Berge
stehen ließ. Dann war de Braose entlassen, lebendig und in Freiheit. Während er
gar nicht weit von ihr wieder in der Dunkelheit verschwand, kehrte man am Feuer
zum Essen zurück.
    Sie machte sich daran zurückzukriechen, wagte es lange
nicht, aus der kriechenden Haltung aufzutauchen, und als sie es endlich tat,
stellte sie fest, dass sie die Orientierung verloren hatte und nicht mehr
wusste, in welcher Richtung das Pakka-Gesträuch lag. Und sie bekam fast einen
Herzschlag, als plötzlich eine Gestalt vor ihr auftauchte –
    „Kate!“, zischte de Braose, packte sie und schleppte
sie mit sich, bis der Feuerschein außer Sicht war.
    „Scheiße. Ich – wollte einfach nicht allein warten“,
brachte sie kläglich heraus. „Es tut mir leid. Ich wünschte selbst, ich hätte
die nicht gesehen!“
    „Du kannst froh sein, dass sie dich nicht
gesehen haben“, knurrte er. Und dann, ohne ein weiteres Wort, presste er sie
gegen den nächsten Baumstamm und fiel über sie her. Als müsste er sich
versichern, dass er lebendig und vollständig war und sie auch.
    Danach richteten sie ihr Nachtlager tief in der Pakka
ein. Diese Buschkolonien waren wie kleine Inseln aus knapp mannshohem Gesträuch,
mit Lichtungen in ihrem Innern – die perfekten Lagerplätze. Er achtete darauf,
dass die Kuhle für ihr Feuer diesmal noch tiefer und das Feuer selbst noch
kleiner war als sonst. Ihr war der Appetit auf Abendessen vergangen.
    „Wie können wir sicher sein, dass die uns nicht heute
Nacht überfallen?“
    „Können wir nicht. Aber der Obere schien seine Leute
gut im Griff zu haben. Und wie gesagt, sie sind auf einer Pilgerreise.“
    „Pilgerreise?! Gott, was soll das heißen bei solchen
Leuten?“
    „Um darüber was zu

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