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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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ob
nicht sein altes Leben drüben der Traum gewesen sein könnte – und dies hier die
einzige Wirklichkeit.
     
    4.
    Die Landschaft, durch die der Traskepad führte, war im
Übrigen wunderschön. Sattes, fruchtbares Land war das, Gärten und Felder,
Wiesen und Wälder, mit vielen Flüssen, Bächen und Seen. Hügelige, grüne Weiten,
in die nun langsam der Herbst mit Gelb, Orange, Ocker und Purpur einzog. Kühe,
Schafe und überall Pferde – im Nordwesten von Maikonnen sollte es sogar wilde
Pferdeherden geben. Hunger musste hier bestimmt keiner leiden, und die Ausgabe
einer Portion Grütze an die Flüchtlinge war nicht zu viel verlangt. Dennoch
waren die Leute in den kleinen Orten entlang des Traskepads natürlich nicht
gerade entzückt über den Strom der Reisenden, der sich da über ihre Hauptstraße
wälzte.
    Es wurde kälter. Anfang der zweiten Woche fror es in
den Nächten, und vormittags zogen sie stundenlang zwischen schattigen, weiß
überfrorenen Wiesen voran. Die Montagus kramten ihre Wintersachen hervor, dicke
Wollpullover, gestrickte Unterwäsche, Strümpfe und Stulpen, Schals und
Handschuhe, und irgendwie bekamen auch Carmino und Pix etwas davon ab. Nur
James hatte nichts. Vielleicht waren alle der Ansicht, dass Brogues schwere
Tuchjacke (für die er jetzt jeden Morgen dankbarer war) Kälteschutz genug
darstellte. Haminta besorgte ihm schließlich einen Pullover, der die Nachtwachen
wenigstens erträglich machte.
    Haminta und er hielten sich an das Verbot des Chefs,
auch wenn James das schwer fiel, so angefremdet, wie er sich manchmal fühlte.
Aber ihnen beiden war klar, dass es besser so war. Er hatte nicht vergessen,
was sie an dem Morgen in Krai gesagt hatte: dass sie froh war, von ihm
wegzukommen, weil sie sich sonst ernsthaft in ihn verlieben würde. Und das
wollte er auf keinen Fall, er wollte auch selbst nicht noch tiefer in das
Geflecht der Montagus verwickelt werden. In Kürze würde er von ihnen weggehen,
und dabei wollte er keine tieferen Bindungen zerreißen müssen. So saßen sie
zwar oft abends am Feuer zusammen, aber sie vermieden es, miteinander allein zu
sein.
    Seit die Nächte so kalt geworden waren, wurde im
Gilwissler nicht mehr nur um Chavalbeträge gezockt, sondern darum, wer die
nächste Nachtwache übernehmen musste. Ving war ein Spiel, bei dem außer Glück
auch ein bisschen Konzentration und Aufmerksamkeit ganz nützlich waren, und
deshalb hatte Horgest nun ständig Nachtwache. James war davon überzeugt, dass
Horgests Einsatz ihn selbst vor dem Erfrieren bewahrt hatte – oder doch zumindest
vor einer Lungenentzündung. Immerhin war es ein Fortschritt, dass Horgest seit
Aube wieder mitspielte. Dass er dabei finster und schweigsam blieb, war in
Ordnung, weil Carmino und Juniper schon Unruhe genug in die Runde brachten. Auch
Stanwell kam jetzt manchmal wieder dazu, zu den letzten Runden wenigstens. James
spielte nicht nur wegen der Nachtwachen mit, sondern auch weil das eine der
wenigen Gelegenheiten war, bei der er sich noch als Teil der Truppe fühlte.
    Als sie dazu übergingen, um sämtliche Nachtwachen zu
spielen, flog die Sache auf. Horgest hockte eine ganze Nacht draußen und konnte
am nächsten Tag nur noch krächzen. Der Chef verbot das Spiel um die Wachen, und
nachdem er offenbar in vielen Spielrunden darüber gebrütet hatte, rastete
Horgest am nächsten Abend plötzlich aus und beschuldigte Firn, beim Spiel zu
betrügen. Es lief wie üblich, die beiden gingen sich an die Gurgel, und weil
Stanwell noch mit seinen ehelichen Pflichten beschäftigt war, konnten sie sie
erst trennen, als Horgest eine blutige Nase und Firn den nächsten Schlag auf
seine noch nicht ganz verblasste Prellung bekommen hatte. Von da an spielte
Firn nicht mehr mit, und das wertete Horgest lautstark als Schuldeingeständnis.
    Und so verging Tag für Tag mit Marschieren und
Galiziakfahren, mit Krankenversorgung und Nachtwachen. Irgendwo auf dieser
Straße, zwischen Flüchtlingen, Pilgern und Soldaten, in diesen langen, kalten
Nächten kam James der Glaube an die Rückkehr abhanden. Er versuchte immer noch,
sich selbst auf sein Ziel Gahom einzuschwören, aber es war kaum mehr als ein
Wort für ihn. Er hörte auch auf, nach der Pelektá Ausschau zu halten. Er war
der Mann ohne Vergangenheit und ohne Zukunft – hielt sich in der Schwebe der
Gegenwart, und war verloren, sobald ihn die einmal nicht forderte.
     
    5.
    An ihrem zwölften Tag auf dem Traskepad wurden sie am
frühen Nachmittag auf offener

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