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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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bist.“
    Verdammt, da war er also doch aufgeflogen. Bisher war
niemandem aufgefallen, dass der Maler in Hemd und Weste derselbe Mann war, der
im würdevollen Goldknopfgehrock und emblemverziertem Hut auch den Hakemi mimte.
    „Das eine schließt das andere ja nicht aus, Ska.“
    „Da hast du wohl Recht. Bist du als Hakemi auch so
erfolgreich?“
    „Die Patienten sind zufrieden.“ Zumindest waren sie
das gestern gewesen.
    „Und bis sie sterben, bist du ja schon wieder weg!“
    Ein tiefes, verhaltenes Lachen hatte der, das
irgendwie nicht zu einem simplen reichen Angeber passte. Wie auch dieser Blick
nicht dazu passte!
    „Aber wir sollten uns die Hakemis lieber nicht durch
dumme Witze verstimmen … Wie man hört, gibt es im Hafenviertel Fieberfälle. Bei
euch ist noch alles gesund?“
    James nickte nur und versuchte, die Linie seines Kinns
zu erfassen, die sich während des Geschwafels die ganze Zeit bewegte.
    „Im Hafenviertel!“, rief einer der Umstehenden. „Es
kommt immer von da, immer! Schickt die Treibser auf die Schiffe, sag ich! Raus
aufs Meer, und dann ’ne Fackel hinterher! So hat man das früher gemacht, und
deshalb ist Gassa auch nie von ’ner Seuche dahingerafft worden!“
    Es gab ein bisschen Gemurmel, aber keine offene
Zustimmung. Dieses Thema wollte im Augenblick anscheinend niemand vertiefen.
    „Muss hart sein, als Peregrin in diesen Tagen“, meinte
sein Modell. „Die Asche, der Mond, das Fieber … macht die Städter misstrauisch
gegen euresgleichen. Steht ihr da nicht immer öfter vor verschlossenen Stadttoren?“
    „Nein.“
    „Na, das kommt schon noch.“
    James beschloss, sich nicht länger am Gespräch zu
beteiligen. Vielleicht hörte der sich einfach gern reden. Er zeichnete die
schmalen Augen, dann den Umriss seines Gesichts – glatt rasiert,
klassisch-kantiges Helden-Sechseck – und schraffierte die Schatten seiner unter
den Jochbeinen abfallenden Wangen, all die harten, geraden Linien um Nase und
Mund … es war einfach nicht das Gesicht eines Schwätzers. Was konnte der von
ihm wollen? War das irgendeine städtische Obrigkeit, die ihm auf die Finger
sehen wollte? Aber er war sich keines Vergehens bewusst.
    Es war fast, als wollte der Mann seine Überlegungen
bestätigen, denn jetzt fragte er: „Ist das da nicht hinderlich beim Zeichnen?
Dein Finger, meine ich?“
    James machte einen unbeabsichtigten Schlenker in die
Kinnlinie, die er gerade korrigierte. Der Finger – wieso? Der war doch da,
oder?
    Natürlich war er da. Was für ein Quatsch. Dem
Labersack war nur aufgefallen, dass er verkürzt und vernarbt war. Jetzt mal
bloß nicht durchdrehen!
    „Wieso sollte er. Ist ja nur der kleine Finger.“
    „Da hast du ja Glück gehabt, dass es nicht den Daumen
oder Zeigefinger erwischt hat, wie?“
    Allmählich begann der Kerl wirklich zu nerven. Dieser
joviale Ton, den die Ironie in seinen Mundwinkeln verspottete, die Blicke, die
ihn die ganze Zeit sezierten … sollte er doch mit der Sprache rausrücken und
sagen, was er wirklich wollte, oder zum Teufel gehen!
    Es schien, als hätte sein Gegenüber das Kippen der
Stimmung gespürt. Der Samtüberzug seiner Stimme wurde dünn, auf einmal ahnte
man den wahren Klang darunter. Und der ging mehr in Richtung Verhör.
    „Du bist James, ja?“, fragte er. „Gehörst zum Stern
von Montagu ?“
    „Ja.“
    „Bestimmt zieht ihr weiter nach Krai, nach dem Markt?“
    „Klar. Tun wir immer.“
    „Um da eurer Toten aus dem Dunklen Zeitalter zu
gedenken … ja, ich weiß.“
    Na ja, soweit er wusste, sollten dort vor allem
Hochzeiten gefeiert werden … aber er hatte nicht vor, noch mehr zu reden. Am
besten wimmelte er den jetzt einfach mit Unhöflichkeit ab. Schließlich war er
ein Peregrin und von diesem Kerl in keiner Weise abhängig. Der erwartete wahrscheinlich sogar, dass er unverschämt wurde.
    „Hör mal, Ska, ich kann dich nicht zeichnen, wenn du
die ganze Zeit redest, klar? Und mich stört’s auch, wenn ich immer antworten
muss! Und ich hab’s ’n bisschen eilig, du siehst ja, wie viele da stehen und
auch noch gemalt werden wollen!“
    Kichern im Kreis der Zuschauer. Von denen hätte keiner
dem reichen Fatzke eins draufgeben können. Aber die Peregrini konnten das. Der
Fatzke nahm es gelassen. Leider war das keine Beruhigung. Der Typ war zu
beherrscht, zu diszipliniert, um einfach nur ein Fatzke zu sein. Ab jetzt
schwieg er tatsächlich, aber mit einem süffisanten Zug um den Mund, als hätte
er ein geheimes Ziel erreicht.

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