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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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als hätten die auf uns gewartet!“
    „Ach Quatsch“, sagte Carmino. „Wer soll denn hier was
von uns wissen? Und dass Schneemann bei uns ist – das weiß schon mal sowieso
keiner!“
    „Ich frag mich, ob Dorian hier ist –“
    „Und ich frag mich, was der mit Kimber meinte
–“, überlegte Firn.
    Sie gingen dicht hinter den Trasker-Fahrgästen her,
die anscheinend dasselbe Ziel hatten wie sie. James hatte immer noch das
vorwegnehmende Gefühl von warmer, dünner Haut über Muskelsträngen und zarten,
zerbrechlichen Knöchelchen in seinen Fingern. Noch immer flackerte in seinen
Händen der Impuls, ohne Zögern zuzudrücken, wenn der richtige Moment da war.
Vermutlich war es diese Mischung aus Entsetzen und dem letzten heftigen Adrenalinschub,
die ihn den steilen Klippenweg überhaupt schaffen ließ. Selbst ein paar alte
Leute überholten ihn dabei. Das letzte Stück hinauf keuchte und schnaufte er
wie ein übergewichtiger Mittfünfziger. Schließlich blieb er stehen und krümmte
sich, um die Seitenstiche zu ersticken. Dabei kippte er fast vornüber.
    „Guck mal nach links“, sagte Firn und zog ihn am
Rucksack wieder auf. „Da ist sie. Ligissila, die Schöne.“
    James hatte im Moment wenig Sinn für
Sehenswürdigkeiten, ihm ging es mehr darum, wieder zu Atem zu kommen. Aber der
Anblick der Steilklippe, an der jetzt immer mehr Lichter aufstrahlten, berührte
ihn doch. Es sah fast so aus, als würde der Stein selbst von innen heraus in
einem sanften Licht glühen. Ja, sie war schön, diese Stadt, zumindest von hier
aus. Ich hab sie schon gesehen, dachte er mit einem schwimmenden Gefühl. In
Sommernächten, wenn es hier kaum dunkel wird … wenn sie in diesem seltsamen
dunkelrosa und orangefarbenen Sonnenlicht wie eine Knospe aus Stein aussieht –
    Und dann, als drehe ihm ein anderer den Kopf, wandte
er sich nach rechts, bis er den hohen Felsen sah, der dort, weit voraus, aus
der Bucht aufragte. Seine Spitze krönte ein kreisförmig durchbrochener Bogen
aus Fels, der in einem schwachen Licht glomm. Wie gebannt sah er hin. Niemand
musste ihm sagen, dass dies das Kumatinli war.
    „Oh Scheiße! Ist das da ein Flüchtlingslager oder
was?“
    Erst Pix’ keuchender Ausruf lenkte seine
Aufmerksamkeit endlich auf das, was sich direkt vor ihnen ausbreitete. Sie
starrte entgeistert auf das Meer aus Zelten und Wagen, das jeden Zentimeter des
Hangs vor ihnen bedeckte.
    „Das sind Pilgertents, sieht man doch!“, sagte
Carmino. „Also, sehn wir zu, dass wir dieses Blaue Haus finden!“
    Und so gingen sie weiter, zwischen Zelten und Wagen
hindurch, an Kochfeuern vorbei, die sie an ihren Hunger erinnerten und daran,
dass sie müde und heimatlos waren. Schließlich fragten sie nach dem Blauen Haus
und wurden auf den Küstenweg geschickt und dann nach rechts. Als sie diesen
Hauptweg erreichten, fing es an zu schneien, in staubfeinen Flocken. Links
neben ihnen brachen die Klippen ab, ein schmaler Küstenstreifen lag ein paar
Meter tiefer. Und dahinter das Meer, dunkel, brausend zwischen Felsbrocken,
deren Umrisse weiße Schaumlinien nachzeichneten. Es erinnerte bedrängend an
Krai. James wandte sich dem Gewimmel hier auf der Klippe zu, wo sie nur vier weitere
wandernde Pilger waren.
    Überall Leute, die in Grüppchen zusammenstanden. Ein
Mann, der vor einem kleinen Warenlager kauerte – Säcke, Decken, Holzbretter,
ein paar Gläser mit Eingemachtem, drei abgetragene Stiefel – und missmutig in
das Schneegestöber hinaufsah. Zwei Custodians, die bettelnde Kinder
auseinanderscheuchten. Einer von ihnen blieb stehen und schnupperte in den
Kessel hinein, der über einem Kochfeuer am Straßenrand hing.
    „Fisch … soso, das Schaf spart ihr wohl für morgen
auf, wie? Festtagsbraten, was?“
    „Wir haben kein Schaf, Ska“, erwiderte die Frau
respektvoll, aber entschieden.
    „Aach –“ Er ließ den Deckel achtlos auf den Weg fallen
und ging weiter. „Jede Nacht verschwinden zwei, drei Schafe!“, sagte er zu
seinem Kollegen. „Da sollte man mal –“
    „Ich hab gehört, die opfern sogar Kinder … kannst also
froh sein, wenn die nur –“
    Dann waren sie vorbei.
    Unten weitete sich der Küstenstreifen zu einem
Fischerhafen, wo im Laternenlicht noch gearbeitet wurde. Und zweihundert Meter
weiter stand das Blaue Haus am Klippenrand. Seine Farbe war in der Düsternis
nicht mehr auszumachen, aber es war das einzige Haus, das quer über den
Küstenweg gebaut war, wie die Leute es ihnen beschrieben hatten. Der

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