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Über das Sterben

Über das Sterben

Titel: Über das Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gian Domenico Borasio
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davor schützt)
    In diesem Kapitel werden exemplarisch einige der häufigsten Fehler und folgenreichsten Probleme am Lebensende beschrieben und Gegenstrategien vorgeschlagen. Diese Übersicht kann natürlich nur Schlaglichter werfen und nicht umfassend sein, aber sie bildet Konstellationen ab, die sich immer wieder in abgewandelter Form bei der Betreuung Schwerstkranker und Sterbender zeigen.
Kommunikationsprobleme …
… zwischen Arzt und Patient
    Viele Ärzte tun sich mit der Kommunikation über das Lebensende schwer, manche sogar sehr schwer (siehe Kapitel 4a). Die meisten Ärzte, die heute praktizieren, wurden dafür nicht speziell ausgebildet. Die Tatsache, dass solche Gespräche für Ärzte oft belastend sind, kann sich unterschiedlich äußern. Fast immer entsteht dadurch der Eindruck eines Zeitmangels beim Arzt. Es ist gut, wenn man sich dies als Patient oder Angehöriger bewusstmacht. Noch besser ist es, sich auf das Gespräch gezielt vorzubereiten und die Voraussetzungen für ein gutes Arzt-Patienten-Gespräch mitzugestalten.
    Tipps für das Gespräch mit dem Arzt
Wenn Sie als Patient oder Angehöriger in die Situation kommen, ein wichtiges Gespräch mit dem behandelnden Arzt zu führen (Diagnosemitteilung, Entscheidung über die weitere Therapie oder Ähnliches), sollten Sie folgende Punkte beachten:
      1 Überlegen Sie sich, ob eine Person Ihres Vertrauens Sie in das Gespräch begleiten soll. Wenn ja, besprechen Sie mit dieser Person, was Sie am meisten beschäftigt und was Sie vom Arzt wissen wollen.
      2 Legen Sie mit dem Arzt vorab eine Uhrzeit und die Dauer des Gespräches fest.
      3 Notieren Sie sich Ihre wichtigsten Fragen (es gibt keine «dummen» Fragen). Nehmen Sie die Liste zum Gespräch mit.
      4 Bestehen Sie darauf, dass das Gespräch nicht im Mehrbettzimmer, sondern in einem getrennten, ruhigen Raum geführt wird.
      5 Bitten Sie den Arzt, für die Dauer des Gespräches, wenn möglich, sein Funkgerät abzugeben, damit Sie nicht gestört werden.
      6 Beginnen Sie damit, dass Sie dem Arzt erzählen (falls er Sie nicht von sich aus fragt), was Sie schon wissen, denken oder vermuten – dann weiß er, wo Sie stehen.
      7 Sprechen Sie über Ihre Ängste, Hoffnungen und Befürchtungen. Sie helfen Ihrem Arzt, Sie kennen und verstehen zu lernen.
      8 Fragen Sie sofort nach, sobald Sie etwas nicht verstehen – wenn nötig, mehrfach, bis Sie wirklich alles verstanden haben.
      9 Machen Sie sich Notizen, und heben Sie diese gut auf. Man vergisst vieles, auch Wichtiges, schneller, als man denkt.
    10 Bitten Sie den Arzt darum, Ihnen alle Alternativen zu der von ihm vorgeschlagenen Behandlungsstrategie zu erläutern. Fragen Sie ihn insbesondere nach der wissenschaftlichen Basis für seinen Therapievorschlag: Gibt es dazu Studien oder Leitlinien?[ 1 ] Bei einer fortgeschrittenen lebensbedrohlichen Erkrankung sollten Sie fragen, ob eine rein palliativmedizinische Behandlung nicht auch eine gute Alternative sein könnte, sogar im Hinblick auf das Ziel der Lebensverlängerung (siehe unten).
    11 Fragen Sie nach nichtmedizinischen Hilfsmöglichkeiten, insbesondere für die Zeit nach der Entlassung – je nach Situation zum Beispiel Selbsthilfegruppen, Psychotherapeuten, Hospizdienste usw.
    12 Machen Sie zum Schluss einen konkreten Termin für das nächste Gespräch aus.
    Wenn ein Arzt die vorgenannten Punkte alle von sich aus erfüllt, können Sie ihm mit Fug und Recht einen großen Vertrauensvorschuss entgegenbringen.
… innerhalb der Familie
    Die in Kapitel 4a geschilderte Konstellation des «gegenseitigen Schonens» ist nur eine der möglichen Kommunikationsschwierigkeiten innerhalb einer Familie, wenn ein Mitglied schwer erkrankt ist. Weitere Möglichkeiten sind:
    –
Die «Konspiration des Schweigens»:
Die Familienmitglieder reden zwar untereinander, sorgen sich durchaus liebevoll um den Kranken, vermeiden aber jede Kommunikation mit ihm über das Sterben, auch wenn er das Thema selbst anspricht.
    –
Die Verleugnung:
Die Familie möchte gerne das Thema Tod und Sterben ansprechen, möglicherweise gibt es auch Entscheidungen, die zu treffen sind, aber der Kranke blockt ab. Die Angehörigen insistieren nicht, unter anderem weil sie Angst haben, dass dies von den jeweils anderen Familienmitgliedern als Suche nach persönlichem Vorteil gesehen werden könnte.
    –
Der Konflikt:
Differenzen zwischen Familienmitgliedern über die «richtige Strategie», sei es im Umgang mit dem Kranken,

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