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Ueber Den Deister

Ueber Den Deister

Titel: Ueber Den Deister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Teltscher
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Brenner, dass Vera Matuschek stets zu ihrem Bekannten hinfährt, wenn sie tatsächlich einen hat, und der nie nach Barsinghausen kommt?«
    »Ich muss gestehen, dass Vera Matuschek für mich ein Rätsel ist. Die tut Sachen, die weder Sie noch ich als normal ansehen würden.«
    Marder war sicher, dass irgendetwas im Leben der Vera Matuschek ungewöhnlich ablief. Diese Frau musste in etwas verwickelt sein, wovon niemand wusste.
    Der junge und der alte Kommissar waren am Ende ihrer Unterhaltung angekommen. Marder fiel keine weitere sinnvolle Frage ein. Seine Gedanken befassten sich bereits damit, wie und wo er mit der Suche nach der Frau seines toten Kollegen beginnen konnte. Er fühlte seinen kriminalistischen Jagdeifer erwachen, den er seit seiner Pensionierung zum Nichtstun gezwungen hatte.
    »Herr Brenner, ich nehme an, dass Anja einen Schlüssel zum Haus ihrer Mutter hat?«
    »Ja, natürlich, sie würde doch die Blumen im Haus gießen, wenn die nicht alle aus Plastik wären.«
    Marder verließ das Polizeigebäude und ging die Straße hinab. Plötzlich heulte wenige Meter hinter ihm ein Martinshorn auf, und er zuckte erschrocken zusammen. Ein Feuerwehrauto raste an ihm vorbei. Richtig – er erinnerte sich –, Polizei und Feuerwehr waren unmittelbare Nachbarn in dieser Stadt, sie teilten sich ein Gelände und die Aufgabe, die Stadt vor dem Bösen zu beschützen. Am Ende der Straße fand er eine Bäckerei mit einem Stehcafé. Eine Tasse Kaffee und ein Stück Mohnstrudel würden ihm helfen, sich von dem Schock zu erholen.

Kapitel 5
    Anja trottete müde über den Parkplatz vor dem Krankenhaus. Zwölf Uhr mittags in Gehrden. Ihre Morgenschicht war gerade zu Ende gegangen. Sie hatte während der Arbeit gar nicht bemerkt, wie heiß der Tag geworden war. Glücklicherweise funktionierte die Klimaanlage im Krankenhaus hervorragend, die Patienten waren eher in Gefahr, zu erfrieren als einem Hitzschlag zum Opfer zu fallen. Als sie die Vordertür ihres VW-Käfers öffnete und den Kopf in das Wageninnere steckte, schlug ihr eine Luft entgegen, die heiß genug war, um einen Kuchen zu backen.
    Anja ging um das Auto herum, öffnete die Tür auf der Beifahrerseite und wartete, bis der Luftzug das Innere auf eine erträgliche Temperatur abgekühlt hatte.
    Als sie von dem Parkplatz auf die Straße fuhr, bog Marcel auf seinem Fahrrad auf das Krankenhausgelände ein. Marcel war der Zivildienstleistende auf der Station und kam täglich mit seinem Mountainbike zur Arbeit, selbst bei Sturm oder Regen oder beidem. Jedes Mal, wenn Anja ihn sah, musste sie an seinen Vorgänger Manfred denken und an ihre eigene Dummheit. Wie hatte sie nur so blöd sein können, sich mit diesem Jüngling einzulassen. Sie konnte es sich nur damit erklären, dass sie in der Zeit nach dem Tod ihres Vaters völlig durcheinander gewesen war. Sie hatte damals keinen festen Freund, mit Burt Brenner war es vorbei gewesen, und sie hatte jemanden gesucht, an den sie sich anlehnen konnte. Ihr Bruder Bertram kam dafür nicht infrage, sie hatte sich ihm nie besonders verbunden gefühlt, und nach dem Tod ihres Vaters war die Kälte zwischen ihnen noch eisiger geworden.
    Die Sache mit Manfred hatte sich einfach so ergeben, sie wohnten beide in Barsinghausen, und sie nahm ihn gelegentlich im Auto mit, wenn sie die gleiche Schicht hatten. Manfred machte es großen Spaß, mit ihr ins Bett zu gehen und von ihren Erfahrungen zu profitieren. Das gab er offen zu, so wie sie zugab, dass es ihr Spaß machte, ihre Erfahrungen weiterzureichen. Als Manfred seinen Zivildienst abgeleistet hatte und nicht mehr im Krankenhaus arbeitete, ging ihre Beziehung schlagartig zu Ende. Vermutlich hatte Manfred mehr an der günstigen Mitfahr- und Beischlafgelegenheit gelegen als an ihrer Person.
    Nach diesem Reinfall dachte Anja immer öfter an ihre Zeit mit Burt Brenner zurück. Hatte sie voreilig mit ihm Schluss gemacht? Sicher, er erschien ihr damals nicht als der richtige Mann für eine feste Beziehung. Er war nur Assistent ihres Vaters gewesen, und sein Gehalt hatte nicht ausgereicht für eine Zukunft in finanzieller Sicherheit und ein bisschen Luxus obendrauf. Einige Monate nach dem Tod ihres Vaters las sie in der lokalen Zeitung, dass Brenner zum Leiter der örtlichen Kriminalpolizei ernannt worden war. Damals lebte sein Vater noch, und sie wusste aus der Zeit ihrer ersten Freundschaft, dass der alte Mann viel von Brenners Zeit beanspruchte. Wenige Monate später sah sie eine Anzeige in der

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