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Ueber Den Deister

Ueber Den Deister

Titel: Ueber Den Deister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Teltscher
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Ostseite der Insel Seeland in Richtung Kopenhagen. Zu seiner Rechten lagen inmitten von herrschaftlichen Gärten die Villen der Reichen, zu seiner Linken blitzten Segelboote als weiße Dreiecke zwischen riesigen Containerschiffen, mittelgroßen Personenfähren und winzigen Fischkuttern. Der Öresund machte seinem Ruf als eine der meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt alle Ehre. Seit Marder Schweden verlassen hatte, war die sommerliche Hitze zurückgekehrt, als würde sich das Hoch über Zentraleuropa an die Landesgrenzen halten. Die Pflanzen in den Gärten wirkten so müde, wie sie um diese Jahreszeit wahrscheinlich sonst nur in Südfrankreich oder Spanien aussahen.
    Er machte auf der Autobahn einen Bogen um Kopenhagen. Von der Fähre, die ihn nach Fehmarn zurückbrachte, rief er Anja Matuschek an, um zu fragen, ob Vera inzwischen nach Hause gekommen war. Er rechnete nicht ernsthaft mit einer positiven Antwort, und so war es auch. Danach sprach er mit Frau Bistorf-Kuntze, auch sie wartete immer noch vergeblich auf ein Lebenszeichen von ihrem Chef, was Marder ebenfalls nicht überraschte.
    Marder musste sich eingestehen, ratlos zu sein. Was hatte ihm die Reise nach Schweden gebracht, außer einem weinseligen Abend mit einem ehemaligen Mitarbeiter der größten deutschen Fluggesellschaft? Wenig, was ihm bei der Suche nach Vera Matuschek weiterhalf.
    Immerhin hatte er jetzt Gewissheit, dass Vera und Volkert tatsächlich gemeinsam Urlaub in Schweden gemacht hatten, aber das war eigentlich nichts Neues. Neu war nur, dass sie aus dem Urlaub übereilt abgereist waren und ein unaufgeräumtes Ferienhaus hinterlassen hatten. Wenn es auch eine Abreise in Hast gewesen war, musste es nicht unbedingt eine Abreise in Panik gewesen sein. Sie hatten ihr Hab und Gut vollständig wieder mitgenommen, ohne etwas liegen zu lassen, wie es bei einer panischen Flucht zu erwarten gewesen wäre. Nur zum Aufräumen hatten sie entweder keine Zeit oder Lust gehabt.
    Keine Antwort gab es auf die Frage, wohin Vera und Volkert nach ihrer Abreise gefahren waren. Warum meldete sich Vera nicht bei ihrer Familie und Volkert nicht bei seiner Behörde? Bei Vera konnte Marder das noch verstehen: Sie war vermutlich nicht der Meinung, dass sie ihrer Familie Rechenschaft über ihre Abwesenheit schuldete. Aber Volkert musste wissen, dass man ihn an seinem Arbeitsplatz erwartete. Er war verpflichtet, seine Kollegen in Holzminden oder seinen Chef in Hannover zu informieren, wenn er länger seiner Dienststelle fernblieb, als er es ursprünglich geplant hatte.
    Marder rief Erich Falkenberg an. Helga Mausmann, Falkenbergs Sekretärin, teilte ihm mit, der Chef sei im Moment in einer Konferenz, aber sie wisse, dass er unbedingt mit ihm sprechen wolle.
    »Kann er Sie in einer Stunde oder so zurückrufen?«, fragte sie.
    »Nein, das ist schlecht, ich bin im Moment unterwegs in meinem Auto. Ich melde mich lieber, wenn ich wieder zu Hause bin.«
    »Ich sage es ihm, aber ich glaube, er hat es dringend, mit Ihnen zu reden.« Frau Mausmann legte auf.
    Kurz vor Lübeck – Marder hatte vor wenigen Minuten auf einer Raststelle hastig einen Kaffee getrunken – meldete sich sein Handy. Er ignorierte es, weil er gerade dabei war, mehrere Lastwagen zu überholen. Er bog auf den nächsten Parkplatz ein, wo er vergeblich nach einem Fleck im Schatten für sein Auto suchte. Der Platz war nur durch niedrige Hecken sowohl von der Fahrbahn als auch von den Feldern auf der anderen Seite getrennt. Er schaltete Motor und Klimaanlage aus und spürte im gleichen Moment, wie die Sonne das Innere des Autos aufheizte. Auf dem Display des Handys sah er, dass Erich Falkenberg versucht hatte, ihn zu erreichen.
    Marder öffnete die Seitenfenster seines Wagens und drückte auf den Rückrufknopf seines Handys.
    »Hallo, Erich, ich bin auf der Autobahn auf dem Weg nach Hause. Ich wollte dich später anrufen und dir erzählen, was ich in Schweden herausgefunden habe. Es ist nicht viel, ich befürchte, es wird uns nicht wirklich weiterbringen.«
    Neben ihm hielt ein blauer Kombi. Ein Mann mit einem Pudel an der Leine stieg aus. Marder fand den Pudel hässlich, weil er ein kurz geschorenes Fell hatte, das ihn nackt und schutzlos aussehen ließ.
    »Manfred, das ist in Ordnung, wir können uns später ausführlich unterhalten, aber ich habe ein paar Neuigkeiten, die ich dir schon einmal mitteilen wollte. Die könnten eventuell von Bedeutung sein.«
    »Ja, worum geht es?«
    »Um Volkerts Handy.«
    »Was

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