Über den Fluß und in die Wälder
mein Beruf. Verflucht noch mal, mit dem ‹zu schwer zu erklären›. Es ist wie Berufsfuß ball, calcio. Was man in Mailand gewinnt, verliert man in Turin.»
«Ich mach mir nichts aus Fußball.»
«Ich auch nicht», sagte der Colonel. «Besonders nicht aus dem Armee-und Marinespiel, und wenn die allerobersten Bonzen amerikanische Football-Ausdrücke benutzen, damit sie verstehen können, wovon sie überhaupt reden.»
«Ich glaube, wir werden uns heute abend gut amüsieren. Selbst unter den gegebenen Umständen, was immer sie sein mögen.»
«Wollen wir diese neue Flasche in die Gondel mitnehmen?»
«Ja», sagte das Mädchen. «Aber mit tiefen Gläsern. Ich werd’s dem Gran Maestro sagen. Wir wollen unsere Mäntel holen und gehen.»
«Gut. Ich werde etwas von dieser Medizin nehmen und für den G. M. signieren, und dann gehen wir.»
«Ich wünschte, ich wär’s, die die Medizin nehmen müßte, und nicht du.»
«Na, ich bin heilfroh, daß es nicht so ist», sagte der Colonel. «Wollen wir uns die Gondel selbst aussuchen oder eine hier an den Steg kommen lassen?»
«Riskieren wir es, und lassen wir eine zum Steg kommen. Was haben wir zu verlieren?»
«Wohl nichts. Wahrscheinlich nicht.»
13
Sie gingen aus dem Seiteneingang des Hotels hinaus zum imbarcadero, und der Wind schlug ihnen entgegen. Das Licht des Hotels schien auf die Schwärze der Gondel und ließ das Wasser grün erscheinen. Sie sieht so schön aus wie ein gutes Pferd oder wie ein Rennboot, dachte der Colonel. Wieso hab ich wohl nie zuvor eine Gondel richtig gesehen? Wessen Hand oder Auge hat jenes dunkle Ebenmaß erschaffen?
«Wo wollen wir hinfahren?» fragte das Mädchen.
Ihr Haar wurde, als sie im Licht von Hoteltür und Fenstern auf dem Steg neben der schwarzen Gondel stand, vom Wind nach hinten geweht, so daß sie wie die Galionsfigur auf einem Schiff aussah. Alles übrige von ihr auch, dachte der Colonel.
«Wir wollen einfach durch den Park fahren», sagte der Colonel. «Oder durchs Bois mit dem Verdeck runter. Er soll uns ins Armenonville hinausfahren.»
«Wollen wir nach Paris fahren?»
«Gewiß», sagte der Colonel. «Sag ihm, er soll uns eine Stunde lang spazierenfahren, wo es am besten geht. Ich will ihn nicht in den Wind hinaustreiben.»
«Bei dem Wind steht die Flut sehr hoch», sagte das Mädchen. «Zu einer Reihe von unseren Lieblingsplätzen wird er unter den Brücken nicht durch können. Darf ich ihm sagen, wo er hinfahren soll?»
«Natürlich, Tochter. Verstauen Sie den Eiskübel an Bord», sagte der Colonel zu dem Kellner, der mit ihnen herausgekommen war.
«Der Gran Maestro hat mich beauftragt, ich sollte Ihnen sagen, wenn Sie sich einschiffen, daß diese Flasche Wein ein Geschenk von ihm wäre.»
«Danken Sie ihm gebührlich, und sagen Sie ihm, daß das nicht geht.»
«Er muß wohl zuerst ein bißchen in den Wind hinausfahren», sagte das Mädchen. «Nachher weiß ich, wie er fahren soll.»
«Der Gran Maestro schickt dies», sagte der Kellner.
Es war eine zusammengelegte alte U. S. O. D.-Decke. Renata sprach mit dem Gondoliere, und ihr Haar flatterte. Der Gondoliere trug einen blauen Matrosensweater, und auch er war barhaupt.
«Danken Sie ihm sehr», sagte der Colonel.
Er ließ einen Geldschein in die Hand des Kellners gleiten. Der Kellner gab ihn ihm zurück. «Sie haben bereits den Vermerk auf der Rechnung gemacht. Weder Sie noch ich, noch der Gran Maestro sind am Verhungern.»
«Und die moglié und die bambini?»
«Ich habe keine. Ihre Mittelschweren haben unser Haus in Treviso zerstört.»
«Es tut mir leid.»
«Braucht es nicht», sagte der Kellner. «Sie waren ein Infanterist wie ich.»
«Gestatten Sie mir – es tut mir leid.»
«Gewiß», sagte der Kellner. «Und, zum Teufel noch mal, was macht es schon für einen Unterschied? Seien Sie glücklich, my Colonel, und seien Sie glücklich, my Lady.»
Sie ließen sich in die Gondel hinab, und wie immer ging dieselbe Magie von dem leichten Rumpf und der plötzlichen Verdrängung, die man bewirkte, aus und dann vom Trimmen, in der dunklen Abgesondertheit, und dann vom zweiten Trimmen, als der Gondoliere zu wricken begann und er die Gondel auf eine Seite legte, um mehr Gewalt über sie zu haben.
«Jetzt», sagte das Mädchen, «jetzt sind wir bei uns zu Hause, und ich liebe dich. Bitte, küß mich, und leg all deine Liebe hinein.»
Der Colonel hielt sie dicht an sich, sie hatte den Kopf nach hinten geworfen, und er küßte sie, bis von dem Kuß nur
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