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Über den Fluß und in die Wälder

Über den Fluß und in die Wälder

Titel: Über den Fluß und in die Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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doch, daran dachte ich ja gerade, bevor diese Laffen da auftauchten, wieviel Geld ich meiner Regierung damals gespart habe, als Leute wie Benny Meyers sich auf ihre Kosten dumm und dämlich verdienten.
    Ja, sagte er, und wieviel haben sie durch dies damals in dem Château zu zehn Mille per Kopf eingebüßt? Na, außer mir hat’s wahrscheinlich niemand wirklich je kapiert. Es besteht kein Grund, sie jetzt aufzuklären. Dein Kommandierender General hat manches der Kriegsgöttin in die Schuhe geschoben. Hinten beim Stab wissen sie, daß so was zwangsläufig passiert. Du machst, was befohlen ist, mit einer großen Schlachterrechnung, und bist ein Held.
    Gott, bin ich gegen die übermäßige Schlachterrechnung, dachte er. Aber man kriegt die Befehle, und man hat sie auszuführen. Mit derartigen Fehlleistungen läßt sich aber schlecht schlafen. Aber wozu in drei Teufels Namen soll man denn mit ihnen schlafen? Hat nie zu was geführt. Aber und ob die manchmal in einen Schlafsack kriechen können! Können reinkriechen und bei dir drinbleiben.
    Kopf hoch, Junge, sagte er. Erinner dich, du hattest eine Menge Geld bei dir, als du dir den gelangt hast, und wärst du unterlegen, hätte er dich bis auf die Haut ausziehen können. Heute kannst du nicht mehr mit bloßen Händen einen Raufbold unterkriegen, und du hattest keine Waffe bei dir.
    Also sei nicht trübselig, Junge oder Mensch oder Colonel oder verplatzter General. Wir sind beinahe auf dem Markt, und du hast es geschafft, fast ohne es zu merken.
    Fast ohne es zu merken ist schlimm, fügte er hinzu.

22
    Er liebte den Markt. Ein großer Teil davon war in mehreren Seitenstraßen zusammengedrängt und gepreßt, und zwar so dicht, daß es schwierig war, nicht unbeabsichtigt jemanden anzurempeln, und jedesmal, wenn man stehenblieb, um etwas anzusehen oder zu kaufen oder zu bewundern, bildete man ein ilot de resistance in der anflutenden Morgenattacke der Käufer.
    Dem Colonel machte es Vergnügen, die ausgebreiteten und hoch aufeinandergetürmten Käse und großen Würste zu betrachten. Er dachte, die Leute zu Hause denken, daß mortadella eine Wurst ist.
    Dann sagte er zu der Frau in dem Stand: «Lassen Sie mich bitte etwas von der Wurst versuchen. Nur einen Happen.»
    Sie schnitt eifrig und zärtlich ein dünnes, papierdünnes Scheibchen für ihn ab, und als der Colonel es kostete, schmeckte er den leicht rauchigen und schwarzpfeffrigen, unverkennbaren Geschmack vom Fleisch der Schweine, die Eicheln im Gebirge fressen.
    «Ich nehme ein halbes Pfund.»
    Der Proviant, den der Barone auf die Jagd mitzunehmen pflegte, war von spartanischer Frugalität, was der Colonel respektierte, weil er wußte, daß niemand auf der Jagd viel essen soll. Er fand aber, daß er das Essen um diese Wurst bereichern und sie mit dem Staker und dem Aufheber teilen könne. Vielleicht würde er auch Bobby, dem Apportierhund, eine Scheibe abgeben, der viele Male bis auf die Haut durchnäßt sein würde – immer noch begeistert, aber zitternd vor Kälte.
    «Ist dies die beste Wurst, die Sie haben?» fragte er die Frau. «Haben Sie nicht etwas, was nicht zur Schau steht und für die besseren und ständigen Kunden reserviert ist?»
    «Dies ist die beste Wurst. Es gibt viele andere Würste, das wissen Sie ja. Aber dies ist die beste.»
    «Dann geben Sie mir noch ein Viertelpfund von einer Wurst, die sehr nahrhaft, aber nicht sehr stark gewürzt ist.»
    «Die habe ich da», sagte sie. «Sie ist ein bißchen frisch, aber genau das, was Sie wollen.»
    Diese Wurst war für Bobby.
    Aber in Italien, wo es das größte Verbrechen ist, als Narr zu gelten, und viele Leute hungern, sagt man nicht, daß man Wurst für einen Hund kauft. Man kann hingegen ruhig einem Hund vor einem Mann, der für seine Lebensnotdurft arbeitet und weiß, was ein Hund bei kaltem Wetter im Wasser aussteht, teure Wurst zu fressen geben. Aber wenn man sie kauft, gibt man den Zweck nicht an, außer man ist ein Narr oder ein Kriegs-oder Nachkriegsmillionär.
    Der Colonel bezahlte für das eingewickelte Paket und durchwanderte den Markt und atmete den Geruch von geröstetem Kaffee ein und besah sich die Fettschicht an jedem Tierrumpf in den Fleischständen genauso, als ob er sich an jenen holländischen Malern ergötzte, an deren Namen sich niemand erinnert, die alles, was man jagte oder was eßbar war, mit allen Einzelheiten gemalt haben.
    Ein Markt kommt einem guten Museum wie dem Prado oder der Accademia, wie sie jetzt ist, am nächsten,

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