Über jeden Verdacht erhaben
hatte das Gefühl, als wäre die Sache jetzt entschieden. Die drei Richter sahen einander an und nickten. Der Vizeadmiral breitete die Arme aus. Das sollte wohl bedeuten, daß er sich jetzt über nichts mehr wunderte. Und der Generalleutnant, der auf der anderen Seite des Vorsitzenden saß, schien ihm zuzustimmen.
»Gut!« sagte der Vorsitzende. »Dann scheinen wir ans Ende dieser Vernehmung gekommen zu sein. Und da es keine weiteren Fragen an den Genossen Admiral Hamilton mehr zu geben scheint, schlage ich eine Pause von fünfzehn Minuten vor, bevor wir auf die Zusammenfassung des Prozesses durch die Parteien eingehen. Genosse! Ihre Anwesenheit ist nicht länger erforderlich. Das Höchste Gericht des Militärkollegiums dankt Ihnen für Ihren Einsatz. Das war vorläufig alles!«
Er schlug mit dem Hammer auf den Tisch. Die drei Richter erhoben sich, und der Sekretär spulte sein Brüllritual ab, alle Anwesenden sollten aufstehen. Und Carl vollzog sein ganz privates Ritual, indem er Larissa beim Arm nahm, als sie ihre Papiere verstaut hatte.
»Was für eine Prüfung!« stöhnte Larissa und warf sich auf die nächste Steinbank im Korridor. Sie streckte ihre langen Beine aus und setzte die Absätze auf den Fußboden. Yves Saint-Laurent hätte das nicht gefallen. »Du lieber Himmel, was für eine Wendung zum Schluß«.
»Jaa?« sagte Carl fragend. »Aber das war doch die Möglichkeit, auf die wir uns verständigt hatten? Warum hast du nicht versucht, die Frage zu stellen?«
»Das wäre nie gegangen«, seufzte sie. »Dieser Vorsitzende hätte mir einfach das Wort abgeschnitten. Hast du es bei dem Admiral mit Gedankenübertragung versucht?«
»Nein, aber diese Frage lag doch sozusagen in der Luft?«
fragte Carl zweifelnd. »Wie steht es jetzt?«
»Vier zu zwei für uns. Jetzt bleiben nur noch die Plädoyers, und die können nur eins zu eins enden«, bemerkte sie schnell.
»Dann haben wir also einen bombensicheren Sieg vor uns?«
fühlte Carl optimistisch vor.
»Ja, wenn es eine höhere Gerechtigkeit gibt«, erwiderte sie mit einem scheuen Lächeln. »Darf ich noch etwas fragen, was mir vorhin ein bißchen zu schnell ging. Es kam mir nicht ganz logisch vor.«
»Aber bitte«, sagte Carl.
»Ihr hattet bei dieser Tatjana also einen Agenten untergebracht, der ihr sozusagen auf die Pelle gerückt war, einen Berufsmörder?«
»Ja, das stimmt.«
»Und davon hatte sie keine Ahnung?«
»Nein, denn dann wäre sie lieber geflüchtet, als sich einem Kampf zu stellen.«
»Wie zum Teufel war das möglich? Ich meine… wenn ihr schon so weit gekommen wart, dann brauchtet ihr doch nicht Jurij Tschiwartschews Angaben?«
»Du bist wirklich gar nicht dumm«, brummte Carl scheinbar mißgelaunt, bevor er sie vorsichtig anlächelte. »Doch es war so: Wir hatten diesen Agenten nach bestem Vermögen bei ihr untergebracht, aber wir wußten damals noch nicht, daß sie unser Ziel war. Ich war meinem Untergebenen sogar böse, weil er so eng an ihr klebte. Wir hatten also Glück. So einfach war das. Doch in unserem Job darf man sich nicht auf das Glück verlassen, wie du verstehst. Wie du sicher auch verstehst, war ich ziemlich baff, als ich erfuhr, daß wir sozusagen schon in ihrem Bett in Bereitschaft lagen.«
»Dein Agent wußte nicht, wie gefährlich sie war?«
»Nein.«
»Da hätte die ihn überraschen und töten können?«
»Nein. Aber dreimal darfst du raten, wie überrascht sie gewesen wäre, wenn sie es versucht hätte. Nun, so war es jedenfalls.«
Sie schwiegen eine Weile und grübelten über den Faktor Zufall in der Politik nach. Carl wollte sich gerade verabschieden, als er zwanzig Meter weiter den Vizeadmiral entdeckte. Dieser steckte den Kopf aus einer Tür und winkte ihm vorsichtig zu, er solle kommen.
»Entschuldige mich, Larissa, bin gleich wieder da«, sagte er. Er stand schnell auf und ging zu dem Vizeadmiral, der jetzt in den Flur getreten war und zu den zehn Meter weiter liegenden Toiletten ging.
Als Carl eintrat, stand sein Kollege schon mit den Händen auf dem Rücken da und wartete auf ihn.
»Geehrter Kollege, was ich jetzt sage, kann mich den Job kosten. Wir haben nicht viel Zeit«, sagte der Vizeadmiral schnell und sichtlich nervös. Carl nickte nur.
»Das Urteil wird nach dem Ende der Verhandlung heute nachmittag verkündet werden. Es wird mit einer Stimmenzahl von zwei zu eins gefällt werden. Das bedeutet die Todesstrafe. Ich bedaure sehr. Ich bin natürlich derjenige, der dagegen stimmt.«
»Hat
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