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Über Nacht - Roman

Über Nacht - Roman

Titel: Über Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Getränkekisten gestapelt; man hörte das Küchenpersonal der angrenzenden Pizzeria, ein Motor wurde gestartet. «Gianni», rief eine weibliche Stimme, «daß du mir nicht zu spät kommst.»
    Rino erzählte von seiner Arbeit im Architekturbüro, daß er es bedauere, das Studium nicht abgeschlossen zu haben, es leid sei, immer nur der Laufbursche zu sein. Er schweifte ab, kam auf das Auto seines Mitarbeiters zu sprechen, eine alte Giulia, wie sie auch sein Onkel Anfang der siebziger Jahre gefahren habe. Ob ich mich noch an die skurrile Karosserie erinnern könne, an die hinteren Abrißkanten?
    Ich hörte zu, was Rino sagte, Satz für Satz, mußte aber nach dem Zusammenhang suchen. Der Sugo war etwas scharf geraten, ich griff nach dem Wasserglas, betrachtete Rino, der mich zu unterhalten suchte. «Dann kam die Giulietta», fuhr er fort, «die mit dem niedrigen Bug und dem hohen Stummelheck, die Technik war, wenn ich mich nicht täusche, von der Alfetta.» Er richtete den Salat an, reichte mir die Schüssel über den Tisch. «Schön waren sie eigentlich nicht, ein bißchen kurz und gedrungen und eher hoch als breit.»
    Giulia, Giulietta, Alfa, Alfetta – ich war in Gedanken bei einerFernsehquizfrage. Das rote Kreuz auf weißem Grund, Logo der Automarke, stammt vom Mailänder Stadtwappen, und die Schlange? Ich wußte es nicht mehr. Der Kandidat hatte auch keine Ahnung gehabt.
    Â«Kennst du sie?» fragte Rino nach einer Weile. Ich betrachtete meinen Teller, die Kratzspuren der Gabel, den nackten Tisch. Die Fernsehstimme aus der Nebenwohnung prophezeite schönes Wetter. Wir werden nie mehr nach Ostia fahren, dachte ich in diesem Moment.
    Rino hielt das Glas in der Hand, trank nicht, sah mich an. «Weißt du es schon lange?»
    Ich schüttelte den Kopf, suchte nach dem Autoschlüssel. Rino wird jetzt glauben, ich hätte mich mit ihm getröstet.
    Man hörte jedes Wort aus der Nebenwohnung. Irritiert sah ich zum Fenster.
    Er hatte sich erhoben, stand etwas schräg zwischen Tisch und Stuhl und zog sich das T-Shirt glatt. Seine Haltung erinnerte an jemanden, der zu einer Tischrede ansetzte, sich aber nicht entschließen konnte, hinter den Stuhl zu treten.
    Ich beobachtete die Nachbarin, die ihre Wäsche aufhängte.
    Â«So kannst du doch nicht fahren», sagte Rino. Er stand nun hinter mir, tastete sich mit seinen Händen zu meinen Brüsten vor, knetete sie. Ich vermißte Vittorios Zuvorkommenheit, seine Zärtlichkeit, die jetzt, in diesem Augenblick vielleicht schon einem andern galt. Obwohl ich nach Rinos Händen faßte, sie kurz festhielt, machte er weiter. Er zog mich hoch, schmiegte seinen Körper an mich, zerrte am Reißverschluß.
    Â«Bitte», sagte ich leise, «laß das jetzt.»
    Was mach’ ich hier. Der Campari-Aschenbecher war voll mit Olivenkernen und Zigarettenstummeln, nichts in dieser düsteren Küche deutete auf Geschmack oder Sorgfalt. Vittorios Mutter fiel mir ein, ihr Satz, mit einer gestärkten und gebügeltenTischdecke und ein paar Vorhängen ließe sich einiges vertuschen. Vittorio, dachte ich, war zum Vertuschungsexperten geworden.
    Ich hielt still, antwortete nicht auf Rinos Gesten und Bewegungen, trotzdem versuchte er, meinen BH zu öffnen. Ungeduldig blies er die Luft durch die Zähne. Es war ihm egal, daß die Nachbarn uns sehen konnten, daß ich ihn ein zweites Mal darum bat, mich in Ruhe zu lassen. Ich wolle nicht mehr. Müsse gleich los.
    Â«Liebe», sagte er, «so schnell entkommst du mir nicht.» Er ging in die Hocke, schob seinen Finger unter meinen Slip. Ich gab ihm einen Schubs, machte einen Schritt zurück, daß er das Gleichgewicht verlor und sich mit der Hand abstützen mußte.
    Â«Danke für den schönen Abend, aber ich fahr’ jetzt.» Ich rückte meine Bluse zurecht, strich über den Rock, der voller Staub und Haare war.
    Â«In einer halben Stunde ist es dunkel», sagte Rino. Er folgte mir ins Vorzimmer, faßte nach meinem Arm. «Einmal noch, dann lass’ ich dich gehen.»
    Aus dem Innenhof stieg der Geruch von Bratfett herauf, mischte sich mit dem Küchengeruch aus Rinos Wohnung. Wie hält er das aus, dachte ich und versuchte seine Hand abzuschütteln, mit der er mich festhielt.
    Â«Ich fahr’ ein Stück und werde dann in einem Motel übernachten.»
    Â«Dann bleib doch gleich

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