Ueberdosis
hätte, vorzugsweise direkt aus dem Fenster.
»Sie werden verstehen, daß ich mehr als überrascht bin, Sie hier zu sehen«, sagte er barsch. »Wenn ich jemand bezahle, dann erwarte ich, daß er sich an meine Anweisungen hält. Ich hoffe für sie, daß Sie einen triftigen Grund für Ihren Besuch haben. Also? Was wollen Sie? Meine Zeit ist begrenzt.«
»Ich bin hier, um den Tod Ihres Neffen aufzuklären.«
Hommberg lachte ärgerlich. »Ich dachte, ich hätte mich deutlich genug ausgedrückt. Es gibt nichts aufzuklären. Michael war süchtig; früher oder später mußte er so enden.« Er verengte die Augen. »Was ist los mit Ihnen? Hat meine Schwägerin Sie mit ihrer Hysterie angesteckt?«
Markesch seufzte und ließ sich unaufgefordert auf einem Lederelement nieder. »Hübsch haben Sie es. Wenn man bedenkt, daß Sie das alles Ihrer Schwägerin zu verdanken haben, reden Sie reichlich schlecht von ihr.«
»Sie strapazieren meine Geduld«, sagte Hommberg gepreßt.
»Lassen Sie mir Zeit«, bat Markesch. »Ich bin ein wenig unpäßlich; gestern nacht hatte ich eine unerfreuliche Begegnung mit Ihren spanischen Freunden.«
»Was für spanische Freunde? Wovon reden Sie überhaupt?«
Aber Markesch hatte das Flackern in Hommbergs Augen bemerkt, und er wußte, daß ihn seine Worte getroffen hatten.
»Beispielsweise von dem spanischen Geschäftsfreund, der vor wenigen Minuten bei Ihnen gewesen ist«, fuhr er im Plauderton fort. »Ihr Generalvertreter für Amphetamin, nicht wahr?«
Hommberg starrte ihn an. »Ich verstehe kein Wort. Entweder sind Sie betrunken, oder Sie sind verrückt. Oder beides. Verschwinden Sie, Markesch, und schlafen Sie Ihren Rausch aus.«
Markesch seufzte. »Wo ist eigentlich das Morphinlager, in dem Sie Ihren Neffen auf frischer Tat ertappt haben?«
»Wie? Was hat das … Im Kellergeschoß. Zum Teufel, was soll das?«
»Ich frage mich nur, wie es Michael gelungen ist, auch an den Schlüssel des Produktionschefs zu gelangen …« Er sah Hommberg scharf an. »Oder besitzen Sie entgegen den Sicherheitsvorschriften beide Schlüssel für die Giftkammer?«
Hommberg befeuchtete seine Lippen. Einen Moment lang schien er seine Selbstsicherheit zu verlieren, dann lachte er wieder sein ärgerliches Lachen. »Ah, ich verstehe. Sie sind ein tüchtiger Mann, Markesch. Aber Ihr Mißtrauen ist unberechtigt. Es kränkt mich. Wahrscheinlich habe ich mich bei unserem Telefongespräch vor ein paar Tagen unklar ausgedrückt. Ich habe Michael nicht im Lager ertappt, sondern bei dem Versuch, die Tür zu öffnen. Mit meinem Schlüssel, den er heimlich an sich gebracht hat. Natürlich hatte er keine Chance, an das Morphin heranzukommen. Aber an seiner Absicht bestand kein Zweifel. Außerdem hat er zugegeben, daß er süchtig war.«
»Ich nehme an, für dieses Gespräch gibt es keine Zeugen?«
»Nein, natürlich nicht. Es war nach Feierabend; Michael und ich waren allein. Ganz davon abgesehen hatte ich kein Interesse, daß Außenstehende von dem Vorfall erfuhren.« Hommberg setzte sich und schlug die Beine übereinander. Er fixierte Markesch mit einem kalten Blick. »Was sollen diese Fragen überhaupt?«
»Ich sagte doch schon, daß ich hier bin, um den Tod Ihres Neffen aufzuklären.«
»Und ich sagte, daß Michael heroinsüchtig war. Er ist an einer Überdosis gestorben. Niemand hat ihn gezwungen, sich die tödliche Spritze zu setzen. Fragen Sie die Polizei.« Er sah auf seine Uhr. »Tut mir leid, Markesch, aber ich habe einen wichtigen Termin. Ich …«
»Ihr Neffe hat oft hier im Hause chemische Experimente durchgeführt. Haben Sie hin und wieder einen Blick ins Labor geworfen, wenn er experimentiert hat?«
»Er hat mich gebeten, die Laboreinrichtungen nach Feierabend benutzen zu dürfen. Ich habe es ihm erlaubt, um ihn bei seinem Studium zu unterstützen. Das war alles.« Doch das Flackern in seinen Augen verriet, daß er log.
»Michael hat in Ihrem Labor Amphetamin hergestellt«, sagte Markesch. »Für den illegalen Drogenmarkt. Er hat kiloweise Amphetamin verkauft und mit dem Gewinn seinen Lebensunterhalt finanziert.«
»Das ist absurd! Völlig absurd!«
Markesch ließ sich von Hommbergs gespielter Entrüstung nicht beeindrucken. »Abnehmer für das Amphetamin war eine Bande spanischer Heroindealer. Ich bin mir noch nicht sicher, ob Michael freiwillig oder unter Zwang für sie gearbeitet hat, aber das ist unerheblich. Jedenfalls deutet alles darauf hin, daß Michael aus dem Geschäft aussteigen wollte und
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