Ueberdosis
gereizt. »Wie oft soll ich das noch wiederholen?«
»Aber woher …« Laschke machte eine hilflose Geste. »Ach, zum Teufel, was soll’s. Es war verrückt von mir. Es war von Anfang an eine verrückte Idee. Aber ich …«
Er verstummte und starrte vor sich hin, mit einem seltsam verlorenen Blick. Er roch nach Alkohol, billigem Cognac; offenbar hatte er sich vorher Mut angetrunken.
»Ich habe das Geld«, sagte Markesch, um ihn aufzumuntern. »Die Zwanzigtausend. Ich hoffe, daß Ihre Information das Geld wert ist.«
»Sie sind wirklich Privatdetektiv?«
Markesch seufzte. »Nein, in Wirklichkeit bin ich der Chef des Bundeskriminalamts, der sich in der Verkleidung eines Privatschnüfflers unter das kriminelle Volk gemischt hat. Wie Harun al-Raschid. Und da das jetzt geklärt ist, sollten wir zum Thema kommen.«
»Ja, natürlich.« Laschke nickte. Er sah sich um, gehetzt und argwöhnisch, und starrte dann wieder vor sich hin, mied Markeschs Blick. »Sie müssen mich für einen schäbigen Menschen halten, für jemand, der aus dem Leid anderer Leute Kapital schlagen will, aber so ist es nicht. Ich bin kein schäbiger Mensch.« Dann fügte er hinzu, als hätte das in diesem Zusammenhang etwas zu bedeuten: »Ich bin Immobilienmakler.«
»Aber vermutlich nicht sehr erfolgreich.«
»Nein, nicht sehr. Aber ich habe das Potential. Alles, was ich brauche, ist eine Chance. Das Villenpark- Projekt … Zwei Jahre Arbeit habe ich in das Projekt steckt. Exklusive Wohnobjekte in exklusiver Lage. Luxus und modernste Sicherheitstechnik. Rund um die Uhr bewacht. Für die Reichen, wissen Sie, für die Leute mit dem großen Geld und der großen Angst vor Terroristen, Kidnappern und Einbrechern. Die Pläne sind fertig, bis ins Detail, aber bis jetzt habe ich noch keinen Geldgeber gefunden.«
Markesch schwieg.
»Sie müssen das wissen, damit Sie mich verstehen«, sagte Laschke fast flehend. »Diese Zwanzigtausend … Ich brauche sie nicht für mich, sondern für das Projekt. Um nach Interessenten zu suchen, nach Geldgebern. Ich bin achtundvierzig. Das ist meine letzte Chance, es doch noch zu schaffen.«
»Sie rühren mein Herz.«
Laschke funkelte ihn an. »Sie sollten froh sein, daß ich mich bei Ihnen gemeldet habe. Ich gehe ein großes Risiko ein, verstehen Sie, ein verdammt großes Risiko.«
»Kommen Sie zum Thema.«
Eine Kellnerin trat an den Tisch. Laschke bestellte einen doppelten Cognac, Markesch einen doppelten Scotch. Sie warteten schweigend, bis die Gläser vor ihnen standen.
»Ich habe den Jungen gefunden«, sagte Laschke mit schwerer Zunge. »Dort hinten auf der Toilette. Er lag auf dem Boden mit dieser Spritze im Arm. Er atmete noch, nur schwach, aber er atmete noch, und dann nicht mehr. Ich sah, wie er starb. Es war furchtbar. Ich habe es mit Mund-zu-Mund-Beatmung versucht, aber … Er starb. Ein Junkie. Ein Dealer, dachte ich. Wegen seiner teuren Kleidung. Woher sollte ein Rauschgiftsüchtiger Geld für teure Kleidung haben? Er mußte ein Dealer gewesen sein.«
»Haben Sie ihm deshalb die Uhr abgenommen?«
Laschke schrak zusammen. »Mein Gott! Großer Gott! Woher wissen Sie …«
»Ich weiß es. Nur Sie kamen in Frage. Oder sein Mörder. Aber warum sollte ihm der Mörder die Uhr abnehmen? Ihm ging es darum, den Mord als typischen Junkie-Tod hinzustellen.«
»Ich dachte, er wäre ein Dealer«, verteidigte sich Laschke. »Ich meine, eine derart teure Uhr … mit dem Elend der Rauschgiftsüchtigen finanziert … und er war doch tot. Er konnte …«
»Sie sagten, Sie hätten gesehen, daß ein Mann die Toilette verließ«, erinnerte Markesch.
»Ja, sicher. Wissen Sie, ich habe mir nichts dabei gedacht. Ich habe ja nicht gewußt, daß der Junge umgebracht wurde. Erst vorgestern, als die Polizei zu mir kam … Zwei Beamte vom Bundeskriminalamt. Vom BKA, stellten Sie sich vor! Da wußte ich, daß es um eine große Sache geht. Und da fiel mir auch dieser Mann wieder ein.«
»Haben Sie ihn der Polizei gegenüber erwähnt?«
»Nein, nein!« Laschke schüttelte heftig den Kopf. »Ich wollte damit nichts zu tun haben. Ich … ich bekam Angst.«
»Angst?« Markesch sah ihn neugierig an. »Vor wem?«
Laschke warf wieder einen seiner gehetzten Blicke in die Runde. »Mafia«, flüsterte er. »Begreifen Sie? Die Mafia muß dahinterstecken. Warum sollte sich sonst das BKA einschalten? Und dieser Mann … Er muß ein Mafiosi gewesen sein!«
»Wie kommen Sie darauf?«
Laschke lächelte das wissende, überlegene Lächeln
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